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Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. F. Dam
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diesem Augenblick läutet mein Telefon. Es ist Gabriela. Ich weise den Anruf sofort ab und schalte das Telefon aus.
    Â»Das wissen wir, zum Teufel«, sagt Fiala genervt. »Doch es bleibt uns noch ein anderes, na, Faktum.« Fiala steckt sich eine Zigarette an und blickt mir gründlich in die Augen. Ich hoffe, er lässt es bei einer bleiben. Meine Augen sind gegen Rauch empfindlich. Sind die Fenster geschlossen, habe ich stets Angst davor, der Raum könnte sich mit Qualm füllen und meine Augen könnten vor Schmerz explodieren.
    Â»Wir haben soliden Grund zu der Annahme«, sagt er, »dass Frau Chelseworth nach dem angeblichen Verschwinden von Herrn Fust noch Kontakt zu ihm unterhalten hat. Ich meine … so richtigen Kontakt.«
    Vor Schreck springe ich beinahe auf. Doch bevor ich Fragen formulieren kann, fährt der Kommissar schon fort.
    Â»Durch die DNS -Prüfung«, sagt er, »haben wir auch Spermaspuren von Herrn Fust gefunden. Auf einem Kostümrock, der in Frau Chelseworths Schrank hing. Als Vergleich nahmen wir Haar- und Hautproben aus seinem Haus.«
    Â»Die Spuren können doch sehr alt sein!«, sage ich. Sie waren also doch in Christians Haus.
    Â»Höchstens zwei Wochen vor Margaret Chelseworths Tod. Wenige Wochen alt, sagt unser Labor. Außerdem haben wir eine detaillierte Wäschereirechnung von Frau Chelseworth, vom achtzehnten März, und dieses Tweedkostüm, das Einzige aus Tweed, das wir fanden, ist darunter gewesen. Das macht, wenn ich richtig kalkuliere, mindestens neunzehn Tage nach seinem angeblichen Verschwinden! Ich meine, verdammt nochmal, nachdem er von Ihnen – oder von jemand anderem aus Ihrem Bekanntenkreis, von der Familie und von Mitarbeitern des Südasieninstituts – zum letzten Mal gesehen worden ist!«
    Dazu fällt mir nichts ein. Gar nichts.
    Fiala schwenkt Stuhl und grimmiger werdenden Blick langsam zu seinem Computer-Bildschirm hinüber.
    Â»Wir haben nichts als diese Listen. Niemand hat darin Anhaltspunkte finden können. Wir können bloß versuchen festzustellen, mit wem genau Frau Chelseworth in Heidelberg gesprochen hat. Könnte aber schwierig werden. Die Anrufe waren sehr kurz und daher wahrscheinlich nicht wichtig.«
    Â»Und der Inhalt der Mails?«, sage ich nun doch.
    Â»Den kennen wir natürlich nicht«, sagte Fiala. »Frau Chelseworths Computer hat der Mörder mitgenommen.«
    Â»Mörder?«
    Â»Mörder«, sagt Fiala hart. »Ein Mord steht so gut wie fest. Die Gründe für diese unsere Erkenntnis muss ich Ihnen allerdings vorenthalten.«
    Ich sehe mir Fiala lange an. Er hustet und nickt dabei vor sich hin. Es sind die Zigaretten, und auch die Wechselfälle des Kriminalistenlebens. Ich erhebe mich und schüttle Fialas Hand.
    Als ich schon zur Tür gehe, ruft mich Fiala zurück.
    Â» Atropa belladonna «, sagt er.
    Â»Wie?«
    Â»Sie wollten doch wissen, mit welchem Gift man Frau Chelseworth um die Ecke gebracht hat.«
    Â»Wollte ich das?«
    Â»Na, wie auch immer. Es war die Tollkirsche. Natürlich nennen es unsere Toxikologenfuzzis Atropa belladonna . Kein gewöhnlicher Giftmord, muss ich sagen. Die Wirkung ist bei dieser extrem hohen Dosis aber nicht viel anders als bei den schlimmsten Nervengiften. Das Ding mit der Acetylcholinesterase. Das heißt, Nervenverbindungen funktionieren nicht mehr und man stirbt im Grunde an der Unfähigkeit, ein weiteres Mal Atem zu holen.«
    Fiala denkt wohl nicht daran, wie nahe ich Maggie stand. Er wendet sich seinem Bildschirm zu, auf dem sich soeben eine Mail mit einem Klingeln bemerkbar gemacht hat.
    Unten auf der Straße schiebe ich mich tief in meine Jacke. Maggie hat nicht gelitten. Tollkirsche. Atropa. Das Bewusstsein versagt, lange bevor der Tod eintritt. Ein unsinniger Gedanke, mit dem ich mich zu betäuben und mit dem ich ein Bild in meinem Gehirn zu zerschlagen suche, das mir seit einer Minute die Kehle abschnürt: eine röchelnde, mit hilflosen Bewegungen um Hilfe bittende Maggie, deren Augen den ungläubigen Blick der überraschten Mordopfer annehmen und immer matter werden.
    Ich habe einmal Griechisch gelernt und es gemocht. Atropos ist doch eine Göttin, eine furchtbare, todbringende Schicksalsgöttin. Ich schalte mein Mobiltelefon ein und sehe im Netz nach. Mit der Göttin liege ich richtig. Und das Wort a-tropos selber heißt so etwas wie unabwendbar und schicksalhaft.

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