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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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Eigentümerin der Villa, der Empfehlung folgen würde. 2 Doch ob sie es auch tut, wurde nicht kontrolliert. Der BKA-Präsident Hans-Ludwig Zachert sagt später, dass sein Amt Rohwedder als Ziel »Nummer eins« eingeordnet habe. Niemand in Deutschland war nach Einschätzung des BKA mehr gefährdet. Bei Zellendurchsuchungen von inhaftierten RAF-Mitgliedern nach der Ermordung von Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen im November 1989 waren Notizen gefunden worden, die darauf hindeuteten, dass Rohwedder ein potenzielles Ziel der RAF sein könnte. 3 Vor diesem Hintergrund sei die »Schutzgewährleistung« in Düsseldorf ein »bisschen dünn und dürftig« gewesen, so Zachert.
    Die Witwe, Hergard Rohwedder, wird später aussagen, es sei eine Legende, dass ihr Mann selber auf den Schutz verzichtet habe. Er habe es nur seiner Frau überlassen, mit den örtlichen Behörden den Einbau des schusssicheren Glases zu organisieren. Die hatten Hergard Rohwedder versprochen, sich um alles zu kümmern.
    3. April 1991, Berlin
    Der Bundesfinanzminister besucht zwei Tage nach dem Mord am Treuhandpräsidenten zum ersten Mal die Zentrale der Anstalt am Alexanderplatz. Er will den Vorstand treffen, mit den Treuhändern über den möglichen Nachfolger oder die Nachfolgerin sprechen. Vor dem Gebäude am Alexanderplatz 6 wartet ein Pulk von Kamerateams, als Waigel am späten Vormittag mit seinen Personenschützern vorfährt. Später bauen die Teams ihre Kameras in einem kleinen Saal in der Treuhand auf. Der Minister gibt eine Pressekonferenz in dem überfüllten Raum. Links von ihm sitzt sein Staatssekretär, Horst Köhler, und lächelt unsicher. Rechts von Waigel blickt Jens Odewald mit hochgezogenen Schultern ängstlich in die Runde. Der Treuhand-Aufsichtsratschef hat bereits verlauten lassen, als Nachfolger von Rohwedder nicht zur Verfügung zu stehen.
    Gegen Ende der Pressekonferenz hält Waigel eine dicke Broschüre hoch. Die Blitzlichter der vielen Fotoapparate erhellen den Raum: »Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass mir der Vorstand dieses offizielle Firmenverzeichnis übergeben hat. Das wollte eigentlich heute Herr Rohwedder der Presse vorstellen. Es ist das ›Who is Who‹, wenn ich so sagen darf …« Er blickt zu Horst Köhler, der lächelt zerknittert. Waigel fährt fort: »… der Treuhandanstalt. Und wenn die Stunde nicht so bitter wäre, dann würde ich sagen, der Bundesfinanzminister würde sich natürlich darüber freuen, Herr Odewald, wenn dieses große, gewichtige Buch, wo alle Firmen enthalten sind, von Mal zu Mal kleiner würde.«
     
    Detlef Scheunert ist auch wegen dieser Reaktion von Theo Waigel tief getroffen, geschockt von der kühlen Attitüde der Verantwortlichen überhaupt. Zunächst hatte in der Treuhand nicht einmal ein Kondolenzbuch ausgelegen. Birgit Breuel geht auf der ersten Sitzung nach dem Attentat mit den Direktoren sofort zur Tagesordnung über.
    »Die ist eiskalt«, denkt Scheunert.
    Zum ersten Mal kommen dem jungen Sachsen Zweifel an seiner Aufgabe bei der Treuhand: »Bei mir hat sich Wut entwickelt. Auf die Politik, auch auf Journalisten, die meinten, diese Hetzjagd entfachen zu müssen. Ich habe damals zu einem ZDF-Journalisten gesagt: ›Der Osten hat sich im Nachhinein als ein wirklich furchtbares, ein menschenfeindliches System entpuppt, obwohl es sich anders verkauft hatte. Die Ostelite hat sich diskreditiert, aber die Westelite schießt ja aufeinander.‹ Ich war überzeugt, das war
kein Ossi, der geschossen hat. Die hätten ja schon ’89 auf die Demonstranten in Leipzig geschossen. Warum sollten sie jetzt noch schießen? Das System war tot. Die Logik habe ich nicht gesehen. Wenn sie das Ganze hätten aufhalten wollen, dann hätten sie ’89 geschossen, im Herbst.« 4
    Scheunert sagt dem Reporter weiter: »Wenn die aufeinander schießen, weiß ich nicht, ob ich in dem Land bleiben will. Ich brauche Vorbilder, ich muss mich ja an etwas ausrichten. Wir müssen hier ein Land aufbauen. Und ihr habt eure ideologischen Kämpfe und tragt die sogar mit der Waffe aus. Das hat mich sehr deprimiert und auch eine kurze Zeit schwer überlegen lassen, ob man dem Land nicht den Rücken kehren sollte. Aber ich hatte eine Familie, kleine Kinder, da ist so eine Entscheidung nicht so ganz einfach. Als junger, alleinstehender Mann hätte ich mich vielleicht entschieden, nach Tegel zu fahren und mich in ein Flugzeug zu setzen. Dieser Zustand hielt aber nur zwei, drei Tage an, und dann rollte schon wieder der

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