Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
Vom Netzwerk:
bra-
    silianischen Fußballprofi heißt es: »Am Dienstag drohte der
    29-Jährige seinen Chefs, seinen Vertrag über 2004 hinaus
    nicht verlängern zu wollen.« Müssen die Chefs deswegen

    nun zittern? Der Brasilianer hat doch nur mit seinem Wil-
    len gedroht! Eine echte Drohung hört sich anders an. Die
    klingt zum Beispiel so: »Am Dienstag drohte der 29-Jährige,
    seinen Vertrag über 2004 hinaus nicht zu verlängern.«
    Ankündigen, versprechen, drohen, erwägen − all diese
    Wörter verfügen bereits über einen eingebauten Willen −
    serienmäßig, ohne Aufpreis. Wer also sparen will, hat hier
    die Gelegenheit, ein paar überflüssige Silben zu sparen.
    »Der Gewerkschaftssprecher drohte an, wenn die Regie-
    rung zu keinem Entgegenkommen bereit sei, eine Urabstim-
    mung durchführen zu wollen.« Da kaum damit zu rechnen
    ist, dass sich die Regierung mit einer Willensandrohung
    beeindrucken lässt, wäre es sinnvoller, wenn der Gewerk-
    schaftssprecher drohte, »eine Urabstimmung durchzufüh-
    ren«.
    Wollen, dürfen, können, brauchen − all dies sind Modal-
    verben, die im Nebensatz nicht benötigt werden, wenn der
    Hauptsatz bereits auf ein Wollen, ein Dürfen, ein Können
    oder ein Brauchen hinweist.
    »Bush sprach Kerry die Fähigkeit ab, die USA regieren zu
    können«, liest der Sprecher der »Tagesschau« vor. Da haben
    wir dasselbe Problem: Die Aussage ist redundant. Es hätte ge-
    nügt zu sagen: »Bush sprach Kerry die Fähigkeit ab, die USA
    zu regieren.« Denn vorne »fähig«, hinten »können« ist des
    Guten zu viel. Auch»imstande « oder»in der Lage sein«, etwas
    tun »zu können«, schießt sprachlich über das Ziel hinaus.
    Genauso vergaloppiert hat sich die Filmagentur, die in ih-
    rer Werbebroschüre schreibt: »In diesem spannenden Ac-
    tion-Movie gerät Black in einen Strudel von Ereignissen, der
    ihn zwingt, sich selbst und sein Leben völlig neu definieren
    zu müssen.«
    Und nicht besser der Buchrezensent, der seine Inhaltsan-
    gabe mit den Worten schließt: »Am Ende wird ihm erlaubt,
    endlich zu seiner Familie zurückkehren zu dürfen.«

    Es kann nie schaden, beim Beenden eines Satzes noch mal
    auf den Anfang zu schielen und sich zu vergewissern, dass
    man nicht gerade dabei ist, die Aussage zu einer leeren Blase
    zu verquirlen.

    Am Montag, dem oder den?
    Frage eines Lesers: Lieber Zwiebelfisch, wie heißt es rich-
    tig: Montag, den 1.3.2004 oder Montag, dem 1.3.2004?

    Antwort des Zwiebelfischs: Leider gibt es in dieser Frage
    keine eindeutige Festlegung. Ich empfehle stets, die Monats-
    angabe in den gleichen Kasus zu setzen wie den Wochentag,
    denn das ist auf jeden Fall korrekt und außerdem gut zu
    merken. Wenn der Wochentag im Dativ steht (und das ist
    immer der Fall, wenn »am« davor steht), dann setze man
    auch die Monatsangabe in den Dativ (»dem«). Steht der Wo-
    chentag im Akkusativ oder Nominativ, setze man auch die
    Datumsangabe in den Akkusativ (»den«) oder Nominativ
    (»der«). Zur Verdeutlichung ein paar Beispiele:
    • Wir treffen uns Montag, den 1.3.2004.
    • Wir treffen uns am Montag, dem 1.3.2004.
    • Das hat Zeit bis nächsten Freitag, den 12. März.
    • Das hat Zeit bis zum nächsten Freitag, dem 12. März.
    • Es war Donnerstag, der 30. Mai, als der Apotheker Ringel-
    huth mit seinem Neffen Konrad in die Südsee reiste.
    • Es war am Donnerstag, dem 30. Mai, als der Apotheker Rin-
    gelhuth mit seinem Neffen Konrad in die Südsee reiste.

    Und für alle, die Hochzeitseinladungen verschicken:
    • Die Trauung findet statt: Samstag, den 17. Juli 2004, um
    14 Uhr in der St.-Joseph-Kapelle
    oder:
    • Die Trauung findet am Samstag, dem 17. Juli 2004, um 14
    Uhr in der St.-Joseph-Kapelle statt.

    Der traurige Konjunktiv

    Am Sonntag gehen Vater und Sohn regelmäßig in den Sprachzoo.
    Dort schauen sie sich vom Aussterben bedrohte grammatische
    Phänomene an. Am liebsten mögen sie den Konjunktiv. Gerne
    hülfen sie ihm, denn sie haben Angst, er stürbe aus.
    Vergnügt schlendern Vater und Sohn durch den Sprachzoo.
    Ehrfürchtig verharren sie vor dem Käfig mit der Aufschrift
    »Genitiv − Bitte nicht erschrecken!«, spazieren weiter zum
    »Ph«-Gehege, wo sie so selten gewordene Wörter wie »Pho-
    tographie« und »Telephon« bewundern, lassen sich vom
    Wärter erklären, dass es mit der Fortpflanzung der beiden
    letzten Eszetts auch in diesem Jahr wieder nicht klappen
    werde, und kommen schließlich vor dem Käfig mit dem Kon-
    junktiv an. »Der

Weitere Kostenlose Bücher