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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Sie danach fragen«, erwiderte sie, »dasselbe habe
    ich mich nämlich auch schon immer gefragt!«
    Es blieb mir also nur, die Sache logisch anzugehen. Wozu
    dient das Ding?, fragte ich mich. Es trennt die Waren auf
    dem Kassenfließband. Und ein Ding, das Waren trennt,
    sollte auch so genannt werden: »Warentrenner«. Ich machte
    flugs die Probe aufs Exempel und gab den Begriff »Waren-
    trenner« in eine Internetsuchmaschine ein. Und ich wurde
    prompt fündig. Zu meiner Freude stellte ich fest, dass sich

    bereits ein ganzes Diskussionsforum zur Klärung dieser be-
    deutsamen Frage zusammengefunden hatte. Dabei zeigte
    sich, dass auch die anderen Sprachinteressierten mehrheitlich
    für die Bezeichnung »Warentrenner« plädieren. Weitere
    Vorschläge lauten: (Waren-)Trennbalken, (Waren-)Trenn-
    stab, Trendy, Warenstaffelstab, Kassenbandriegel und Sepa-
    rator. In der Schweiz kennt man außerdem den Ausdruck
    »Kassentoblerone«. Besonders gefiel mir auch »Näkubi«,
    kurz für»Nächster Kunde bitte!« Die mit Abstand charman-
    teste Idee stammtaus Ostfriesland: »Miendientje«, weil man
    es zwischen »meins« (mien) und »deins« (dien) legt.
    Bereits vor einigen Jahren hat das »Jetzt«-Magazin der
    »Süddeutschen Zeitung« seinen Lesern den Begriff »Waren-
    stopper« empfohlen. Der setzte sich allerdings nicht durch,
    denn er ließ vermuten, das Ding sei dazu da, die Waren da-
    ran zu hindern, vom Kassenband herunterzufallen. Der Ko-
    lumnist Max Goldt machte den Vorschlag, das Ding an der
    Kasse »Warenabtrennhölzchen« zu nennen. Nur ist das
    Hölzchen heute meistens aus Kunststoff oder Metall.
    Das sicherste Indiz liefern in solchen Fällen für gewöhn-
    lich Handel und Industrie. Die Hersteller und Vertreiber
    müssen schließlich wissen, wie ihre Produkte heißen. Die
    Internetsuche mit dem Begriff »Warentrenner« führtauf die
    Seiten mehrerer Werbeartikelanbieter, bei denen man Wa-
    rentrenner in den verschiedensten Größen und Formen be-
    stellen kann.
    Ihre Frage wirft übrigens gleich die nächste auf: Was ist ein
    Laufband im Unterschied zum Kassenband? Laufbänder
    findet man eher in Fitness-Studios als in Supermärkten. Ei-
    nige Handelsketten empfehlen ihren Kassierern und Kassie-
    rerinnen allerdings, regelmäßig Sport zu treiben, es wäre also
    denkbar, dass das Kassenband nach Ladenschluss zum
    Laufband wird. Fortgeschrittene benutzen dann womöglich
    die Warentrenner zum Hürdenlauf.

    Von der deutschlandweiten Not,
    amerikafreundlich zu sein

    Eine Angst geht um in deutschen Landen. Die Angst, zusammenzu-
    schreiben, was zusammengehört. Sie ist »Deutschland-weit« ver-
    breitet und führt zu bizarren Schreibweisen wie »Veilchen-artig«,
    »Tollwut-frei« und »Amerika-freundlich«. Dabei ist es gar nicht
    schwer, ein Adjektiv richtig zu schreiben. Man muss sich nur trauen.
    Eine junge Fernsehredakteurin, die sich nach eigener Aus-
    kunft gerade mit dem Thema Paarungsverhalten beschäftigt,
    stellt mir folgende Frage: »Wenn ein Mensch sich ähnlich
    wie ein Pavian verhält, hat man es dann mit einem »Pavian-
    ähnlichen Verhalten‹ oder einem ›Pavian ähnlichen
    Verhalten« zu tun?« Ich verwerfe sowohl die erste als auch
    die zweite Variante und schlage stattdessen eine dritte vor:
    »Schreiben Sie die beiden Wörter einfach zusammen und
    machen Sie ein pavianähnliches Verhalten daraus!« − »Geht
    das denn?«, fragt sie ungläubig. »Aber gewiss doch!«, erwide-
    re ich. »Es handelt sich um ein Adjektiv, nichts weiter. Auch
    wenn es aus zwei Teilen besteht − pavianähnlich wird genau-
    so zusammengeschrieben wie affenartig.«- »Das klingt ein-
    leuchtend«, sagt sie, »daraufhätte ich eigentlich auch selbst
    kommen können. Irgendetwas hielt mich bislang immer da-
    von ab, große und kleine Wörter zusammenzuschreiben.«
    Ihre Skepsis ist symptomatisch für eine weit verbreitete
    Scheu vor der Zusammenschreibung zusammengesetzter
    Eigenschaftswörter. Diese Scheu ist besonders stark, wenn
    der erste Teil eine Gattungsbezeichnung oder ein geogra-
    fischer Name ist. Wie oft stößt man in Texten auf seltsame
    Konstruktionen wie »Europa-weit« oder »Amerika-freund-
    lich«. Dabei gilt für Namenswörter dasselbe wie für alle
    Hauptwörter: Werden sie zu Adjektiven oder Adverbien

    umgebaut, büßen sie ihre Großschreibung ein − eine Konse-
    quenz, vor der sich viele zu fürchten scheinen. Seltsam − wo
    doch heute sonst kaum noch jemand rücksicht auf groß-

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