Der dritte Berg
in Gangtok zu leben.
Wie die Anzeige im Wagen vermeldet, ist die Temperatur auf neunundzwanzig Grad gefallen. An einer ersten gröÃeren Ansammlung von ärmlichen Läden am Stadtrand hält Sophia an und steigt aus. Sie kann viel besser Hindi als ich. Ich bleibe im Wagen, schlieÃe meine müden Augen und stelle meinen Sitz nach hinten.
Fünfzehn Minuten später kommt Sophia zurück. Sie ist von einem Laden zum nächsten gelaufen und hat Leute befragt. Nach Toyotas, nach bengalischen Kennzeichen, nach zwei älteren Europäern. Das Ergebnis ihrer Sammlung einander kaum widersprechender Aussagen lautet: Tags zuvor sind, wohl am Nachmittag, zwei schwarze Toyota-Geländewagen vorbeigekommen. Zumindest ein Europäer habe in ihnen gesessen, gemäà einer einzelnen Aussage auch zwei. Man habe kurz gehalten, und einer der Fahrer habe Wasser und Früchte gekauft.
Es ist bereits siebzehn Uhr dreiÃig. Die Sonne ist schon lange hinter den Bergkuppen verschwunden. Ich übernehme wieder das Steuer, und wir fahren ans andere Ende der Stadt. Dorthin, wo die StraÃe zum Tsangu-See und nach Lhasa führt. Dieselbe Prozedur. Aber niemand hat etwas gesehen. In diese Gegend kommen nicht viele Ausländer. Nach Tsangu, das an der tibetischen Grenze liegt, erhalten nicht alle Permits. Die andere gröÃere StraÃe ist jene nach Mangan. Es dunkelt bereits, als wir an diesem lächerlichen SträÃchen am Nordrand von Gangtok anlangen. Hier hat Sophia abermals Erfolg. Man hat die Toyotas gesehen. Christian und seine Partner wähnen sich in Sicherheit, sie unternehmen nicht mal den Versuch, unsichtbar zu bleiben. Sophia ist ganz aufgeregt, springt zurück in den Wagen. Sie will unbedingt weiter. Auf keinen Fall will sie in diesem hässlichen Gangtok übernachten (dabei ist Gangtok nicht hässlich).
Ein groÃer, schwarzer Tintenklecks fällt auf Sikkim herab, als wir uns bereits auf dem Weg nach Mangan befinden. Plötzlich ist es Nacht geworden. Es sind kaum vierzig Kilometer, aber wir benötigen auf dieser abenteuerlichen BergstraÃe über drei Stunden. Der Linksverkehr macht mir jedes Mal zu schaffen, wenn ich an einer Steigung mit der Handbremse anfahren muss. Müdigkeit schleicht in meine Glieder und friert meine Gedanken ein, meine Augen sind schlaff. Sie schmerzen aber nicht. Seit Wien habe ich kein Cortison mehr benötigt.
Von Mangan, der lächerlich kleinen Hauptstadt der Nordregion von Sikkim, bekommen wir kaum etwas zu sehen. Mangan besteht aus ein paar Gebäudegruppen, die sich mit Lichtern bemerkbar machen. In einer vollen Spelunke am StraÃenrand gibt man uns sogleich bereitwillig Auskunft. Jeder hat die Fremden gesehen. Sie haben wahrscheinlich sogar hier übernachtet. Die Touristensaison ist in diesem Jahr schon zu Ende. Keine der ohnehin spärlichen Trekkergruppen hält sich noch in den Bergen auf. Der Monsun naht. Jeder Fremde und jeder groÃe Wagen fällt auf. Es macht nun keinen Sinn, weiter auf der StraÃe entlang der Tista nach Norden zu fahren, in Richtung der Orte Chumthang und Lachung, wohin die schwarzen Toyotas unterwegs sind. Es gibt ein gutes Hotel hier, doch hat es in diesem Jahr schon geschlossen. Wir nehmen uns daher ein Zimmer in einer wilden Trekker-Absteige. Immerhin haben wir das einzige Zimmer im Haus mit eigenem Bad.
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»Mann«, sagt Sophia, als sie in den schmutzigen Raum tritt. »Da riechts aber.«
Wir stellen unser Gepäck ab und öffnen das Fenster. Sophia kramt in ihrer Tasche und fördert einen kleinen Flakon zutage, dessen Inhalt sie auf sämtliche Oberflächen versprüht. Dann zündet sie zwei uralte Kerzenstümpfe an, die auf dem staubigen Fensterbrett stehen.
»Ich bin glücklich«, sagt sie, wie nebenher.
Lange stehen wir schweigend am halboffenen Fenster. Wir betrachten die schwarzen Gebirgsschatten und hören dem Fluss dort weit unten zu; ich umfasse Sophia von hinten und lege meine Hände auf ihre Bauchdecke. Einen Augenblick lang glaube ich, weit über allen diesen nächtlichen Bergen zu schweben.
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Sophias Brustwarzen ziehen in dieser Nacht unpersönliche, winzige Schlingerkreise über mir. Ihre kleinen Brüste runden sich und nehmen Formen an, die den Brüsten von indischen Nymphen in den Nischen und an den Basreliefs der Tempel gleichen: mehr Gleichnisse als Brüste.
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Das Frühstück besteht aus Obst, Fladenbrot, Butter
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