Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
Vom Netzwerk:
»Alb«
    oder»Alp«blieb nur noch in den Zusammensetzungen Alp-
    traum und Alpdruck sowie im Namen des Zwergenkönigs
    Alberich erhalten.

    Es bleibt fraglich, ob es eine kluge Entscheidung der Recht-
    schreibreformer war, beide Schreibweisen nebeneinander
    gelten zu lassen. Ein Teil der Deutschen hält die eine Form
    für richtig, ein anderer Teil die andere. Der Rest ist restlos
    verunsichert und benutzt das Wort überhaubt- Pardon:
    überhaupt nicht mehr.
    Obwohl ich selbst mit der alten Schreibweise »Alptraum«
    groß geworden bin und mich gut an sie gewöhnt hatte, halte
    ich es für vernünftig, eine Empfehlung zugunsten der neuen
    Schreibweise mit »b« auszusprechen. Da inzwischen aber
    eine ganze Reihe von Zeitungen und Verlagen zur alten
    Rechtschreibung zurückgekehrt ist, wird man den »Alb-
    traum« wohl auch weiterhin als »Alptraum« lesen können.

    Kasus Verschwindibus

    In der Schule lernen wir, dass die deutsche Sprache vier Fälle hat.
    Später aber stellen wir fest, dass es noch einen fünften geben
    muss: den unsichtbaren Fall, auch Kasus Verschwindibus
    genannt. Man findet ihn zum Beispiel am Ende des Barock und
    beim US-Präsident.
    Sommerzeit ist Sauregurkenzeit, da muss schon mal der eine
    oder andere Veteran hervorgezerrt werden, um die Spalten
    einer Zeitung zu füllen. Und so darf man sich endlich auf
    Neues über Niki Lauda freuen, denn SPIEGEL ONLINE
    verspricht ein Interview »mit dem Formel-1-Veteran«. Mit
    dem Formel-1-Veteran? Fehlt da nicht etwas? Ich zeige den
    Satz einem Kollegen, der nimmt einen Stift und quetscht ein
    »Ex-« vor »Formel-1-Veteran«. Völliger Quatsch natürlich:
    einmal Veteran, immer Veteran. Was tatsächlich fehlt, ist die
    Endung: mit dem Veteranen. Denn der Veteran ist nicht nur
    alt, sondern auch gebeugt − jedenfalls im Dativ. Und die
    Präposition »mit« erfordert nun mal den Dativ. Sie »regiert«
    den Dativ, wie der Grammatikaner sagt.
    Das traurige Schicksal des Veteranen stellt beileibe keinen
    Einzelfall dar. Mit folgender Überschrift wurde die Hinrich-
    tung eines amerikanischen Soldaten im Irak gemeldet: »Ter-
    roristen exekutieren US-Soldat«. Bedauerlich war nicht nur
    der Inhalt der Meldung, sondern auch der Umgang mit der
    Grammatik. »Es muss ›US-Soldaten‹ heißen«, wende ich
    ein, »denn der Soldat wird in Dativ und Akkusativ zum Sol-
    daten. « ‒ »Aber dann denken die Leser, dass mehrere Solda-
    ten erschossen wurden«, verteidigt sich der Textchef, »das
    wäre doch missverständlich. So ist es klarer!« So ist es auf je-
    den Fall falscher. Man muss sich schon entscheiden, ob man
    das Risiko eingeht, der Leser könne zwei Sekunden lang an

    einen Plural glauben, oder ob man ihn lieber glauben lassen
    will, man habe Probleme mit der deutschen Sprache.
    Dasselbe Problem steckt auch in der folgenden Aussage:
    »Die Mehrheit der Wahlmänner und -frauen hat sich auf
    Horst Köhler als Bundespräsident festgelegt«. Im Nominativ
    ist Horst Köhler als Bundespräsident korrekt, doch im Ak-
    kusativ kann und darf man ihn nur als Bundespräsidenten
    bezeichnen. Und wenn Gerhard Schröder nach Washington
    fliegt, dann trifft er den US-Präsidenten, nicht den US-Prä-
    sident. Jedem »Agent« läuft es dabei eiskalt den Rücken hin-
    unter.
    Nicht viel besser ist es um den berühmten Schönheits-
    chirurgen bestellt, dessen Endsilbe wohl einem Lifting zum
    Opfer gefallen sein muss, wenn der Fernsehsprecher ihn als
    »berühmten Schönheitschirurg« vorstellt. Ganz zu schweigen
    vom Kandidaten der Quizsendung, der permanent zum
    »Kandidat« verkürzt wird: »Dann bitte ich jetzt unseren
    nächsten Kandidat zu mir!« Und gleich danach dieser Spruch
    in der Werbung: »Jetzt gibt es den neuen Swiffers-
    Staubmagnet!« Da fragt man sich unwillkürlich: Wie soll an
    dem Ding der Staub haften bleiben, wenn ihm doch schon in
    der Werbung die Endsilbe abfällt?
    Die Neigung, bei schwach gebeugten männlichen Haupt-
    wörtern die Endungen im Dativ und im Akkusativ einfach
    unter den Tisch fallen zu lassen, ist sehr stark ausgeprägt.
    Sätze wie »Dem Patient geht’s gut« oder »Lukas, lass den
    Elefant in Ruhe« sind mittlerweile häufiger zu hören als die
    korrekt formulierten Aussagen »Dem Patienten geht’s gut«
    und »Lukas, lass den Elefanten in Ruhe«. Die Unterlassung
    der Deklination ist umgangssprachlich weit verbreitet,
    standardsprachlich jedoch gilt sie als falsch.
    Wenn die Bank auf einem Schild darauf hinweist,

Weitere Kostenlose Bücher