Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
Artesian gelebt und bei ihrer Rückkehr zur Independence war ihr von diesem Leben nichts geblieben als das neue, ungeborene Leben in ihrem Leib: Hocksters Kind.
Bald würde der Bauch sich wölben und jeder würde es sehen, wenig später würde die Schwangerschaft sie behindern. Die Crewmitglieder, allen voran Tira, würden versuchen, sie zu entlasten und zu unterstützen und der Neuaufbau der Söldner würde sich verzögern, vielleicht sogar scheitern. Madigan konnte Hocksters Kind nicht austragen.
Für den folgenden Tag stand die Operation an. Sie musste Doc Telure sagen, dass sie keine Betäubung wollte, die sie anschließend ans Krankenbett fesselte.
Madgian betrachtete den traurigen Rest Kaffee, der mittlerweile kalt geworden war. Sanft stellte sie den Becher auf den Tisch, erhob sich und machte sich auf den Weg in die Krankenstation. Sie weckte Doc Telure auf, der alles andere als erfreut war, sie zu sehen.
„Operieren Sie mich jetzt!“, verlangte Madigan.
„Wissen Sie wie spät – oh, natürlich wissen Sie das! Können Sie nicht wie jeder normale Mensch agieren, am Tag arbeiten und nachts schlafen? Sie interessiert es vielleicht nicht, aber wir alle hier mögen unser Privatleben und ganz besonders ungestörten Schlaf von ausreichender Dauer. Vergessen Sie es! Ich werde Sie jetzt nicht operieren.“
Madigan lächelte gewinnend.
„Nein, kommen sie mir nicht so.“
„Bitte, Doktor, es ist wichtig!“
Eine Stunden später war Madigans Schwangerschaft beendet. Sie weinte, als der Arzt ihr sagte, dass der Eingriff reibungslos verlaufen und sie und der Fötus wohlauf waren. Aber es war nicht Glück, das sie empfand.
Von all dem ahnte Naggit nichts, als er mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Flure der Independence jagte.
Das Flaggschiff der Söldner war wie geschaffen für derlei Zeitvertreib, die engen Kurven luden geradezu ein, Flugmanöver zu perfektionieren. Der kleine Drache raste im Tiefflug dahin. Plötzlich tauchten zweibeinige Hindernisse vor ihm auf.
„Platz da!“, rief er. „Drache im Anflug!“ Die beiden Litkov-Söldner sprangen zur Seite und verhinderten so gerade noch eine Kollision. „Guter Sprung, Soldat!“, lobte Naggit im Vorbeiflug. „Und die Kampfrolle erst – ausgezeichnet! Juhuuu!“
Naggit liebte es zu fliegen und wie so oft vermisste er den Wind seiner Heimat. Hier war alles steril, kalt und dunkelgrau. Aber dafür waren die schmalen Gänge eine wahre Herausforderung und er stellte sich ihr jeden Tag aufs Neue. Bislang war auch meistens alles gut gegangen, abgesehen von kleineren Verletzungen, verschütteten Getränken und Hechtsprüngen diverser Söldner zur Erhaltung der Gesundheit.
Drei Gänge und vier waghalsige Flugmanöver später war der Flur versperrt durch ein Schott. Naggit wollte die Flügel schon aufstellen, als ein weibliches Crewmitglied, ganz vertieft in die Angaben auf dem Datendisplay, aus einem Seitengang trat und den Sensor antippte. Das Schott öffnete sich und Naggit sah eine einzigartige Möglichkeit, die Rekordzeit von seiner Kabine zur Messe zu unterbieten. Er grinste, lange elfenbeinfarbene Zähne wurden sichtbar und er nahm wieder Geschwindigkeit auf. In diesem Moment und zu Naggits maßlosem Erstaunen schnippte die Frau ein zweites Mal gegen den Sensor und verschwand wieder in dem Seitengang, aus dem sie gerade gekommen war. Offensichtlich hatte sie ihre Meinung geändert, was schlecht war für Naggit, da das Schott nun wieder zuglitt. Doch so leicht ließ sich der auf Artesian geborene Drache nicht entmutigen. Herausforderungen waren da, angenommen und gemeistert zu werden. Schließlich hatte er als einziger Vertreter Burnyks gegen die Chetekken standgehalten, und zwar so lange, bis die Entsatztruppen eingetroffen waren. Da würde er ganz sicher nicht vor einem Schott aus massivem Stahl klein beigeben. Naggit bleckte die Zähne, schlug mit den Flügeln, dass sie unter seinem Rumpf aufeinandertrafen, und wurde noch schneller.
Not und Verderben, dachte er entsetzt, als er feststellte, dass das Schott ihn besiegen würde.
Er versuchte zu bremsen. Schließlich hing er an seinem Leben und trotz gegenteiliger Behauptungen vonseiten einiger weniger Litkov-Söldner war er in der Regel auch bei Verstand. Er streckte seine Beine vor, versuchte die Flugrichtung umzukehren, verlor schließlich die Kontrolle und rief, dass es in den Gängen nur so hallte: „Madigan! Hilfe! Tira! Irgendwer!“ Er trudelte und prallte hart gegen die
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