Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)
begrüßt – man kannte sie hier draußen als die Frau, die täglich den Herrn lobte, weil sie den schrecklichen englischen Regen los war. Sie war eine eifrige Gärtnerin und verfolgte voller Leidenschaft die Idee, aus Gras Heu zu machen und dem Vieh zu füttern, um im Winter die Weideflächen zu schonen. Zusammen mit Elizabeth MacArthur, die ganz in der Nähe lebte, hatte sie in diesem Jahr schon einen ersten Ernteversuch gestartet und war mit dem Ergebnis zufrieden.
Es gab also immer etwas zu bestaunen, und ein bisschen neidisch war Penelope durchaus, weil sie aufgrund ihrer Sehschwäche nicht viel davon teilen konnte. Doch ließ man sie höflicherweise nicht alleine, denn es gab als Nachbarn der Brownes auch allerhand Amüsantes zu berichten. Von der unvorstellbaren Pracht der Einrichtung und dass der Kaufmann seinen Hausrat mit mindestens zwei Schiffen von Indien herübergeschafft haben musste. Von edlen goldverzierten Stoffen, die meterweise – und vollkommen nutzlos, wie Mrs. Treskoll beteuerte – in den Räumen herumhingen. Von geschnitzten Rosenholztruhen voller chinesischem Porzellan, ein jeder handbemalte Teller das Geschenk eines mächtigen Mannes. Und auch von indischen braunen Männern, die halbverhungert ihrer Arbeit nachgingen, aber in dem Zustand weitaus mehr aushielten als englische Sträflinge, die bei der kleinsten Belastung zusammenbrachen.
»Diese Schwarzen arbeiten einfach weiter – ob man ihnen was zu essen gibt oder nicht«, erzählte Mrs. Treskoll verwundert. »Und sie wehren sich nicht. Wissen Sie, diesen Iren geben Sie doch einmal verschimmeltes Brot, und sofortzetteln sie eine Rebellion an, klauen Flinten und Mistgabeln und marschieren nach Constitution Hill, um die Macht zu übernehmen.« Sie kicherte albern. »So war es doch jedes Mal. Wir hatten genug Iren und nichts als Ärger mit ihnen. Diese braunen Männer hingegen …« Sie nahm noch ein Törtchen.
»Und sie sehen ja nicht mal so furchterregend aus wie die Schwarzen, die sich hier in den Büschen verstecken. Manche sind sogar, nun ja, hübsch könnte man sagen. Wenn sie nicht so braun wären.« Sie lächelte und aß ihr Törtchen in zwei Bissen. »Wissen Sie, als meine Köchin krank war, gab William mir eines seiner Mädchen. Ich sag Ihnen, das war eine erholsame Woche. Pünktlich stand das Essen auf dem Tisch, sie konnte ordentlich kochen, und Widerworte gab es nicht! Leider wollte Catherine sie wiederhaben – ich hätte sie ihr glatt abgekauft. Aber da sie auch noch außerordentlich hübsch war, kann ich verstehen, dass William … nun, Sie wissen ja, wie leidend Mrs. Browne im Allgemeinen ist.«
Penelope war froh, als man nach dem Tee in den Garten gehen durfte, sie konnte das Getratsche kaum noch ertragen. Bernhard nahm ihren Arm und sorgte dafür, dass sie von dem üppig angelegten Grundstück die buntesten Ecken zu sehen bekam. Sie wusste, dass er sich um ihr schwindendes Augenlicht sorgte und sie gelegentlich auf die Probe stellte, um zu erfahren, wie viel sie noch erkennen konnte. Immer wieder fing er von der Operation an, doch sie wollte davon nichts wissen. Noch sah sie ja genug, und an seiner Seite fürchtete sie nicht einmal die Dunkelheit.
»Eigenartig, so viele Speisen aus England zu essen, findest du nicht?«, riss er sie aus ihren Gedanken. »Der Major muss wirklich wohlhabend sein, dass er sich Salzfischaus England kommen lässt.« Der Salzfisch war schmackhaft gewesen, sie hatte ihn seit vielen Jahren nicht mehr gegessen. Daheim in London kaufte man ihn unten an der Themse.
»Mrs. Treskoll erträgt vermutlich nicht, das Gleiche zu essen wie wir Sträflinge –« Nun war es ihr doch über die Lippen gerutscht. Dabei war sie ja seit ihrer Hochzeit kein Sträfling mehr.
»Na …« Er schüttelte sie sanft.
»Es ist wirklich so«, beharrte sie. »Die Nachbarin von Mrs. Paterson serviert keinen frischen Fisch, weil so was ja nur Sträflinge essen. Mrs. Paterson sagt, dass sie ein Vermögen dafür ausgibt, ihre Küche mit englischen Waren zu bestücken, und ihr Salzfisch in der Tonne hinterm Haus sei einen weiten Weg geschwommen.«
»Das ist hier ja auch Klein-England.« Er lächelte. »Es braucht englischen Kabeljau. Warum vermisse ich eigentlich meinen deutschen Kuchen nicht? Ist etwas mit mir nicht in Ordnung? Mit dem nächsten Schiff sollten wir welchen aus Hamburg bestellen.«
Sie wanderten Hand in Hand weiter durch den Garten und fühlten sich beide ein wenig fremd.
Vor einem Pfirsichbaum hielt
Weitere Kostenlose Bücher