Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
der Dativ gefordert – als Retter des Genitivs! Denn der Genitiv selbst unterscheidet sich im Plural nicht von Nominativ und Akkusativ, sehen Sie selbst: die Briefe, der Briefe, den Briefen, die Briefe – der einzige Kasus mit erkennbarer Veränderung ist hier der Dativ: den Briefen. Daher heißt es: laut Briefen – nicht um dem Genitiv eins auszuwischen, sondern weil der Genitiv einfach nicht kompliziert genug ist! Der Dativ beugt sich ein Stück weiter – daher erhält er den Zuschlag.
Übrigens: Laut Wörterbuch kann die Präposition »laut« nur vor einem Hauptwort stehen, das etwas Gesprochenes oder Geschriebenes wiedergibt. Also nicht »laut Bauplan« oder »laut Zeichnung« (und entsprechend wohl auch nicht »laut Malerei«, obwohl es ja die Lautmalerei gibt). Da kommt man aber ins Grübeln: Demnach müsste nämlich auch »laut Herrn Müller« nicht korrekt sein, denn Herr Müller mag zwar viel Gesprochenes oder Geschriebenes von sich geben, doch ist er selbst immer noch ein Mensch aus Fleisch und Blut. Also nur »laut Anweisung von Herrn Müller«? Und was ist mit all den vielen »laut Bundeskanzler Schröder« und »laut Präsident Bush«, die man täglich in den Nachrichten findet? Die Definition muss wohl etwas erweitert werden: »laut« darf auch vor Personen stehen, die die Quelle der Verlautbarung sind. Zum Beispiel: »laut des Sprechers« oder »laut dem Sprecher« – oder kurz: »laut Sprecher« (nicht zu verwechseln mit Lautsprecher).
Wer hinter »laut« Personen erlaubt, der muss auch Pronomen erlauben. Doch wie heißt es richtig, lieber Zwiebelfisch? »Laut ihm« oder »laut seiner«? Klingt der Genitiv hier nicht reichlich ungewöhnlich? Gestelzt und antiquiert? Tja – wofür würden Sie sich entscheiden? Ring frei für die nächste Runde: Der Genitiv ist noch längst nicht so tot, wie der Dativ ihm gern hätte!
Wie baut man einen Türken?
Frage einer Leserin: Immer wieder stolpere ich in der Presse über die Bezeichnung »getürkt«, wenn es um Betrug und Fälschung geht. Zum Beispiel in einem Artikel über einen ins Zwielicht geratenen deutschen Wissenschaftler. Darin heißt es: »Zunächst für den Nobelpreis vorgeschlagen und dann zum Scharlatan erklärt: Nach zehn Jahren verliert ein Bonner Chemiker seinen Doktortitel wegen getürkter Experimente.« Dafür hätte ich gerne eine verständliche Erklärung. Nicht dafür, dass man dem Chemiker den Titel aberkennt, sondern für die Verwendung des Wortes »getürkt«. Man will doch nicht allen Ernstes Türken mit Fälschern gleichsetzen?
Antwort des Zwiebelfischs: Der Ausdruck »etwas türken« geht zurück auf die Redewendung »einen Türken bauen« (älter auch: »einen Türken stellen«) und bedeutet tatsächlich »fälschen«, »fingieren«. Im Herkunftswörterbuch aus dem Dudenverlag steht, dass die Etymologie des Wortes trotz aller Deutungsversuche ungeklärt sei. Zwei dieser Deutungsversuche findet man im »Lexikon der populären Sprachirrtümer« von Walter Krämer und Wolfgang Sauer. Anmerkung
Dort heißt es, dass bei der Einweihung des Nord-Ostsee-Kanals (damals noch »Kaiser-Wilhelm-Kanal« genannt) im Jahre 1895 alle durchfahrenden Schiffe mit der jeweiligen Nationalhymne ihres Landes begrüßt wurden. Als ein Schiff mit der Fahne des Osmanischen Reiches auftauchte, war der Dirigent ratlos, denn man hatte keine Noten einer türkischen Hymne. Um nicht unhöflich zu erscheinen, intonierte das Orchester stattdessen »Guter Mond, du gehst so stille« – inspiriert vom Halbmond auf der Fahne. Daraus soll sich die Redensart »einen Türken bauen« entwickelt haben.
Die andere Erklärung geht ins 18. Jahrhundert zurück und bezieht sich auf einen Schachautomaten, den ein gewisser Baron Wolfgang von Kempelen gebaut hatte. Dabei handelte es sich um eine Art Kommode, an die eine orientalisch gekleidete Puppe montiert war. Dieser Automat gewann fast alle Partien, aber freilich nicht durch Zauberei, sondern durch einen raffinierten Trick: Im Inneren hielt sich ein Schachmeister versteckt, der seine Figuren über Hebel bewegte. Nachdem der Schwindel aufgeflogen war, wurde der Ausdruck »einen Türken bauen« zum Sinnbild für »tricksen« und »fälschen«.
Ob eine dieser Erklärungen der tatsächlichen Herkunft des Wortes »türken« entspricht, ist nicht erwiesen. Sicher ist jedoch, dass »türken« nichts mit einem Völkerklischee zu tun hat. Der Ausdruck gilt allerdings als umgangssprachlich, von seiner Verwendung in
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