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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bloßen Haut richteten die Nesselfäden der Kreatur offenbar verheerende Schäden an. Erneut versuchte Skudder, irgend etwas hervorzubringen, hob dann statt dessen die Hand und gestikulierte heftig auf einen Punkt hinter ihr. Das Entsetzen in seinen Augen sagte genug. Charity ließ sich blitzschnell zur Seite fallen, schwenkte ihre Waffe herum und schob noch während der Bewegung den Energieregler bis zum Anschlag hoch. Als der Laser sich entlud, pumpte er im Bruchteil einer Millisekunde so viel Energie in den Körper der zweiten Amöbe, daß Charity ihr Apartment auf der Erde ein halbes Jahr lang hätte beleuchten können. Das bizarre Geschöpf flammte auf und zerfiel zu Schlacke, und Charity hatte gerade noch Zeit, die Arme schützend vor das Gesicht zu reißen, bevor die reflektierte Hitze über ihr zusammenschlug. Ohne den erbeuteten Anzug hätte sie wahrscheinlich nicht überlebt. Die Hitze strich über ihr Gesicht wie eine unsichtbare, weißglühende Hand, versengte ihre Haut und ließ ihre Augenbrauen zu Asche zerfallen. Es dauerte fast zehn Sekunden, bevor die Schmerzen so weit abgeklungen waren, daß Charity es wagte, die Augen wieder zu öffnen und sich aufzusetzen. Die Amöbe, auf die sie geschossen hatte, war vollkommen verbrannt, und Skudder hatte die letzten Sekunden dazu benutzt, seine eigene Waffe wieder aufzuheben und auch das zweite Monster zu erledigen. »Das war reichlich knapp«, sagte er. »Bist du verletzt?« Charity tastete mit den Fingerspitzen über ihr Gesicht. Ihre Haut fühlte sich heiß und trocken an. Sie würde wahrscheinlich ein paar hübsche Brandblasen bekommen, schien aber nicht ernsthaft verletzt zu sein. Sie schüttelte den Kopf. »Dann laß uns verschwinden«, sagte Skudder. »Bevor noch mehr von diesen Viechern kommen.« Charity versuchte es. Als sie ihr rechtes Bein belastete, explodierte ein grausamer Schmerz in ihrem Knie. Sie wäre gestürzt, hätte Skudder sie nicht blitzschnell aufgefangen. »Verdammter Mist!« fluchte Skudder. »Das hat gerade noch gefehlt! Was ist mit deinem Bein? Gebrochen?« »Ich weiß nicht«, stöhnte Charity. »Es tut höllisch weh.« Von Skudder gestützt, ließ sie sich an der Wand herab wieder zu Boden sinken und streckte das Bein aus. Der Schmerz in ihrem Knie pochte beinahe unerträglich. Skudder ließ sich vor Charity in die Hocke sinken und tastete schnell – und alles andere als vorsichtig – ihr Bein ab. »Gebrochen scheint es nicht zu sein«, sagte er.  »Wahrscheinlich gezerrt. Oder verstaucht. Wußtest du, daß das schlimmer weh tut als ein glatter Bruch?« Bildete sie es sich ein, oder war da tatsächlich ein leiser Unterton von Schadenfreude in seiner Stimme? »Hilf mir auf!« befahl sie. »Du bist verrückt!« sagte Skudder. »Du –« »Hilf mir, verdammt!« Skudder starrte sie eine Sekunde lang an, dann zuckte er mit den Schultern und zog sie reichlich unsanft in die Höhe. Der Schmerz trieb Charity die Tränen in die Augen, aber sie schluckte jeden Laut hinunter, biß die Zähne zusammen und stützte sich schwer auf Skudders Arm. Die ersten Schritte waren die Hölle, doch nach einigen Augenblicken wurde es besser. Skudders flüchtige Diagnose schien richtig zu sein. Ihr Bein war nicht gebrochen. Aber es tat höllisch weh. »Okay«, sagte Skudder nach einer Weile. »Wir spielen also die eiserne Lady, was? Meinetwegen. Hast du auch eine Idee, wohin du humpeln möchtest?« »Du hast das Ding doch selbst entdeckt.« Skudder lachte. »Es ist mindestens eine Meile weit! Das schaffst du nie!« »Dann laß mich hier«, erwiderte Charity. »Jemand muß herausfinden, was hier vor sich geht.« »Abgelehnt«, sagte Skudder. »Ich könnte es dir befehlen.« »Das könntest du«, sagte Skudder. »Aber es würde nichts nutzen.« »Skudder, sei vernünftig!« sagte Charity. »Wir wissen nicht einmal genau – paß auf!«  Die letzten beiden Worte hatte sie geschrien. Trotzdem kam die Warnung beinahe zu spät… Sie hatten eine Biegung des Grabens erreicht. Dahinter wartete eine weitere, diesmal viel größere Amöbe. Ihre zuckenden Tentakel verfehlten Skudder buchstäblich um Haaresbreite, doch Charity hatte nicht so viel Glück. Skudder prallte zurück und zerrte sie mit sich, und sofort wickelte sich einer der dünnen Fangarme um Charitys unverletztes Bein und hielt sie mit eiserner Kraft fest. Der doppelte Ruck brachte sie beide aus dem Gleichgewicht. Skudder fiel und riß Charity mit zu Boden. Sofort

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