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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Spitze!«), so müsste er heute wohl ausrufen:
    »Das war spitzenmäßig!«
    Vor etlichen Jahren gab es den Versuch, auch das Adjektiv
    »technisch« als Suffix zu etablieren. Da liefen die Dinge
    »beziehungstechnisch« mal besser, mal schlechter, man hatte
    »arbeitstechnisch« die Nase vorn und war »informa-
    tionstechnisch« auf dem Laufenden, lange bevor der Begriff
    »Informationstechnologie« in unserer Sprache auftauchte.
    Aber dieses Anhängsel war vielleicht zu kompliziert, zu tech-
    nisch, jedenfalls hat es den Erfolg des schlichteren »mäßig«
    nie erreicht.
    Und »mäßig« wuchert ungehemmt. Schon werden andere,
    bis vor kurzem noch völlig unstrittige Wörter in Mitlei-
    denschaft gezogen: Der »ordnungsgemäße Zustand« wird
    immer häufiger zum »ordnungsmäßigen Zustand«, und
    eine »blitzartige Reaktion« gibt es auch schon als »blitzmäßi-
    ge Reaktion«.
    »Wir stehen finanzmäßig mit dem Rücken zur Wand«,
    stöhnt der Vorstandsvorsitzende einer Krankenkasse erbar-
    mungsmäßig. Wer hat ihm bloß gesagt, dass »finanziell«
    nicht mehr geht, bloß weil bei seiner Kasse fmanziell nichts
    mehr geht?
    Man ist ja heutzutage geneigt, hinter jeder sprachlichen
    Unsitte einen Anglizismus zu vermuten. Und tatsächlich gibt
    es ein berühmtes Beispiel der Filmgeschichte, das diese
    Annahme stützt: In Billy Wilders Meisterwerk »Das Appar-
    tement« aus dem Jahre 1960 taucht ein Mann namens Kirke-

by auf, der die höchst eigenwillige Angewohnheit hat, an
    alle möglichen und unmöglichen Wörter ein »-wise« anzu-
    hängen − was in der deutschen Synchronfassung sehr tref-
    fend mit »-mäßig« wiedergegeben wird: »Prämienmäßig und
    rechnungsmäßig liegen wir um 18 Prozent besser als im
    letzten Jahr − oktobermäßig«, hört man Kirkeby zum Bei-
    spiel diktieren. Der Angestellte C. C. Baxter, dargestellt von
    Jack Lemmon, macht sich über diese Sprechweise lustig:
    »Fahren Sie vorsichtig«, sagt er zur Aufzugführerin Fran Ku-
    belik (Shirley McLaine),»Sie befördern kostbare Fracht − ich
    meine arbeitskraftmäßig.« Und weiter: »Sie werden es nicht
    glauben, Miss Kubelik, aber ich liege an der Spitze − leis-
    tungsmäßig. Und vielleicht ist das heute mein großer Tag −
    aufstiegsmäßig.« Die junge Frau lacht und erwidert: »Sie
    fangen schon an, Mr-Kirkeby-mäßig zu reden!« Am Ende
    werden die beiden ein Paar − Baxter hat den Vogel abge-
    schossen, kubelikmäßig. Hier wurde eine Marotte zur Kunst-
    form stilisiert, doch das ist etwas anderes als das mäßige
    Deutsch, das uns in der Alltagssprache begegnet.
    Wie ein wirbelloses Tier quetscht sich der »mäßig«-Zusatz
    noch durch die engste Ritze und nistet sich in Lücken ein, die
    eigentlich gar keine sind. So wird aus einer »nicht erwerbs-
    tätigen Person« plötzlich eine »nicht erwerbsmäßig tätige
    Person«, eine Bilderbuchlaufbahn leiert zu einer »bilder-
    buchmäßigen Laufbahn« aus, und »verkehrsgünstige An-
    bindungen« werden unnötigerweise als »verkehrsmäßig
    günstige Anbindungen« angepriesen.
    Da kann einem magenmäßig schlecht werden, und zwar
    saumäßig, und man möchte den Überträgern der Suffix-
    seuche den dringenden Rat erteilen: »Mäßigen Sie sich!«

    Wie nennt man das Ding an der Kasse?
    Frage eines Lesers: Lieber Zwiebelfisch, ich suche die Be-
    zeichnung für die Dinger, die man beim Einkaufen auf das
    Laufband legt, um die eigenen Waren von denen des Vor-
    dermanns abzugrenzen. Kannst du mir vielleicht weiterhel-
    fen?
    Antwort des Zwiebelfischs: Über das Ding an der Kasse
    haben sich schon erstaunlich viele Menschen den Kopf zer-
    brochen, es ist ein Dauerbrenner unter den »Wie nennt
    man«-Fragen. Einigen gilt es gar als eines der letzten fünf
    ungelösten Rätsel unserer Zeit. (Fragen Sie mich nicht, wel-
    ches die anderen vier sein sollen.) Als ich zum ersten Mal
    nach dem Ding an der Kasse gefragt wurde, hatte ich keine
    Antwort parat. Seitdem ging mir die Frage nicht mehr aus
    dem Kopf. Ich konnte nicht mehr einkaufen, ohne daran zu
    denken. Ständig hämmerte es in meinem Hirn: »Wie nennt
    man das Ding an der Kasse?« Ich fing an, wichtige Besorgun-
    gen zu vergessen, vertat mich beim Geldabzählen, packte
    gedankenverloren die Einkäufe des folgenden Kunden mit in
    meine Tüte. Irgendwann kam mir der Gedanke, die Kas-
    siererin zu fragen. Die sieht das Ding doch ständig vor ihrer
    Nase, da muss sie doch auch wissen, wie man es nennt. »Wie
    lustig, dass

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