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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Hauptstraße geschickt. Das Haus eines britischen Offiziers mit einer blühenden Hecke im Garten und Spitzengardinen an allen Fenstern. Mary schüttelte ungläubig den Kopf. Gott musste dieses Kind wirklich lieben, dass er es dem Tod entriss und ein weiteres Mal in gute Hände gab. Erst das Hausam Sloane Square und nun dieser Offizier. Man hörte Gutes von den Offiziershäusern, sie verteilten das Essen gerecht und achteten auf Sauberkeit – der beste Platz für ein junges Mädchen. Hin- und hergerissen zwischen Stolz und Neid, stand sie möglicherweise ein wenig zu lange vor dem Haus der Hathaways. Lange genug, um dem Konstabler aufzufallen, der sie von hinten antippte und ihren Passierschein sehen wollte.

8. Kapitel
     
     

     
    When age chills the blood, when our pleasures are past,
    For years fleet away with the wings of a dove,
    The dearest remembrance will still be the best
    Our sweetest memorial, the first kiss of love.
    (Lord Byron, The first kiss of love)
     
     
    Penelopes Wille zum Überleben wurde ein paar Tage später auf unheimliche Weise herausgefordert. Der Distriktkonstabler, ein gewisser Mr. Willis, stand plötzlich vor der Tür und verlangte, dass das Sträflingsweib Penelope MacFadden ihm unverzüglich für ein neuerliches Verhör zum Gerichtssaal zu folgen habe. Draußen wartete die Gerichtskutsche – ein schmuckloser schwarzer Kasten, wie ihn einst in London jeder in der Stadt kannte. Das Pferd scharrte wartend mit dem Huf.
    Mrs. Hathaway schaute irritiert drein. »Das ist unser Hausmädchen, Mr. Willis, das wissen Sie? Ich wüsste nicht, was unser Hausmädchen verbrochen haben –«
    »Der Richter Bent wünscht sie zu sehen, ich tue nur meine Pflicht«, unterbrach der Konstabler die Hausfrau ungeduldig, dann zog er Penelope aus dem Haus. »Nichts als Ärger mit diesen Sträflingen, Mrs. Hathaway. Erst vor zwei Tagen sind zwei Kettenkerle entlaufen – niemand weiß, wie sie sich aus den Ketten befreien konnten. Sie schlugen den Aufseher nieder und machten sich mitsamt seinen Waffendavon. Der Rest der Bande schweigt wie ein Grab – die halten alle zusammen, diese verdammten Iren.« Er rückte seinen Hut zurecht.
    »Mein Hausmädchen ist keine Irin, Mr. Willis.«
    »Aber die Entlaufenen, Mrs. Hathaway. Verfluchte Iren. Alles verfluche Iren. Sie könnten eines Tages auch bei Ihnen im Garten stehen und Ihnen die Kleider vom Leib reißen. Wenn Sie mich fragen, gehört dieses ganze irische Pack rüber nach Hobart verschifft, wo die Aufseher richtig mit ihnen umspringen. Dann ist Schluss mit Meuterei und Aufstand!«
    Mrs. Hathaway faltete die Hände vor ihrer Brust. »Man möchte meinen, diese bedauernswerten Menschen lernen in der Tat nichts als Schlechtigkeit auf ihrer armseligen Insel.«
    »So ist es«, bestätigte der Konstabler. »Nichts als Schlechtigkeit. Und nicht mal ihre Faulheit kann man aus ihnen herausprügeln. Aber wenn wir sie nicht fangen, tun es die Schwarzen. Und ich möchte dann nicht in ihrer Haut stecken.«
    Der Saal des Richters befand sich nun in einem Seitenflügel des neuen Hospitals jenseits von Hyde Park, wo langbeinige Pferde auf dem gepflegten Rennrasen ihre Runden drehten. Mr. Arthur verbrachte viel Zeit dort, obwohl er als »Verschiffter« kein eigenes Pferd besaß, aber unentwegt davon sprach und natürlich auch allerlei Wissen zur Pflege von gutem Geläuf beizutragen hatte. Die Kranken würden die Pferderennen aus ihren Fenstern mitverfolgen können, was er sehr begrüßte. Der Gebäudetrakt für die Kranken war im Gegensatz zum Gerichtstrakt noch lange nicht fertig. Der den Bau leitende Arzt Dr. Wentworth genoss zwar hohes Ansehen, Richter Ellis Bent besaß jedochdie besseren Verbindungen. Überall werkelten Sträflinge auf Leitern herum, klopften am Mauerwerk und schoben Dachziegel herum. Das Gebrüll der Aufseher hallte im Innenhof wider, wo Berge an behauenen Sandsteinen darauf warteten, zu weiteren Wänden vermauert zu werden. Müde Männer hockten im Schatten, ihre mageren Schultern sprachen von knapp berechnetem Essen in den Gefängnisbaracken oben am Berg, die Striemen unter den zerlöcherten Hemden von Begegnungen mit der neunschwänzigen Katze. Willis fluchte über die irischen Faulpelze.
    Richter Bent hatte erreicht, dass sein Flügel zuerst fertiggestellt wurde, man munkelte gar von einer Wette zwischen ihm und Gouverneur Macquarie. Wenn dem so war, hatte Bent sie in der Tat gewonnen: Der heutige Tag war der erste in den neuen Räumlichkeiten, ein

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