Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
Unsere Pizza ist garantiert »ofenfrisch« ? Was ist so eindeutig zweideutig an jenem Lokal, das als Der älteste »Gasthof« Rügens ausgewiesen wird? Wovon distanzieren sich die Betreiber des Einkaufszentrums, das Nur »2 Minuten Fußweg« vom Bahnhof gelegen sein soll? Und was verbirgt sich tatsächlich hinter der Tür, durch die Leckeres aus unserer »Küche« getragen wird? Ist es als ein Indiz für gestiegenen Marihuanakonsum zu werten, wenn Kantinen darauf hinweisen, dass »Rauchen« nicht gestattet sei?
Die Anführungswut ist kaum noch aufzuhalten. Im Supermarkt werden Orangen als »Orangen« angeboten (sind es in Wahrheit mutierte Clementinen?), und der Elektrohändler hat ein Schild ins Fenster gehängt, auf dem herabgesetzte DVD-Geräte als »Neuware« angepriesen werden. So ein Schelm!
Nichts bringt den Unsinn mit den Anführungszeichen besser auf den Punkt als jene Zeichnung des Karikaturisten Martin Perscheid, auf der ein Mann vor einem Schild mit der Aufschrift »Frische Brötchen« steht und verwundert ob der An- und Abführungszeichen denkt: »Ein Apostroph reicht jetzt wohl nicht mehr.«
Thema »Rente« oder Thema Rente?
Frage eines Lesers aus Wiesbaden: Ich beobachte immer wieder schwankenden Gebrauch der Anführungszeichen in Fällen wie diesen:
Er gehört zur sogenannten Generation Golf.
Er gehört zur sogenannten »Generation Golf«.
Beim Thema Rente erzielten die Politiker Einigkeit.
Beim Thema »Rente« erzielten die Politiker Einigkeit.
Wann sind die Anführungszeichen sinnvoll, wann sind sie unsinnig?
Antwort des Zwiebelfischs: Anführungszeichen dienen der Hervorhebung von Wörtern. Die Hervorhebung kann aber auch auf andere Weise erreicht werden, durch VERSALIENSCHREIBUNG zum Beispiel, durch Kursivschrift oder: einen Doppelpunkt. Und nicht selten ergibt sie sich aus dem Zusammenhang. Signalwörter wie »sogenannt« erfüllen die gleiche Funktion wie Anführungszeichen; das Setzen von Anführungszeichen hinter »sogenannt« bedeutet streng genommen eine Verdoppelung der Hervorhebung, die von einigen eher als »störend« denn als zweckdienlich empfunden wird.
Im Fall der Generation Golf können Sie sich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden:
Er gehört zur »Generation Golf«.
oder:
Er gehört zur sogenannten Generation Golf.
Ansonsten sind Anführungszeichen überall dort willkommen, wo es gilt, Missverständnisse zu vermeiden, so wie hier:
Sie sprachen über das Thema »Beziehungen« mit geschiedenen Männern.
Setzt man die Anführungszeichen an anderer Stelle, werden aus Gesprächen mit Männern plötzlich Gespräche über Männer:
Sie sprachen über das Thema »Beziehungen mit geschiedenen Männern«.
Lautet der Satz aber nur: »Sie sprachen über das Thema Beziehungen«, kann auf Anführungszeichen verzichtet werden, da keine Verwechslungsgefahr besteht.
Auch der folgende Beispielsatz enthält keine Verwechslungsgefahr und somit keine Notwendigkeit für das Setzen von Anführungszeichen:
Zunächst leitete Herr Peters das Ressort Kultur und Gesellschaft.
Das ändert sich jedoch, wenn ein weiteres Ressort hinzukommt:
Von 2002 bis 2005 leitete Peters die Ressorts »Jugend« und »Kultur und Gesellschaft«.
Ohne die Anführungszeichen könnte dieser Satz nämlich als Aufzählung dreier Ressorts interpretiert werden.
Das Wörtchen »als« im falschen Hals
Es ist klein und unscheinbar – und dabei doch so ungemein praktisch und wichtig. Das kleine Wörtchen »als« erfüllt in unserer Sprache viele wichtige Funktionen. Leider wird es im Sprachalltag nicht besonders gut behandelt. Entweder fehlt es, wo es vonnöten wäre, oder es steht dort, wo es gar nicht hingehört.
»Als dein Freund kann ich’s dir ja sagen«, sagt Henry zu mir, »deine Kochkenntnisse verdienten mal eine kleine Auffrischung.« Den zweiten Teil des Satzes habe ich gar nicht mehr wahrgenommen, weil schon der erste Teil meine gesamte Aufmerksamkeit absorbierte. »Als dein Freund«, hat Henry gesagt. Völlig zu Recht, und grammatisch tadellos. Das Wörtchen »als« steht hier nämlich für die (sehr viel umständlichere und daher nicht unbedingt zu empfehlende) Formulierung »… in meiner Eigenschaft als«.
Wenn ich mich »als Freund« um jemanden bemühe, dann heißt das nicht, dass ich sein Freund werden will, sondern dass ich bereits sein Freund bin. Diese Feinheit scheint aber nicht jedem bewusst zu sein. Erst kürzlich las ich wieder eine Meldung, in der es um die Neubesetzung des
Weitere Kostenlose Bücher