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Der dritte Berg

Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.F. Dam
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setzen?
    Niemand aber ahnt, weshalb Christian Fust den Träger ermordet hat. Der Träger hat nicht aufbegehrt. Niemand weiß, dass Christian Fust dem Informanten nur seine Entschlossenheit vor Augen führen will.
    Am folgenden Morgen regnet es wenig, doch können sie im Gehen kaum die anderen vor sich erkennen, so dicht ist der Dunst. Der Informant teilt Fust mit, dass sie an diesem Tag ihr Ziel erreichen würden. »«, »am Abend«, sagt er auf Sanskrit. Ein etwas vereinfachtes Sanskrit ist die einzige Sprache, die der Informant verwendet, die Lingua franca der alten Einsiedler und Asketen. Er geht dicht vor ihnen. Der Nebeldunst schlägt in großen Fontänen aus dem Boden des Waldes hervor. Er erschafft eine entseelte, weiße Welt. Der wiedererstarkte Regen kann dem Nebel nichts anhaben, er nährt ihn, durchschlägt ihn, verwandelt ihn in wild sprühenden Rauch. Fust treibt die schwerbepackten Träger vor sich her. Nachts bindet er sie mit den Beinen an einen Baum, schlaucht die Stricke durch den Zelteingang und fesselt ihnen die Hände.
    Schon seit zwei Stunden steigen sie einen Berg hinauf. Sie müssen sich bereits im Singalila-Gebiet befinden. Die Vegetation ist hier dicht.
    Alle sind sie zerkratzt und wund und Maettgen ist immer noch da. Und Maettgen fragt sich, ob Schmithausen von den Proben weiß, Schmithausen, dieser Defätist. Doch ist er, Maettgen, am Ende glücklich, er hat Ángela, und er hat doch eine Aufgabe. Wenn er in dieser auch das gewaltige Rumoren fühlt; in den Eingeweiden der Zivilisation.
    Sie erreichen einen Höhenzug, der ihnen aber keinen Ausblick bietet, denn sie stehen in den Wolken selber. Eine Stunde später steigen sie die Flanke eines rinnenförmigen, langgezogenen Tals entlang. Und am Nachmittag hält der Regen abrupt inne. Gegen drei Uhr, Maettgen hat vor sich hin gesungen, hat seine blutenden Sohlen, den tauben Körper und alle Welteingeweide vergessen, macht sich eine schwere, reglose Stille breit. Maettgen bemerkt, dass selbst die Blätter, Nadeln und Blüten kaum noch tropfen. Der Informant ist weit voraus und bereits außer Sichtweite. Das obliegt aber Fusts Sorge. Er, Maettgen, er geht einfach, koste es, was es wolle. Und jetzt halten sie alle um ihn an. Sie lauschen. Auch Maettgen bleibt stehen. Die beiden Träger werden unruhig. Einer von ihnen gibt einen unterdrückten Laut von sich, dann lassen sie das Gepäck fallen und beginnen zu laufen, bevor Christian Fust seine Glock zur Hand hat. Ein vergeblicher Schuss knallt in den Wald. Der gar nicht mehr lautlos ist. Selbst Fust ist jetzt außerstande, sich von der Stelle zu rühren. Auch er muss lauschen. Auch er hört die Schritte der Geister. Winzige Füßchen, Münder, schieben sich millionenfach auf dem aufgeweichten Boden voran, hüpfen von Blatt zu Blatt, scharren auf den Steinen. Der Wald bewegt seine Hände, er zittert. Und als die ersten Schwärme der Blutegel die Beine der drei Männer erreichen, verstehen sie. Panik fliegt in ihre Gesichter. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlt auch Christian Fust sich kopflos. Maettgen erwacht aus seinem Delirium. Sie alle erkennen, dass jetzt nur noch Schnelligkeit sie retten kann. Als hätten sie den exakten Augenblick verabredet und zahllose Male geprobt, lassen sie gleichzeitig alles Gepäck fallen und rennen den Trägern hinterher. Die müssen wissen, wo es Rettung gibt. Doch wohl nur unten, in wegsamerem Gelände, an einem Bachlauf, dort unten, unten, wo die gierigen Mäuler keinen Zutritt haben. Als er den Hang hinabstolpert, erinnert sich Christian Fust alter Reiseberichte, verfasst zu Beginn des letzten Jahrhunderts, worin von den Schrecken der Egel während des Monsuns erzählt wird, im Süden Sikkims, in Nordbengalen. Diese Berichte hat er Mukherjee und Maettgen, der jetzt der Schnellste von ihnen dreien ist, vorenthalten. Sie sprechen von Myriaden von winzigen Schattenwesen. Und sie warnen vor einem fatalen Fehler. Welcher ist das gewesen? Es bleibt keine Zeit, dem nachzusinnen. Die Egel verfolgen sie. Sie reagieren auf die Geräusche, die Panik; sie kleben an ihnen, springen von Blättern und Blüten auf sie auf. Die Männer rennen durch das Dickicht hinab, schon lange gibt es keinen Pfad mehr, sie reißen sich die Tiere von den Händen, von den Unterschenkeln, vom Hals, ja selbst aus dem Gesicht und von den Hoden. Und als sie erschöpft unten ankommen, wogt ihnen der einstmals grüne Wald entgegen, lustvoll und durstig. Die dunklen Legionen dort oben sind ungeheure,

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