Der dritte Berg
Artikel.
»Irre«, ruft Sophia erregt. »Der Jackpot der Geografie! Verstehst du? Terra incognita! Und keiner hatâs kapiert. Ich will auf der Stelle tot umfallen, wenn es nicht genau der Ort ist, zu dem Christian will.«
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Diese Nacht verbringen wir in Sophias Bett und beschlieÃen, es soll sich nicht wiederholen. Wieder ein langer, dünner, knochiger Körper. Sophia erzählt, sie sei ein schönes, langbeiniges Mädchen gewesen, sogar eine Modelagentur habe sie einmal angesprochen. Nur die roten Haare und die Sommersprossen, damals ⦠und ihr Interesse habe ohnehin viel mehr der Schule gegolten. Jetzt also friste sie ihr Leben in dieser »bekloppten Rumpelkammer von Südasieninstitut«.
IV
And at the foot of that mountain is a fair well â¦
Sir John Mandeville
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DAS VIERTEL LIEGT FAST SO STILL da wie beim letzten Mal. Die Mauer ist nur geringfügig mehr nach auÃen geschwungen. Gedämpfte Rasenmähergeräusche lassen Leben vermuten. Irgendwo plätschert etwas. Es riecht nach Jasminblüten, bestimmt auch nach Mohn, und nach frisch gemähtem Gras.
Ich lehne an der Mauer, Sophia steht am Eingang zu Mukherjees Haus, und ich warte auf das Geräusch von Mukherjees Tor, das sich zur Seite schiebt. Doch das Geräusch kommt nicht. Dafür aber kommt eine fröhliche bildschöne Sophia; ihre Hüften sind in der letzten Nacht beweglicher geworden. Sie winkt.
Seit dem Erwachen an diesem Morgen habe ich bloà noch ein Gefühl: Wut. Und einen Gedanken: Christian. Diese beiden haben selbst Sophia aus meinem Bewusstsein gedrängt. Und ich habe einen kleinen Plan ausgeheckt.
»Mukherjee und Christian sind weg«, ruft Sophia schon von weitem. Als sie bei mir ankommt, legt sie mir die Hand auf die Schulter. »Gestern Mittag. Sagt der Hausdiener. Wegen dem Monsun zwei Wochen früher als geplant.«
Ich knirsche mit den Zähnen.
»Reià dich zusammen. Wir müssen was TUN . Dafür brauchen wir einen klaren Kopf. Sie haben nicht Mukherjees Wagen genommen, dafür aber sind sie mit zwei nagelneuen schwarzen Toyotas abgedüst.«
» Geländewagen?«
»Mit Sonderausrüstung. Der Fahrer ist auch dabei, und der dicke, deutsche Professor .«
Erst jetzt denke ich wieder an die Karten und Daten in Dasguptas Büro, die Christian mit sich genommen hat. Er braucht sie für seine Reise, sie sind bestimmt genauer als alles, was er sonst kriegen kann.
»Also, wohin genau?«
»Hier gingâs nicht weiter«, sagt Sophia, »habe deshalb mit zweitausend Rupien rumgewedelt. Zwecklos. Der Hausdiener hat keinen Schimmer, der weià nur, dass Mukherjee in den letzten Tagen öfter mit Gangtok telefoniert hat. Hauptstadt von Sikkim. Und dann hat dieser Diener selber den Auftrag bekommen, Bergausrüstung zu kaufen, nach ganz detaillierten Listen, für vier Personen. Am Ende hat er alles in die Toyotas verstauen lassen.«
»Die Frage ist«, sage ich, »warum mit dem Wagen auf der StaatsstraÃe in den Norden? Man kann doch nach Baghdogra fliegen, und von dort mit dem Helikopter weiter nach Gangtok.«
»Denk doch mal nach«, sagt Sophia. »Flugzeuge und Helikopter hinterlassen eine Menge Spuren.«
Wir laufen zu unserem weiter vorne wartenden Taxi und fahren in die Stadt. In der Garuda Travel Agency im Zentrum besorgen wir uns Permits für Sikkim. Ich muss meinen Namen und drei mittelgroÃe Rupienscheine geltend machen, damit wir sofort Permits für ganz Sikkim, also auch für die Nordregion, erhalten. Für den Fall, dass wir sie brauchen.
Wir lassen uns zum Hotel fahren, packen unsere Sachen und checken aus. Dann zum Flughafen, wo wir eine Cessna nach Baghdogra nehmen. Als wir in Baghdogra landen, ist es vier Uhr. Wir mieten uns einen Geländewagen und fahren sofort weiter nach Siliguri, wo wir erst gegen zweiundzwanzig Uhr ankommen. Christians Vorsprung ist gewiss auf weniger als einen Tag zusammengeschrumpft. In dieser Nacht bleiben wir bei unserem Entschluss. Wir sind ohnehin zu müde. Früh am Morgen wollen wir uns daranmachen, Sachen für die Berge zu besorgen.
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Siliguri ist nicht wie Kalonagar. Es ist das wirkliche Indien. Siliguri tobt. Der Verkehr ist unübersichtlich und kennt nicht eine Regel, auÃer jener, ungeschriebenen, dass du teuflisch hupen musst, um zu überleben. Auf der Suche nach einem Trekker-Laden laufen wir vorüber an Shops für
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