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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Abschreckung um. Wenn ich im Schwimm-
    bad eines Hotels den Hinweis lese

    dann frage ich mich doch unweigerlich, was ich vom Fri-
    schegrad dieser Handtücher zu halten habe − und benutze
    lieber mein gebrauchtes.
    Geradezu beängstigend wird es, wenn ich an Bord eines
    Flugzeugs in einem Prospekt lesen muss: Wir wünschen
    Ihnen einen »guten Flug«. Für mich liest sich das nämlich so:
    »Hallo, lieber Fluggast, Sie wissen ja, der Ruf unserer
    Gesellschaft ist nicht gerade der beste, also erwarten Sie nicht
    zu viel. Beschwerden bitte direkt in die dafür vorgesehene
    Spucktüte! Und jetzt heißt es: Anschnallen und beten!«
    Anführungszeichen erfüllen vier unterschiedliche Funk-
    tionen.
    Erstens dienen sie der Ein- und Ausleitung direkter Rede:

    • »Das hätten wir geschafft!«, rief er.
    •»Ich heiße Sabine«, sagte Sabine, »und wie heißt du?«
    Zweitens dienen Anführungszeichen dazu, Zitate kenntlich
    zu machen:
    • Der Ausspruch »Erlaubt ist, was gefällt« stammt von Goethe.
    • In der Bibel steht: »Du sollst nicht töten.«
    Drittens dienen Anführungszeichen der Hervorhebung
    einzelner Wörter oder Wortgruppen:

    • Das Wort »Standard« schreibt sich am Ende mit »d«.
    •Unter dem Stichwort »Liebe« findet man mehr als tausend
    Einträge.
    In Anführungszeichen stehen Namen von Zeitungen, Zeit-
    schriften, Büchern, Kinofilmen, Fernsehsendungen, Musik-
    stücken, Kunstobjekten und Bühnenwerken, um dem Leser
    zu signalisieren: »Achtung, dies ist ein Name!« Mozarts »Fi-
    garo« ist eben nicht der Mann, der Mozart die Haare frisier-
    te, sondern eine Mozartoper. Und wenn man liest: Er sah je-
    den Montag als Erstes in den »Spiegel«, dann weiß man,
    dass damit nicht der Badezimmerspiegel, sondern das
    Nachrichtenmagazin gemeint ist. Ich komme übrigens jeden
    Morgen auf dem Weg zur Arbeit am »Atlantik« vorbei.
    Stünden die Anführungszeichen nicht da, so könnte man jetzt
    denken, ich wohnte am Meer. Das »Atlantik« ist aber ein
    Hotel. Auch Namen von Hotels, Schiffen und Gaststätten
    können in Anführungszeichen stehen.
    Viertens dienen Anführungszeichen dazu, um Ironie, eine
    Wortspielerei oder eine Distanzierung kenntlich zu machen.
    Letzteres ist zum Beispiel häufig bei der Verwendung von
    Begriffen der Fall, die historisch belastet sind oder einen
    ethisch verwerflichen Vorgang in schönfärberischer Weise
    beschreiben, so wie das Wort »Säuberung«, das in Wahrheit
    oft eine zutiefst schmutzige, wenn nicht gar blutige
    Angelegenheit bedeutet. Die »Bild«-Zeitung hat die Ab-
    kürzung DDR stets in Anführungszeichen gesetzt, um
    deutlich zu machen, dass sie die DDR nicht anerkannte.
    Anführungszeichen weisen auf das anders Gemeinte hin, sie
    dienen der Hervorhebung, aber nicht der Betonung. Wer ein
    einzelnes Wort mit typografischen Mitteln stärker betonen
    will, dem stehen dafür zahlreiche andere Möglichkeiten zur
    Verfügung. Innerhalb eines Textes kann man das Wort
    unterstreichen, man kann es fetten, gesperrt schreiben oder

    kursiv setzen. Auf Einladungen, in Prospekten oder Schildern
    kann man außerdem entweder eine andere Farbe oder
    Schriftart verwenden oder das Wort einfach größer
    schreiben. Es gibt viele geeignete Mittel und Wege, ein Wort
    zu betonen. Die Verwendung von »Anführungszeichen«
    gehört nicht dazu.
    Eine Betonung soll ja erreichen, dass einem das Wort in
    seiner primären Bedeutung sofort ins Auge springt. Anfüh-
    rungszeichen aber lenken die Aufmerksamkeit von der pri-
    mären Bedeutung auf eine übertragene Bedeutung. Sie sind
    ein typografisches Augenzwinkern. Wer den Autor dieses
    Buches als einen Mann für alle Fälle bezeichnet und das
    Wort »Fälle« dabei in Anführungszeichen setzt, macht damit
    klar, dass es sich um ein Wortspiel handelt und mit den
    Fällen keine Gelegenheiten, sondern Nominativ, Genitiv,
    Dativ und Akkusativ gemeint sind.
    Anführungszeichen stehen also immer dann, wenn etwas
    nicht in seiner wörtlichen Bedeutung gemeint ist. Was aber
    könnte mit einem Schnitzel »Wiener Art« anderes gemeint
    sein als ein Schnitzel Wiener Art? Wo verbirgt sich das
    Wortspiel in der Aussage Unsere Pizza ist garantiert »ofen-
    frisch«? Was ist so eindeutig zweideutig an jenem Lokal, das
    als Der älteste »Gasthof« Rügens ausgewiesen wird? Wovon
    distanzieren sich die Betreiber des Einkaufszentrums, das
    Nur »z Minuten Fußweg« vom Bahnhof gelegen sein soll?
    Und was verbirgt sich tatsächlich hinter der Tür,

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