Der Duft des Apfelgartens
Gemeinschaft bewohnt, geht nach Süden hinaus, wo der Küchengarten liegt; und sie kann gerade eben ein Licht in dem Wohnwagen erkennen, der in der Ecke des Obstgartens steht. Janna ist schon wach. Vielleicht plant sie das Mittagessen. Schwester Emily rückt ihren Schleier zurecht, lächelt leise vor sich hin und tritt hinaus auf den Gang.
In ein Umschlagtuch gehüllt, sitzt Janna in ihrer Schlafkoje, trinkt Tee und denkt über den Tag nach, der vor ihr liegt.
»Wir machen das gemeinsam«, hat Dossie versprochen, als Janna ihr ihre Ängste eingestand. »Und wenn wir einmal dabei sind, füllen wir den Tiefkühlschrank. Wenn Sie neben allem anderen auch das Kochen bewältigen sollen, brauchen Sie ein paar Mahlzeiten, auf die Sie zurückgreifen können. Sie sagen mir, wie hoch Ihr Budget ist, und wir gehen zusammen einkaufen. Das ist kein Problem. Vermutlich essen die Schwestern nicht viel, oder?«
»Schwester Nicola und Schwester Emily essen gern, auch wenn Schwester Nicola nicht wirklich eine Ahnung hat, was sie zu sich nimmt«, erklärte Janna ihr. »Mutter Magda ist Diabetikerin, und Schwester Ruth ist eine heikle Esserin, weil sie einen empfindlichen Magen hat.«
»Also kein besonders großes Essen. Nur die vier Schwestern.«
»Vater Pascal bleibt nach dem Abendmahl noch. Und an Festtagen laden die Schwestern Clem und mich ein, im Refektorium mit ihnen zu essen.«
»Okay. Wer erledigt die Einkäufe?«
»Früher Mutter Magda, aber in letzter Zeit überlässt sie das gern mir. Ich hole auch ihre Rente, Medikamente und solche Sachen für sie ab. Sie schreibt mir alles auf. Natürlich baut Clem den Großteil des Gemüses selbst an, und die Eier stammen von unseren Zwerghühnern.«
»Okay«, sagte Dossie noch einmal.
Janna beobachtete Dossie, die mit gesenktem Kopf Menüs durchkalkulierte, und überlegte, wie sehr Dossie Clem und Jakey ähnelte: das silberblonde Haar, die schmalen dunkelblauen Augen, die manchmal braun wirkten, lächelnde Augen, doch ein ernster Mund. Auch Mo sah so aus.
»Warum haben Sie eigentlich alle so witzige Namen?«, fragte sie Dossie. »Mo, Pa, Dossie. Sogar Jakey und Clem benutzen sie, statt Mum oder Grandma und Grandpa zu sagen. Ich habe einen Freund, der seinen Vater immer mit dem Vornamen anspricht, weil er es gehasst hat, wie seine Mutter von ihm als ›deinem Vater‹ gesprochen hat, aber die Eltern waren auch geschieden. In Ihrer Familie haben alle so komische Namen.«
»Ich heiße eigentlich Theodosia, nach meiner Großmutter, die sehr früh gestorben ist«, antwortete sie. »Doch ich bin immer Dossie gerufen worden, sogar in der Schule und auf dem College, und Clem hat das einfach aufgeschnappt, als er klein war, weil die Gäste in der Frühstückspension mich so angesprochen haben. Mo kommt von Mollie und Pa von Patrick. Pa hat in Exeter Bergbau studiert; er ist Bergbauingenieur. Die beiden haben sehr jung geheiratet, als Pa noch an der Camborne-Akademie war, und sie hatten eine kleine Wohnung in der Stadt. Das war so eine Art Witz unter Pas Freunden; als wären er und Mo verantwortungsvoller und erwachsener, weil sie verheiratet waren. Seine Freunde pflegten zum Abendessen zu kommen, als besuchten sie ihre Eltern, und so sind sie einfach Pa und Mo geworden. Am Anfang war es nur ein Scherz, aber es ist dabei geblieben. Uns gefällt es, auch wenn manche Leute es ein bisschen merkwürdig finden. Vielleicht neigen wir einfach dazu, Menschen Spitznamen zu geben.«
Janna trinkt ihren Tee aus und klettert bibbernd aus ihrer Schlafkoje. Durch den Nordostwind ist es sehr kalt. Obwohl ihr kleiner Gasofen hell brennt, kommt ihr der Wohnwagen mit einem Mal sehr klapprig vor. Rasch zieht sie sich an: Thermo-Unterwäsche, einen langen, dicken Cordrock von der Farbe zerdrückter Himbeeren, mehrere Pullover. Dossie hat für Lichtmess eine köstliche Kreation aus Entenbrust und einer reichhaltigen Soße zubereitet; alles ist fertig, sodass Janna das Gericht nur noch in den Ofen schieben muss. Sie wird Kartoffeln und Pastinaken dazu braten, und Clem hat ihr Brokkoli versprochen. Pa hat ihnen zu Weihnachten eine Kiste Wein gespendet. Soll sie zur Ente Rot- oder Weißwein servieren? Sie muss Clem danach fragen.
In der Bibliothek, wo die Schwestern ihre Kapitelversammlungen abhalten und an kalten Winternachmittagen mit den Besuchern, die sich zu ihnen herauswagen, Tee trinken, hat Clem bereits das Kaminfeuer angezündet. Der große Raum in der Nordwestecke des Gebäudes braucht lange, um
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