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Der dritte Berg

Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.F. Dam
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bereits weg, ich verfolge ihn nicht, ein riesiger Cumulonimbus …
    … worauf bald ein weiterer Donnerschlag an die Berge kracht. Durch die schwarzen Wolkenbäuche hallt er zurück. Ein majestätischer Blitzspeer zuckt weißgelb über die Hänge und die Felswände weiter oben, hinten, über dem Ende des Tals. Wie paralysiert warte ich auf den nächsten, noch kräftigeren Donnerschlag, der dann zwischen den unsichtbaren Gipfeln mäandert, als werde Sikkim von einem verrückten Geist durchkämmt; das Grollen verliert sich beinahe, springt abermals an einen Berghang, und erstirbt endlich oben auf den Halden.

BERGE WISPERN, FLUSS WISPERT, SIKKIM WISPERT , der Mond schwimmt in voller Größe am Himmel, bis sogleich wieder von einem Wolkenfinger Wolkengebäude aus meinem Bewusstsein getilgt. Eine leichte Brise trägt den Geruch von Feuchtigkeit zu uns. Nicht von Regen; vielleicht vom fernen Meer, oder von den Sümpfen Assams und Burmas dort im Südosten, von den schon monsunverheerten Gegenden.
    Gibt es dieses Burma im Südosten, das riesige Dschungelgrab meines Großvaters? Ich müsste mal nachsehen, es anfassen, und was bewiese meine haptische Realitätsvergewisserung? Wie viel Wirklichkeit können wir der Welt zuschreiben, was lässt uns bloß glauben, ist sie nicht mehr als eine Große Pragmatische Übereinkunft, von Erfolg mit Realitätsattributen versehen, funktioniert zu gut, um weggeworfen, als Illusion entkräftet … wer sagt uns, wir wären mit einem gut abgewogenen Zweifel an der erstbesten Wirklichkeit nicht besser dran, yepp, ist das eine europäisch-westliche Denkweise, gründet sie in der Struktur unserer Sprachen, wie sähe die Welt aus, hätten es die Shaiva-Brahmanen Südindiens, oder die Navajo-Indianer, oder die Lepchas, Weltentwürfe, wie viele Weltentwürfe, wie viele Welten …

    Die Sonne geht auf (welcher Tag ist es?), Sophia ist da, draußen ist es neblig-hell; wieder irgendein trugbildähnliches Weltwolkengebilde vor meiner Zeltplane meinem Bergfenster Ozeanfenster …

Die schwarzen Zungen

    I am the Lord of tempest and mountain,
    I am the Spirit of freedom and pride.
    Stark must he be and a kinsman to danger
    Who shares my kingdom and walks at my side.
    Sri Aurobindo

    An einer mit Gras und Hornmoos überwachsenen Felskanzel hält der Informant (er, der weiß) zum ersten Mal. Von dort oben haben sie Ausblick in ein tiefes, schlangenförmig gewundenes Tal. Wolkenkappen hängen mittlerweile nicht nur an den Gipfeln, sondern liegen selbst auf den Hügeln. Eile ist geboten. Den ganzen Tag schon haben sie die grauschwarzen Walzen des Nordostmonsuns vor Augen. Wie in der Ferne rasselnde, mächtige Panzerbrigaden. Der Informant will mit ihnen weiter hinab in den Südwesten. Er spricht nicht über die Route.
    Maettgen ist erschöpft. Zunächst dachte man daran, Maettgen im Tal zurückzulassen. Doch inzwischen ist man sicher, vorerst nicht mehr dorthin zurückkehren zu wollen. Nicht nur G.C . Mukherjee ist froh, das Tal mit der großen Deodarzeder schließlich gefunden zu haben. Die GPS -Geräte spielen dort verrückt, vielleicht wegen der Felshänge, und der Satellitenempfang ist schlecht. Und der Informant (er, der weiß), den sie seit langem so nennen, er lebt mittendrin in einer Hütte. Dieser sonderbare Fust überrascht Mukherjee immer wieder. Woher weiß er von diesem Tal, und woher kennt er die seltsame, dreitägige Route, die sie genommen haben?
    Die Stunden tropfen vorüber. Die Bäume, die Hänge, Hügel und Berge wechseln ihre Formen, als sie immer weiter marschieren. Während Mukherjee nun wiederholt Gedanken über Fust nachhängt – er weiß, dass Fust bewaffnet ist – und er am Ende doch nur zur selben Conclusio gelangt, dass er ihm nämlich trotz allem folgen muss, torkelt Christian Fusts Gehirn erneut durch die Möglichkeiten des Scheiterns. Verzweiflung ist in ihm. Hic mors gaudet succurrere vitae … und er marschiert durch sämtliche sieben Patalas , alle Höllen und Vorhöllen …
    Es beginnt zu regnen, Fust erschaudert. Vor kurzem haben sie die Talsohle erreicht. Die Träger beginnen bereits, das Nachtlager zu errichten. Nur sie sprechen untereinander, die anderen schweigen. Der Informant ist verschwunden, das ist ihm entgangen, und es versetzt Fust in große Unruhe. Doch kehrt er bei Einbruch der Dunkelheit zurück. Stundenlang sitzt Fust darauf wach in seinem Zelt, springt seinen Gedanken nach und führt seine Aufzeichnungen.
    Der nächste Tag beginnt mit Sprühregen und

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