Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
sich Henry während des Geschirrspülens
meine Ausführungen über»als«und»für« angehört. Schließ-
lich legt er den Putzschwamm zur Seite und sagt: »Hiermit
erkläre ich dich für unverbesserlich und den Abwasch als be-
endet!«
Gibt es das Wort »ebend«?
Frage eines Lesers: In einer Talkshow gebrauchte eine Frau
wiederholt das Wort »ebend«. Ich kenne es nicht und kann
es auch im Duden nicht finden. Es soll wohl dasselbe bedeu-
ten wie »eben«. Gibt es dieses Wort tatsächlich, oder handelt
es sich um falsches Deutsch?
Antwort des Zwiebelfischs: Bei dem Wort »ebend« handelt
es sich um eine Dialektform. So ist »ebend« zum Beispiel im
Ruhrgebiet zu hören, aber auch in Mecklenburg, in
Brandenburg und in Berlin. »Da harrik ebend nich uffje-
passt«, sagt der Berliner auf seine unverwechselbare Art und
Weise und meint damit: »Da habe ich eben nicht aufge-passt.
«Da wir Deutschen nun mal ein Volk von Dialektsprechern
sind, muss man akzeptieren, dass es von ein und demselben
Wort mehrere Aussprachemöglichkeiten gibt. Dies ist im
Übrigen auch keinesfalls ein Nachteil, sondern der beste
Beweis für die Lebendigkeit und Wandlungsfähigkeit unserer
Sprache. Mundartliche Sonderformen bieten bekanntlich
immer wieder Stoff für Witze und Parodien. Der Schauspieler
und Kabarettist Diether Krebs war einst in einem Sketch zu
sehen, der genau dieses Thema trefflich auf die Schippe
nahm: Ein Mann kommt in eine Metzgerei und sagt: »Ich
hätte gerne ein Pfund Nackend!« Erwidert der Metzger:
»Das heißt Nacken!« Darauf der Kunde: »Na ebend!«
Wo lebt Gott eigentlich heute?
Als Gott noch in Frankreich lebte, nährte sich unsere Sprache haupt-
sächlich von französischen Begriffen. Das war chic und en vogue.
Heute ist Französisch »uncool«, wenn nicht gar »out«. Man sagt
Date statt Rendezvous, Model statt Mannequin, Level statt Niveau.
Gott lebt heute in Miami und genießt kalifornischen Chardonnay.
Mireille Mathieu wusste 1972 noch zu singen: »Gott lebt in
Frankreich, denn Frankreich ist schön.« Und niemand hät-
te ihr damals widersprochen. Frankreich ist immer noch
schön, aber Gott ist umgezogen. Er wohnt jetzt in den USA.
Vermutlich im Rentnerparadies Miami oder im beschau-
lichen Santa Barbara. Wie ich daraufkomme? Unsere Sprache
liefert genügend Indizien dafür! Einst war die deutsche
Sprache von französischen Ausdrücken gespickt. Denn bevor
die Deutschen ihre Antennen ganz und gar auf die USA
ausrichteten, kamen die wichtigsten kulturellen − und somit
auch sprachlichen − Impulse aus Frankreich.
Als Gott noch in Frankreich lebte, da wusste noch jeder,
was » Savoir-vivre«und»Laisser-faire «bedeuten. Heute dreht
sich alles um Lifestyle, und aus dem Laisser-faire-Prinzip
wurde »Take it easy!«. Was früher »en vogue« war, ist heute
»trendy«, und eine Mode, die irgendwann »passe« war, ist
heute »out«. Wer auf dem Laufenden war, der war mal »ä
jour«, und wenn er einverstanden war, dann war er »d’ac-
cord«. Heute ist er»up to date«und gibt sein»okay «.Und
wer im Fahrstuhl jemandem auf die Füße tritt, der sagt nicht
mehr»Pardon!«, sondern murmelt nur noch»Sorry!«.
Wer seinen Geburtstag feiern will, der gibt keine Fete mehr,
sondern eine Party. Und der Grand Prix Eurovision de la
Chanson nennt sich neuerdings auch bei uns Eurovision
Song Contest. Wenn irgendwann auch die französische
Punktezählung abgeschafft wird (»L’Allemagne deux
points«), dann ist der Sieg der englischen Sprache komplett.
Adieu la France, oder genauer gesagt: bye, bye!
Als Gott noch in Frankreich lebte, trafen sich Verliebte
noch zum Rendezvous, heute haben sie ein Date. Der Char-
meur von einst gilt inzwischen als Womanizer, und die alt-
modische Romanze wurde zur modernen »love affair« um-
gedichtet. In so mancher Familie (neudeutsch: »family«) wird
der Vater nicht »Papa« oder »Pa« gerufen, sondern »Daddy«
oder »Dad«.
In den Sechzigern und Siebzigern wurden in Deutschland
noch unzählige Filme aus Frankreich gezeigt, und jeder
kannte die großen französischen Stars. Deutsche Männer
träumten von Brigitte Bardot und Catherine Deneuve. Heute
träumen sie von Nicole Kidman und Hilary Swank. Lange
bevor es Bruce Willis gab, war Alain Delon der Inbegriff des
lässigen Helden. Und man lachte hierzulande noch herzlich
über Louis de Funes in seiner Rolle als »Der Gendarm von
St. Tropez«. Ein Remake
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