Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
Silbe mehr und lautet »Pilgerin«. Wie die Pilger, so führen auch die Gläubigen in die sprachliche Verwirrung. Ein Radioreporter berichtete, »dass Zehntausende Gläubiger auf dem Petersplatz zusammengekommen sind«. Das ist zwar nicht falsch, aber missverständlich, denn im Genitiv fallen die Gläubigen mit den Gläubigern zusammen, und wer nicht rechtzeitig schaltete, konnte glauben, der Papst sei hoch verschuldet gestorben. Der Duden empfiehlt in diesem Fall, auf eine Konstruktion mit »von« auszuweichen: »Zehntausende von Gläubigen«.
Sie kämen, um dem Papst »die letzte Referenz zu erweisen«, sagte ein Sprecher des Fernsehsenders Phoenix. Er meinte aber bestimmt nicht die Empfehlung, sondern die Ehrerbietung. Die schreibt sich »Reverenz« und wird mit weichem »W«-Laut in der Mitte gesprochen.
»Alle wollen dem Papst kondolieren«, verkündete das Internetportal GMX in seiner Nachrichtenspalte. Kondolieren kann man aber schwerlich einem Toten. Das Wort »kondolieren« geht auf die lateinischen Wörter »con« (= mit) und »dolor« (= Schmerz, Leid) zurück. Kondolieren bedeutet also »mit jemandem leiden, den Schmerz mit jemandem teilen«. Man kondoliert in der Regel den Hinterbliebenen: der Witwe oder dem Witwer, den Kindern, den Angehörigen. Dem Verstorbenen selbst aber »erweist man die letzte Ehre«.
Nicht nur »kondolieren« hat es in sich, auch das Wort »Konklave« macht vielen zu schaffen. Die Kardinalsversammlung, die zur Wahl eines neuen Papstes zusammentritt, wird das Konklave genannt. Nicht etwa die Konklave und auch nicht der Konklave. Es mag zwar die Enklave und die Exklave heißen, aber das Wort »Konklave« ist sächlich. Was sich reimt oder ähnlich auslautet, muss nicht unbedingt gleichen Geschlechts sein. Zwar gehen Exklave und Konklave auf dasselbe lateinische Wort (clavis = Schlüssel) zurück, doch haben sie sich, zumindest hinsichtlich ihres Geschlechtes, unterschiedlich entwickelt.
An anderer Stelle war zu lesen, die Gläubigen würden in kilometerlangen Schlangen vor dem Petersdom ausharren, »in dem der Leichnam des Papstes aufbewahrt ist«. Nun ja, für die Tage bis zur Beisetzung mag das Verb »aufbewahren« zutreffend sein, obwohl dann doch »verwahren« vorzuziehen wäre, denn »aufbewahren« klingt allzu dinglich. Briefe kann man aufbewahren oder einen Gutschein, aber einen Leichnam? Im tiefsten Inneren seines Herzens wollte uns der Schreiber sicherlich etwas anderes mitteilen. Er wollte von der Aufbahrung berichten, nicht von der Aufbewahrung.
Ein herausragendes Beispiel mangelnder Pietät lieferte die »Bild«-Zeitung am 5. April. »Wer kriegt das Herz vom toten Papst?«, fragte sie sich laut auf der Titelseite. Das ist nicht nur geschmacklos in der Aussage, sondern auch noch grammatisch unsauber: Vom Papst hat man, solange er noch lebte, einen Eindruck »kriegen« (besser: erhalten oder bekommen) können, vielleicht auch die Vergebung der Sünden, einen gut gemeinten Ratschlag oder einfach einen Händedruck. Dass aber ein Papst, noch dazu ein toter, Herzen unters Volk geworfen hätte, ist in keiner noch so wüsten Sage überliefert. Befürchtete man bei der »Bild«-Zeitung, mit der grammatisch korrekten Formulierung »das Herz des toten Papstes« die Leser womöglich zu überfordern? Leider ist dies kein Einzelfall, der sich auf den Boulevard beschränkt. Gerade im Angesicht »vom Tod von Papst Johannes Paul II.« muss der Genitivus possessivus, der besitzanzeigende Wes-Fall, in fast allen Nachrichtenmedien ums Überleben kämpfen.
Johannes Paul II. ist tot. Doch er hat Spuren hinterlassen. Ob nun als Papst oder als Pabst. Möge er in Frieden ruhen.
»Tod« und »tot« in Zusammensetzungen
als Adjektiv
als Verb
mundtot
totarbeiten
todblass, totenblass
totkriegen
todbringend
totlachen
todernst
totlaufen
todesmutig
totsagen
todkrank
tot sein
todlangweilig
totschießen
tödlich
totschlagen
todmüde
totschweigen
todschick
totstellen (auch: tot stellen)
todtraurig
tottrampeln
todunglücklich
tottreten
Vom Zaubermann zur Zauberfrau
Frage eines Lesers aus Aachen: Wie lautet die weibliche Form des Wortes Zauberer? Ist es eine Zauberin oder eine Zaubererin?
Antwort des Zwiebelfischs: Um die weibliche Form von einer männlichen Bezeichnung auf »-er« zu bilden, hängt man in der Regel die Silbe »-in« ans Ende. So wird der Lehrer zur Lehrerin, der Schüler zur Schülerin, der Reiter zur Reiterin und der Pilger zu Pilgerin. Wie jede Regel hat aber auch diese ihre
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