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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Reverend ihm ob seines evangelialen Eifers suspekt war.
    Penelope erinnerte sich an Marsden vor allem als den prügelnden Pastor. Als sie ihm das erste Mal den Suppenteller vorsetzen sollte, spuckte sie noch in der Küche kräftig hinein. Die Köchin sah das und fing an zu lachen.
    »Wart ihr mal ein Paar, du und der Reverend? Oder war er der Dritte im Bunde? Hat er deinen Liebsten verprügelt?« Penelope drückte sich grimmig an ihr vorbei, doch Mrs. Macquarie, die auf dem Weg in die Küche war, nahm ihr den Teller im Vorübergehen aus der Hand. Mit der anderen packte sie ihren Arm und zwang sie in die Ecke neben den Ascheeimer, und für einen kurzen Moment erwartete Penelope einen Schlag ins Gesicht. Doch Elizabeth schlug nicht, sie wusste sich so auszudrücken, dass man auch ohne Schläge verstand. Penelope hatte ihre Stimme noch niemals zuvor so ärgerlich gehört.
    »Hör mir genau zu, Mädchen. Die Dinge sind so, wie sie sind. Ich bin frei, du bist es nicht. Niemand hier fragt, warum du nicht frei bist. Und niemand fragt, was in deiner Vergangenheit geschehen ist. Du bekommst Arbeit und Brot. Der Preis dafür ist, dass du dein Gestern vergisst.« Ihre Augen blitzten vor Ärger. »Ich weiß, dass hier jeder gegen irgendwen einen Groll hegt, ungerecht behandelt wurde, ausgepeitscht, bestraft. Das ist der Erdboden unserer Kolonie, darauf soll ein neues Land wachsen. Unsere einzige Möglichkeit, in Frieden miteinander zu leben, besteht darin zu vergessen. Verstehst du mich?«
    Penelope musste nie wieder die Herren bedienen, die an Lachlan Macquaries Tisch saßen.
     
    Die Gouverneursgattin wusste es mit großem Geschick anzustellen, dass Regierungsgeschäfte und Männerthemen keinen Eingang in Küche und Unterkünfte fanden.Dass Macquarie sich mit Mitgliedern des ehemaligen Rum-Corps stritt, die seinen Vorgängern das Leben schwergemacht hatten, dass er mit den Ärzten erbittert über das Alkoholproblem diskutierte und Betteleien wegen Geld abblockte, blieb alles in seinem Salon hinter verschlossener Tür. Nur Elizabeths Gesicht wurde immer sorgenvoller und ihr Hass auf den Rum immer größer.
    »Ein Teufel ist dieses Getränk!«, schimpfte sie einmal, als die Köchin in der Ecke lag, weil sie ihre Ration auf einmal heruntergekippt hatte. »Ein Teufel, der das menschliche Antlitz frisst – und der, der die Rumrationen erfunden hat, ist ebenfalls ein Teufel!«
    Zusammen mit Penelope schleifte sie Theresa aus der Ecke und goss ihr einen Eimer Wasser über den Kopf. »Am liebsten würde ich dieses Getränk in meinem Haus verbieten«, schimpfte sie, »es gehört nicht in die Ration, es gehört nicht in den Mund von Frauen und schon gar nicht in diesen Mengen!«
    »Madam, der Rum hilft so manchem, sein Schicksal zu ertragen«, wagte Penelope einzuwerfen, doch damit machte sie Elizabeth noch zorniger. Die Gouverneursgattin fuhr hoch und stellte den leeren Wassereimer so heftig ab, dass die Köchin aufschreckte.
    »Der Rum, meine Liebe, begräbt dich in deinem Schicksal. Er verhindert, dass du deinem Schicksal ins Auge schaust und dir überlegst, was du wohl ändern kannst, damit es besser wird. Der Rum ist nicht dein Freund – er ist dein Feind, und er kostet dich das Leben! Schau sie dir doch an, die Kreaturen draußen am Hafen! Schau sie dir an in den Straßen, in der Fabrik, wie sie sich gehen lassen und jedes menschliche Antlitz verloren haben, vom Suff, vom Selbstmitleid. Schau sie dir an!«
    Penelope dachte, dass Mrs. Macquarie wohl noch nie in ihrem Leben betrunken gewesen sein konnte, denn sonst würde sie wissen, welch freundliche Gabe der Rausch sein konnte. Und natürlich war ihr auch das Gefühl der Hoffnungslosigkeit fremd, aus dem heraus man den Rausch herbeisehnt. »Das Schicksal hat bisweilen kein menschliches Antlitz«, sagte sie daher. »Da ist es besser, ihm gar nicht erst ins Gesicht zu schauen.«
    Eine ganze Weile schwiegen sie, und Penelope spürte, wie Elizabeth ihr Gesicht studierte. Im Halbdunkel der Küchenecke konnte sie ihre Augen nicht erkennen, aber sie nahm ihr Zögern wahr. Elizabeth hatte ihr verboten, über die Vergangenheit zu sprechen. Vielleicht war sie nun doch neugierig, mehr darüber zu erfahren, und wollte verstehen, warum Menschen sich dem Rausch ergeben. Doch würde sie niemals begreifen, wie jene Einsamkeit schmeckt, die Penelope im Zelt des Schafhirten zu Boden gedrückt hatte und die am Abend die Zeit bis zum Morgen hatte endlos erscheinen lassen.
    »Vielleicht hast du

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