Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
Vom Netzwerk:
aufgerissenen Augen ernst in den hallenden Abgrund hinunterschaut.
    An ihrer windgeschützten Stelle sitzt sie in der Sonne, lehnt sich an den Fels und zieht ihren kleinen Proviant hervor: ein paar Nüsse und Rosinen und ein Stück Schokolade. Clem nimmt immer einen Rucksack mit Saft und einem Sandwich für Jakey und einer Thermosflasche mit heißem Kaffee mit, den er mit ihr teilt, und vielleicht auch einem Leckerbissen, den Dossie bereitet hat. Ihre Picknicks sind stets ein Gedicht.
    Janna schaut nach Norden, nach Gunver Head, und sieht zu, wie die Möwen aufsteigen und im Sturzflug wieder herunterkommen. Wie einfach alles wäre, wenn ich mich nur in Clem verlieben könnte!, denkt sie.
    Sie liebt ihn schon, aber das ist das gleiche Gefühl, das sie für Nat empfindet; so wie eine Schwester vielleicht einen älteren Bruder liebt, doch ohne Geschwisterrivalität und Eifersucht. Ihre Liebe zu Clem ist unkompliziert und kostbar. Genau wie bei Nat, der sich mit seiner Sexualität herumgeschlagen hat, beschäftigt Clem sich in Gedanken mit etwas anderem, seiner Berufung und der Frage, ob er weiterstudieren und die Priesterweihe ablegen soll und ob sein Glaube an seine Berufung stichhaltig ist. Ihre Liebe zu Clem – und zu Jakey – birgt keine schwere Verantwortung; die beiden haben schließlich noch Dossie und Mo und Pa und Vater Pascal und die Schwestern.
    Janna isst ihre Schokolade auf, leckt sich die Finger und denkt über sie alle nach. Bei den Schwestern liegen die Dinge anders als bei Clem und Jakey. Ohne Penny sind sie jetzt auf sie angewiesen. Obwohl sie so hart im Nehmen und unabhängig sind, brauchen sie sie. Jedenfalls, sagt sie sich, brauchen sie irgendjemanden. Dieser Jemand muss nicht unbedingt sie, Janna, sein. Aber sie liebt sie auch, und es wird ihr nicht leichtfallen, sie zu verlassen, wenn es so weit ist.
    Sie steht auf, und sofort dringt der Wind scharf auf sie ein, sobald sie den Schutz der Felsen verlassen hat. Einen Moment lang sieht sie sehnsüchtig nach Westen, in Richtung Mother Ivey’s Bay und Trevose Head, doch sie weiß, dass sie zurückgehen sollte. Sie dreht sich um, und augenblicklich ist der Wind keine Kraft mehr, gegen die man kämpfen muss, sondern ein starker Rückenwind, der sie schnell vor sich herschiebt, sodass sie sich zurücklehnt und sich von ihm über die Klippen nach Chi-Meur tragen lässt.
    Jim Caine sieht sie vorbeigehen und tritt dann aus dem Schutz des Felsens. Er zieht sein Handy hervor und drückt Knöpfe.
    »Ja, ich bin’s«, sagt er. »Hör zu. Probleme. Wir hätten eine Website einrichten sollen, bevor ich erzählt habe, dass ich ein Buch schreibe. Jetzt ist doch tatsächlich so ein cleverer Bauernlümmel hergegangen und hat mich überprüft. ›Kann Sie gar nicht bei Google finden‹, sagt er ganz großspurig, und seine Kumpane starren mich an, rempeln mich an und kommen immer näher. Gruselig. Ich sag dir, hier ist es echt unheimlich. Jedenfalls habe ich geblufft. Habe ihm erzählt, ich schreibe unter einem anderen Namen. ›Sagen Sie’s nicht‹, meint er. ›Sie sind in Wirklichkeit J. K. Rowling‹, und sie schütten sich alle vor Lachen aus. Ich habe mitgelacht und mich dann schnell verdrückt. Aber das muss sofort geregelt werden … Nein, ich weiß, dass wir alle dachten, dass die Sache inzwischen erledigt wäre, doch das ist sie nicht, oder? Gib mir Bescheid, wenn die Seite läuft.«
    Er steckt das Handy wieder in die Tasche und sieht auf das Meer hinaus. So langsam bekommt er bei dieser Sache ein ganz mieses Gefühl.
    »Er hat natürlich recht«, meint Pa düster. »Wir müssen unsere Testamente auf den neuesten Stand bringen, aber ich will verdammt sein, wenn ich mir dabei von Adam Vorschriften machen lasse.«
    Langsam gehen sie die Straße entlang. Die Hunde laufen voraus, und Jakey fährt auf seinem Rad im Zickzack vor und zurück. Mo winkt dem Jungen aufmunternd zu, und er bleibt stehen, um zu ihnen zurückzusehen.
    »Ich weiß, dass das grundfalsch von mir ist«, meint sie, »doch ich kann den Gedanken einfach nicht ertragen, dass schlussendlich Natasha und diese Mädchen von unserem schwer erarbeiteten Geld leben werden. Und es war unsere harte Arbeit, durch die wir das Court gehalten haben. Ohne deine Rente und die vielen Gäste hätten wir schon vor Jahren verkaufen müssen. Wir hätten das tun und sehr bequem von dem Erlös leben können.«
    »Aber wir haben uns dafür entschieden, es zu halten«, wendet er der Fairness halber ein. »Niemand

Weitere Kostenlose Bücher