Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 1 (German Edition)
unregelmäßig gebeugt: saugen, sog, gesogen; das Ferkel sog begierig an der Mutterbrust; er sog die Luft ein; als Kinder haben wir Cola immer durch den Strohhalm gesogen.
Das neuere Verb »saugen« im technischen Sinne wird regelmäßig gebeugt: saugen, saugte, gesaugt; ich saugte Staub; Mutter hat Staub gesaugt.
schleifen: Das Verb »schleifen« im Sinne von »glatt oder scharf machen« wird unregelmäßig gebeugt: schleifen, schliff, geschliffen; er schliff die Sense; das Messer wurde geschliffen; ein geschliffener Diamant.
Das Verb »schleifen« in der Bedeutung »einebnen« wird hingegen regelmäßig gebeugt: schleifen, schleifte, geschleift; die Römer schleiften die Befestigungsanlage; die Mauern der Stadt wurden geschleift.
Auch »schleifen« im Sinne von »hinter sich herziehen« wird regelmäßig gebeugt: Der Mörder schleifte sein Opfer bis zur Brücke; ich habe den Koffer die ganze Strecke hinter mir her geschleift.
senden: Das Verb »senden« in der Bedeutung »schicken« wird unregelmäßig gebeugt: Er sandte einen Boten; die Engel waren vom Himmel gesandt worden. Vielen Dank für die Blumen, die du mir gesandt hast.
Das jüngere Verb »senden« in der Bedeutung »ausstrahlen« wird regelmäßig gebeugt: Der Fernsehkanal sendete plötzlich nur noch Wiederholungen; der Funkspruch ist längst gesendet worden.
verdingen: Das Verb »verdingen« wird regelmäßig gebeugt: verdingen, verdingte, verdingt; er hatte sich als Hilfsarbeiter verdingt; der Lord verdingte mehrere Knaben aus der Umgebung als Lakaien.
Das präfixlose Verb »dingen« wird im Perfekt zu »gedungen«: ein gedungener Mörder.
wenden: Das reflexive Verb »wenden« wird unregelmäßig gebeugt: er wandte sich um; die Hilfesuchenden hatten sich an die Polizei gewandt.
Das transitive Verb »wenden« wird regelmäßig gebeugt: Der Chauffeur wendete den Wagen vor dem Haus; das Fleisch muss in der Pfanne mehrmals gewendet werden.
winken: Das Verb »winken« wird immer regelmäßig gebeugt: ich winke, ich winkte, ich habe gewinkt. Die Form »gewunken« ist mundartlich und gilt nicht als standardsprachlich.
wohlgesinnt: Obwohl das reflexive Verb »besinnen« zu »besann« und »besonnen« wird, heißt das Adjektiv »wohlgesinnt«. Die Form »wohlgesonnen« ist standardsprachlich nicht korrekt.
Sind »schmeißen« und »kriegen« tabu?
»Nach Wahldebakel: SPD schmeißt Schröder raus« – »Der Kanzler kriegt die rote Karte«. Sätze wie diese sind vorstellbar. Aber Sie werden sie hoffentlich niemals in einer seriösen Zeitung lesen müssen. Nicht aus Rücksicht auf den Kanzler, sondern aus Respekt vor der Sprache.
Der achtjährige Julian besucht die zweite Klasse einer Grundschule in Wuppertal. Im Deutschunterricht lernt er nicht nur Lesen und Schreiben, sondern auch zwischen feinem und nicht so feinem Deutsch zu unterscheiden. In heutigen Zeiten, so scheint es, ein absoluter Luxus. Man muss nur wenige Augenblicke im Nachmittagsprogramm der privaten Fernsehsender verweilen, um festzustellen, dass den meisten Deutschen das Gespür für wohlklingende und missklingende Wörter abgeht.
Eines Tages nach der Schule konfrontiert Julian seinen Vater mit der Feststellung, dass man »werfen« und nicht »schmeißen« sagt und »bekommen« statt »kriegen«. Ob solch verblüffender Äußerung will sich der Vater glatt auf den Boden schmeißen und kann sich gar nicht mehr einkriegen. Er besinnt sich aber eines Besseren, wirft sich auf den Boden und bekommt sich nicht mehr ein. Später wendet sich Julians Vater an mich mit der Frage, ob »kriegen« und »schmeißen« tatsächlich »Bäh«-Wörter sind. Da muss ich spontan an meinen Urgroßvater denken, Konsul Albert Schrödter aus Kiel, einen sehr gebildeten und weltgewandten Mann, der stets größten Wert auf gepflegte Umgangsformen und sprachlichen Ausdruck legte. In seinem Hause war das Wort »schmeißen« tabu, und wer es trotzdem benutzte, konnte eines missbilligenden Blickes und einer anschließenden Belehrung gewiss sein. Tatsächlich galt »schmeißen« vor einigen Jahrzehnten noch als vulgär. Das stark gebeugte Verb (schmeißen, schmiss, geschmissen) bedeutete ursprünglich »beschmieren«, »beschmutzen«, was später über das im Hausbau gebräuchliche Anwerfen von Lehm zu einem allgemeinen »werfen«, »schleudern« erweitert wurde. Schließlich erlangte »schmeißen« – in Anlehnung an den geschleuderten Peitschenhieb – auch die Bedeutung von »schlagen«. Davon zeugen heute noch die
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