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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Cadrach auf.
    »Ach … hm …«, antwortete Simon verdutzt.
    Was hast du nun schon wieder angerichtet, du Tölpel – dich mit Leuten, die du kaum kennst, in ein Gespräch einzulassen! Denk nach, Mondkalb! Morgenes hat sich solche Mühe gegeben, dir klarzumachen, dass dies hier kein Spiel ist. »Ich hatte einen Auftrag … für jemanden in der Burg …«
    »Und da hast du beschlossen, das bisschen Geld zu nehmen, das dir übrig blieb, und in dem berühmten ›Drachen und Fischer‹ Rast zu machen«, Cadrach verzog das Gesicht, »und eine Kleinigkeit zu dir zu nehmen.« Bevor Simon ihn aufklären oder sich auch nur entscheiden konnte, ob er das wollte, fuhr der Mönch fort: »Was du aber tun solltest, ist, das Abendessen mit mir gemeinsam einzunehmen und mich die Rechnung bezahlen zu lassen – nein, nein, Junge, ich bestehe darauf! Es ist nicht mehr als gerecht, so freundlich, wie du dich einem Fremden gegenüber erwiesen hast.« Simon brachte kein Wort heraus, und schon hatte Bruder Cadrach ihn am Arm gepackt und in den Schankraum gezogen.
    Einige Gesichter wandten sich ihnen zu, als sie eintraten, aber niemand ließ den Blick länger auf ihnen ruhen. Der Raum war langgestreckt und niedrig und auf beiden Seiten von Tischen und Bänken gesäumt, die so weinfleckig, altersschwach und zerschnitten waren, dass nur die eingetrocknete Soße und das Fett, mit denen sie überreich bespritzt waren, sie zusammenzuhalten schienen. Ein rußiger, schwitzender Bauernjunge drehte eine Rinderkeule am Spieß und zuckte zurück, als das tropfende Fett die Flammen zum Aufzischen brachte. Für Simon sah dies alles wie im Himmel aus und roch auch so.
    Cadrach zog ihn zu einem Platz an der hinteren Wand; die Tischplatte war so rissig und löchrig, dass es Simon wehtat, als er seine zerschundenen Ellenbogen darauf stützte. Der Mönch ließ sich ihm gegenüber nieder, lehnte sich an die Wand und streckte seine Beine über die ganze Länge der Bank aus. Statt der Sandalen, die Simon erwartet hätte, trug der Mönch zerfetzte Stiefel, die vom Wetter und der starken Beanspruchung aufgeplatzt waren.
    »Herr Wirt! Wo seid Ihr, würdiger Schenk?«, rief Cadrach. Zwei Einheimische mit dichten Augenbrauen und blaurasiertem Kinn, von denen Simon hätte schwören können, sie seien Zwillinge, sahen vomNebentisch herüber, Missbilligung in jede Furche ihrer Gesichter geschrieben. Nach kurzem Warten erschien der Eigentümer, ein bärtiger Mann mit fassförmigem Brustkasten und einer tiefen Narbe über Nase und Oberlippe.
    »Ah, da seid Ihr ja«, begrüßte ihn Cadrach. »Seid gesegnet, lieber Sohn, und bringt uns zwei Krüge Eures besten Biers. Außerdem seid so gut und schneidet uns etwas von der Keule dort ab – und dazu zwei dicke Brotscheiben, um den Saft aufzufangen. Vielen Dank, junger Freund.«
    Der Eigentümer des Gasthofs zog bei Cadrachs Worten ein finsteres Gesicht, nickte jedoch kurz mit dem Kopf und entfernte sich. Dabei hörte Simon ihn »… Hernystiri-Lump …« murmeln.
    Bald kam das Bier, dann das Fleisch, dann weiteres Bier. Zuerst schlang Simon alles hinunter wie ein verhungerter Hund, aber nachdem er den ersten verzweifelten Heißhunger gestillt und sich im Raum umgesehen hatte, um sich zu vergewissern, dass niemand ihnen ungebührliche Aufmerksamkeit widmete, verlangsamte er sein Tempo und fing an, Bruder Cadrachs weitschweifigen Reden zuzuhören.
    Der Hernystiri war ein wundervoller Geschichtenerzähler, trotz seines schnarrenden Akzents, der ihn manchmal etwas schwer verständlich machte. Die Geschichte vom Harfner Ithineg und seiner langen, langen Nacht erheiterte Simon ungemein, obwohl er ein wenig schockiert war, sie ausgerechnet von einem Mann im geistlichen Gewand zu hören. Über die Abenteuer des Roten Hathrayhinn und der Sithifrau Finaju musste er so lachen, dass er sich Bier über das ohnehin schon bekleckerte Hemd spritzte.
    Sie hatten lange gegessen; das Gasthaus war bereits halb geleert, als der bärtige Wirt ihnen zum vierten Mal die Becher füllte. Mit weit ausholenden Gebärden erzählte Cadrach Simon von einem Kampf, dessen Zeuge er einmal in den Docks von Ansis Pelippé in Perdruin gewesen war. Zwei Mönche, erklärte er, hatten einander bei einem Streit, in dem es darum ging, ob unser Herr Usires einen Mann auf der Insel Grenamman auf magische Weise von der Verzauberung in ein Schwein befreit hatte oder nicht, beinahe bewusstlos geprügelt. Gerade an der aufregendsten Stelle – Bruder Cadrachwedelte bei

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