Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)
herauszufinden sein, wo Mary geblieben war!
Penelope begann sich im Haus Hathaway einzurichten. Der Alltag wiegte sie in Sicherheit und schläferte jegliche Pläne ein. Es gab Tee für die Dienstboten, gestärkte Hauben, ein sauberes Bett und ordentliches Essen. Sauberkeit, Friede und Nachtruhe nach Anbruch der Dunkelheit. Die Müdigkeit kam ganz von selber, sie kam im Gefolge jener Eintönigkeit, die auf merkwürdige Weise zufrieden macht. Penelope schlief jedenfalls so gut wie lange nicht mehr. Geschlagen wurde in Mrs. Hathaways Haushalt niemand. Nicht einmalder kleine John, der zum Leidwesen seiner Mutter neuerdings in den Garten pinkelte, und zwar so, dass Passanten ihm dabei zusehen konnten. Sie konnte ja nicht ahnen, dass Carrie es ihm vorgemacht hatte, genauso wenig wie sie ahnte, dass all die Schimpfworte aus Elsas rosigem Mund ebenfalls von dem Kindermädchen stammten.
»Hurenbock«, nannte Elsa den Nachbarn, Mr. Benhurst. Und sein Weib sei eine Dreckschleuder, ließ sie beim Spiel im Garten Vorübergehende freundlich wissen. Carrie senkte züchtig ihren hübschen Kopf, als Benhurst eines Nachmittags wutentbrannt das Haus Hathaway stürmte, um sich zu beschweren.
»Warum tust du das?«, fragte Penelope aufgeregt, als es im Haus immer lauter wurde und die Kinder vor dem Fenster kicherten. Carrie zuckte nur mit den Schultern. Dann lachte sie. »Irgendwas muss man doch gegen die Langeweile tun, findest du nicht?« Und ihre blitzenden Augen verrieten, welch diebischen Spaß es ihr bereitete, die feine Mrs., Hathaway zu ärgern.
Trotz gelegentlicher Zurechtweisungen durch die Hausherrin war Penelopes neues Leben wirklich angenehm. Sie hatte sogar eine neue Freundin gefunden, mit der sie nicht nur ein Bett unter dem Dach teilte, sondern auch alles, was diese bei ihren Raubzügen durch die unverschlossenen Vorratsschränke stahl – Konfekt, Mandeln, französischen Likör.
»Das nächste Mal bist du dran«, sagte Carrie mit vollem Mund und schenkte von dem Likör nach.
»Ich klaue nicht.« Penelope warf sich satt und zufrieden zurück in die Decke.
Mit beiden Händen strich sie sich über den Bauch. Ihre Hüftknochen stachen längst nicht mehr so spitz hervor wiein jenen Tagen, als der Schafhirte sie genommen hatte. Sie schloss die Augen und rief ihn sich ins Gedächtnis. Der Likör nahm sie auf leichte Schwingen und trug sie zu Joshua zurück, er sparte den Gestank und den Schmutz aus und ließ sie sich nur an den Mann erinnern. Nein, so übel war Joshua nicht gewesen. Er hatte sie nicht gedemütigt und auch nie geschlagen. Der süße Likör strich ihre Erinnerungen glatt. Wäre Joshua nicht jedes Mal danach zu seinen Schafen gegangen, wäre er vielleicht ein passabler Mann gewesen. Sie träumte mit offenen Augen vor sich hin, spielte mit den Erinnerungen an graue Augen, rote Haare und Erfüllung, und die Sehnsucht war wie ein Bonbon im Glas auf der Anrichte. Manchmal stahl sie eines und genoss die cremige Süße …
Sie träumte von einem, mit dem man auf das Ende der Strafe wartete, mit dem man gemeinsam einen Löseschein beantragte und an einer Zukunft arbeitete. Von einem, der einem Geschichten erzählte. Der einen zum Lachen brachte. Den man vermisste, auf dessen Heimkehr man sich mit Herzklopfen freute. Ein Mann, der sanfte Gedanken herbeizaubern konnte.
Vielleicht war das mit dem passablen Mann auch viel einfacher. Es reichte, wenn er dafür sorgte, dass man nicht alleine in die lange Nacht gehen musste. Sie seufzte. Das hatte Joshua Browne gekonnt. Aber danach war er immer zu seinen Schafen gegangen. Und sein Weib wartete daheim in Irland auf ihn. Selbst wenn er die Schafefickerei aufgegeben hätte, wäre er nicht frei für sie gewesen.
Gar nicht so einfach, die Sache mit der Zukunft. Das Leben kam ihr vor wie ein Garnknäuel, dessen Anfang man nicht fand. Hatte man den Faden erst gefunden, konnte man das Knäuel langsam abwickeln … und am Ende deslangen Fadens vielleicht die Freiheit finden. Jeder hatte unterwegs die Möglichkeit, sich aus dem Faden etwas zu häkeln. Und mit einem Ziel vor Augen würde man sein Zuhause schon finden, hatte Bernhard Kreuz gesagt. Aber ein Ziel brauchte einen Namen.
Sie begriff, warum der deutsche Doktor so verloren gewirkt hatte.
»Warum suchst du dir eigentlich keinen Mann?«, fragte Carrie unvermittelt. »Es gibt genug von ihnen, und wir sind jung. Du brauchst einen Mann, wenn du was werden willst, Penny.« Ein zufriedenes Lächeln erschien auf ihrem
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