Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga
Elizabeth strahlte. »Er arbeitet so hart daran, diese Kolonie in ein richtiges Land zu verwandeln.«
»Ich hörte von seinen Plänen, Münzen zu prägen. Das wird ein wichtiger Schritt – vielleicht der wichtigste überhaupt. Der Rum wird uns nicht weiterbringen – der Rum wird nur die Armen noch ärmer machen.«
»Und betrunkener.« Elizabeth nickte.
»Und sie verlieren immer mehr die Fähigkeit, nach vorne zu schauen – ein schlechtes Fundament, um ein starkes Land zu erschaffen.«
Penelope spürte seinen Blick und dass er eigentlich etwas ganz anderes wollte. Plötzlich stand er auf und schritt unruhig im Raum umher. »Heute Morgen sind wieder drei Männer ausgepeitscht worden. Das Gericht hatte sie wegen Diebstahls zu je hundert Hieben verurteilt. Einer von ihnen war in so schlechtem Zustand, dass ich fürchte, er wird nicht überleben. Der diensthabende Mediziner hat nichts unternommen und die Auspeitschung durchgewinkt, weil Richter Bent ihn sonst nicht bezahlt hätte. Mit einer Gallone Rum natürlich. Unglaublich. Hört das denn niemals auf …« Er trank sein Glas aus. »Ich will Sie nicht langweilen, Madam. Es war mir ein Anliegen …«
»Ich bin sicher, der Gouverneur wird sich über Ihre Gegenwart beim morgigen Dinner freuen«, sagte Elizabethmit sanfter Stimme. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, mit Exsträflingen an einem Tisch zu sitzen?«
Kreuz lachte leise. »Keineswegs, Madam. Im Gegenteil, es wird mir eine Ehre sein, zu dieser Runde gehören zu dürfen. Es sind die Männer, die Aufbauarbeit leisten. Ich habe mein halbes Leben damit verbracht, Kriegswunden zu versorgen und Männern beim Sterben zuzuschauen. Ich bin nach New South Wales gekommen, um dem Leben zu dienen. Ein Diener des Todes war ich viel zu lange.«
»Sie sind uns sehr willkommen, Doktor.«
Elizabeths Lächeln zauberte Freude in den Raum, und vielleicht war das die letzte Zutat, die Kreuz gefehlt hatte, um seinen Besuch so zu beenden, wie er es vorgehabt hatte.
»Madam, ich möchte mit Penelope sprechen. Erlauben Sie?«
Die Worte schwebten durch die Luft und sanken vor ihr nieder. Er hatte einladend die Hand nach ihr ausgestreckt. Zu lächeln schaffte er jedoch nicht. Beklommenheit kroch in ihr Herz. Die ganze Zeit hatte sie seiner Stimme gelauscht und sich sicher gefühlt. Nichts Schlimmes würde geschehen, dafür würde er schon sorgen.
»Komm.«
Penelope drehte sich nach Elizabeth um. Die lächelte ihr nur zu und nickte. Penelope schnitt den Faden durch. Lautlos fiel der fertige Spitzenkragen auf den Tisch, sie stand auf und ergriff Bernhards Hand.
Nebeneinander gingen sie in den Herrensalon, wo Ernestine Bücher ins Regal schob und die Flügel der Nordfenster öffnete, damit die kühle Abendluft hereinkommen konnte. Kreuz ließ ihre Hand los. Er setzte seinen Hut auf den Stuhl neben der Tür, als ob er verhindern wollte, dass er ihn vergaß. Dann stand er ein wenig verloren im Salon herum.
»Haben Sie genügend Ziegenmilch für das Kleine?«, versuchte Penelope das Gespräch in Gang zu bringen. Die Frage nach dem Kind brannte ihr die ganze Zeit auf der Zunge, doch hatte sie es nicht gewagt, sie zu stellen. Der Doktor sah überarbeitet aus, das alte Hospital platzte aus allen Nähten, und die Zustände im neuen Hospital, so hörte man, waren weiterhin unbefriedigend, weil aus Mangel an Fachkräften zum Teil sogar die Ärzte mit Bauarbeiten betraute Sträflinge beaufsichtigen mussten. Die Zeit fehlte für die Patienten – oder man hängte sie an den langen Arbeitstag dran, wie Redfern und Kreuz es taten. Viele in Sydney hielten die beiden für verrückt, doch Penelope wusste, dass der Gouverneur genau deshalb große Stücke auf sie hielt.
»Penelope.« Kreuz kam einen Schritt auf sie zu, dann blieb er stehen, von unsichtbarer Macht zurückgehalten. »Penelope, heirate mich.«
»Was …« Sie starrte ihn an. Er stand nah genug, dass sie seine Züge scharf erkennen konnte.
Er tat einen weiteren Schritt. »Ich bin kein Mann großer Worte, Penelope. Heirate mich.« Er stockte. Sie fühlte, wie eine tiefe Röte ihr Gesicht überzog und ihr ein Kleid aus Hitze überwarf … Sein Gesichtsausdruck spiegelte hilflose Verzweiflung, ihm schienen wirklich die Worte zu fehlen.
»Ich alter Narr, ich habe im Krieg Männern zerfetzte Beine abgesägt«, sprudelte es mit einem Mal aus ihm heraus, »und Kugeln aus dem Fleisch geholt und Tote weggetragen. Doch hier stehe ich nun und weiß nicht, wie man’s macht.« Er versuchte ein
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