Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod: Folge 5
»falb« genannt. Nicht einmal Schafe sind »blond«. Nach Strickwaren aus »blonder Wolle« sucht man im Otto-Katalog jedenfalls vergebens.
Genau wie violett, brünett und lila kommt auch »blond« aus dem Französischen. Und man vermutet, dass die Franzosen es ihrerseits von den Germanen übernommen haben, so wie die Farben »bleu«, »blanc«, »brun« und »gris« von »blau«, »blank«, »braun« und »grau«. Demzufolge wäre die Wurzel allen Blonds germanisch. Bei den alten Germanen hieß es allerdings noch nicht »blond«, sondern »blīnt«. Dieses Adjektiv, das »fahl« und »trübe« bedeutete, wurde auf dem deutschen Wege zu »blind«, auf dem französischen zu »blond«. Auch im Französischen können Tabak und Bier »blond« sein. In blumigen Texten sind dort auch blonder Staub, blonde Seide und blonde Morgenröte anzutreffen. (Wer sich unter »blonder Morgenröte« nichts vorstellen kann, der kann sich vielleicht eher einen rotblonden Morgenhimmel denken.)
Es gibt also in beiden Sprachen durchaus Ansätze, das Wort »blond« auf andere hellgelbe Erscheinungen anzuwenden, doch die Bedeutung als Haarfarbe ist so übermächtig, dass alle Versuche, die Sprache über das menschliche Haar hinaus zu blondieren, entweder scherzhaft oder gekünstelt wirken.
Hinderlich für die Entwicklung zum vollwertigen Farbadjektiv ist außerdem der Umstand, dass »blond« gerade in jüngerer Zeit seine Bedeutung in eine andere Richtung ausgedehnt hat: Dank zahlreicher »Blondinen«-Witze ist »blond« mittlerweile zu einem Synonym für »beschränkt« geworden. So findet man in die Umgangssprache eingeflochtene blonde Strähnchen wie »Red nicht so blond!« und »Wie blond kann man sein?«.
Dabei handelt es sich aber sicherlich nur um eine vorübergehende Mode. Irgendwann wird das vorbei sein, und etwas anderes wird kommen. Dann heißt es vielleicht: »Braun ist das neue Blond!«
Weiteres zum Thema Farben:
»Sind rosane T-Shirts und lilane Leggins erlaubt?« (»Dativ«-Band 1)
Seid an Seit ins Getümmel
Frage eines Lesers aus Berlin: Ist es nicht »mein gutes öffentliches Recht« als Gebührenzahler, das Programm in korrekter deutscher Rechtschreibung und Grammatik zu bekommen? Dass gelegentliche Fehler vorkommen, ist ja verzeihlich. Aber die »Brisant«-Sendung von heute (5. Februar) ist in dieser Hinsicht einfach nur ärgerlich. In einen Beitrag über einen prominenten Musiker wurde ein Text eingeblendet, worin steht, dass er »seid Jahren« an Krebs leide. Nur Augenblicke später ist zu lesen, er hoffe, den Krebs »entgültig« zu besiegen. Haben die Sendungen der ARD nicht verantwortliche Redakteure, die die Beiträge vor der Veröffentlichung kontrollieren?
Antwort des Zwiebelfischs: Dass »seit« und »seid« verwechselt werden, ist ein weit und weidlich verbreitetes Phänomen. In Foren und Chats im Internet wimmelt es von Einträgen à la »Wo seit ihr?« und »Seid wann ist das so?«. Genauso ist es mit »endgültig«, das oft genug mit einem ungültigen »t« geschrieben wird.
Einem Schüler, der nicht wusste, ob »Ihr seid doch alle dabei gewesen« mit »d« oder »t« geschrieben wird, riet sein Lehrer, statt des Perfekts lieber die Vergangenheit zu wählen. Diese Empfehlung war allerdings kaum hilfreich, zumal sich bei »Ihr wart doch alle dabei« das gleiche Problem stellt. Ich selbst muss auch jedes Mal nachdenken, ob »ihr wart« mit »d« oder mit »t« geschrieben wird; denn ein »ward« mit »d« gibt es auch, und zwar als alte Form für »wurde«: »Und es ward Licht.« Das ist heute zwar kaum noch in Gebrauch, denn aus »ward« ward »wurde«, und niemand kann sagen, was einmal aus »wurde« werden wird.
Der just erwähnte Schüler konnte übrigens von Glück sagen, dass er nicht schreiben musste: »Seit ihr Seit an Seit in den Kampf gezogen seid …« Dann wäre er endgültig verzweifelt und hätte entgeltlich Nachhilfe nehmen müssen.
Warum es zwischen »seit« und »seid« und zwischen »end-« und »ent-« immer wieder zu Verwechslungen kommt, ist leicht zu verstehen: Wenn »d« und »t« am Ende einer Silbe stehen, gibt es klanglich keinen Unterschied. In manchen Gegenden Deutschlands, in Franken zum Beispiel, gibt es zwischen »d« und »t« nicht einmal einen Unterschied, wenn sie am Anfang stehen. Während auf die feine hochdeutsche Art beim Naseputzen »ins Taschentuch getrötet« wird, macht der Franke es auf seine Weise anders, denn er »dud ins Daschenduch dröden«.
Nun sind
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