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Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. F. Dam
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Ferngespräche, an schimmelnden Buchläden Gemüseläden Zeitungsständen Reisebüros Juwelieren Restaurants Straßenköchen Sarihöhlen. Beinahe fallen wir über einen Müllhaufen. Inder sind ja unzweifelhaft die reinlichsten Menschen der Welt, sie baden aber so oft und denken so viele Stunden täglich über die rituelle Reinheit ihres Lebens und ihres Mittagessens nach, dass sie keine Zeit mehr finden, auch noch hier draußen, da, wo Sophia und ich jetzt die dreckstarrende Straße entlanggehen, für Sauberkeit zu sorgen.
    Endlich finden wir den Laden, nach dem wir schon mehrmals gefragt haben. Wir besorgen uns ein Gerät mit Höhenmesser, Temperaturanzeiger und Kompass. GPS -Geräte haben sie keine. Wir kaufen ein kleines Zelt, Rucksäcke, Regenjacken, Pullover, Hosen, Mützen, Decken, Konserven, haltbares Brot, Süßigkeiten, Medikamente und Schuhe. Selbst eine Basisausrüstung zum Klettern packe ich noch dazu. Am Ende leihen wir uns zu einem horrenden Preis ein altes Satellitentelefon. In Sikkim gibt es zwar seit kurzem ein Mobiltelefonnetz, doch ist das bestimmt sehr lückenhaft.
    Ich laufe zurück zum Hotel, hole unseren Wagen und wir verstauen unsere Einkäufe. Dann nehmen wir noch ein Mittagessen zu uns.
    Â 
    Von Siliguri fahren wir direkt Richtung Sikkim, entlang der Tista, dem Fluss, der im Norden Sikkims, am Fuß des Kanchanjanghā, entspringt und bis weit hinab nach Bengalen fließt. Gewiss spürt Christian, dass wir ihm auf den Fersen sind. Er muss doch hören, wie die durch das verfrühte Kommen des Monsuns immer stärker werdenden Winde seinen Namen flüstern. Wie sie ihn zuweilen vom Meer ins Land hinein brüllen .
    Auf dem National Highway Nummer 60 kurven wir um Ochsenkarren und verrostete Busse herum. Die Temperatur hier im Landesinnern raubt uns fast die Sinne. Das Gras ist grünbraun und fahl. Staubige Dörfer und immer wieder Teiche. Der Wind bläst aus einem Hochofen hervor. Wir haben die Autofenster geöffnet, da die Klimaanlage versagt. Sophia lässt die Hand aus dem Fenster hängen. Ich muss ihr sagen, dass ich ihre Sommersprossen hübsch finde. »Du bist makellos«, sage ich. Silberdattelpalmen recken in langen Reihen, dann in kleinen Gruppen und als einzelne Fanale ihre Wedel in den wolkenlosen Himmel, dessen Gnade nicht ausreicht, um indische Landstraßen eben und befahrbar zu machen.
    Schmithausen ruft uns an diesem Tag mehrmals an. Er glaubt, wir seien zusammen im Hotel. Schmithausen sagt, er habe passable Hinweise darauf, dass Christian und seine Partner bald in die Berge aufbrechen werden – und erzählt uns alles, was wir schon wissen. Ich verspreche, mit ihm in Verbindung zu bleiben.
    Während des Gesprächs mit Schmithausen manövriere ich durch eine Herde von braunohrigen Schafen und Ziegen, die sich über die ganze Straße ergießt. Der bärtige Hirte winkt uns seelenruhig zu. Die Straße ist am Rand von dornigem Gestrüpp begrenzt, von trockenen Neembäumen und vom verschlungenen Astwerk alter Akazien. In den unteren Ästen stehen kohlschwarze Ziegen, wie Statuen.
    Bald ist die Landschaft hügelig; der Fluss wird immer steiniger und führt nur wenig Wasser. Bei Rangpo, an der Grenze zum Bundesstaat Sikkim, müssen wir unsere Permits vorweisen. Sophia übernimmt jetzt das Steuer. Es ist ein eigenartiges Gefühl, nun auf einer Straße zu fahren, die geradewegs hinauf nach Lhasa führt. Als gäbe es diese Stadt nur in Legenden.
    Schließlich tauchen die grünen Bergkuppen um Gangtok vor uns auf. Vor einer Weile schon ist es spürbar kühler geworden. Links und rechts der Straße liegen seit einer Stunde Obst- und Teeplantagen auf den Hängen, dazwischen Bambushaine, Kardamombüsche, riesige Magnolien, ein andermal einige Reisfelder auf Terrassen, und überall geduckte Bauernhäuser. Die fünf Gipfel des Kanchanjanghā, des dritthöchsten Berges der Welt, schweben irgendwo weit hinten (und vor allem: oben); sie sind im Dunst verborgen.
    Gangtok rückt deutlich ins Blickfeld, als wir über eine Kuppe kurven. Es ist eine etwas schiefe, kleine Stadt, die auf einem Hügel balanciert. Ein großer Teil von ihr scheint einen Berghang hinunterzugleiten. Hangrutschungen sind in Sikkim während des Monsuns fast alltäglich. Und im letzten Jahr gab es wieder ein großes Erdbeben. Ich bin an diesem Nachmittag froh, nicht

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