Der Duft des Apfelgartens
zu Hause wohnte, während ich ins Internat musste, weil ich schon sechs war, als er geboren wurde, und sozusagen schon mein eigenes Leben hatte, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich war alt genug, um Mummys kleine Helferin zu sein und all das. Aber ich habe mich immer darauf gefreut, ihm später einmal näherzukommen. Ich habe mir vorgestellt, dass das Spaß machen würde, diese spezielle Beziehung zwischen Geschwistern.« Sie schüttelt den Kopf. »Dazu ist es nie gekommen. Wahrscheinlich war das Timing vollkommen falsch. Sechs Jahre sind ein großer Altersunterschied. Als er zwölf war und ich achtzehn, ging Pa in Pension. Meine Eltern waren noch ziemlich jung, doch ich glaube, sie hatten das Herumreisen satt. Pa hat für Rio Tinto Zinc gearbeitet. Dann ist Granny gestorben, und er und Mo haben beschlossen, das Court nicht zu verkaufen, sondern dort zu leben und es als Frühstückspension zu betreiben, um etwas zu Pas Rente hinzuzuverdienen. Aus irgendeinem Grund hat Adam das gehasst. Er konnte es einfach nicht leiden, dass Fremde im Haus waren und Pa das Frühstück zubereitete, nachdem er ein hoch geachteter Bergwerksingenieur gewesen war, bei dem sich sogar Leute wie De Beers Rat holten, und er und Mo durch die ganze Welt gereist waren. Es war, als wäre das alles unter Adams Würde. Das wurde noch schlimmer, als er älter wurde. Er hat nie seine Freunde mit nach Hause gebracht.«
Schweigend sitzt sie einen Moment lang da und fühlt sich wegen ihres Ausbruchs ein wenig verlegen. Sie fragt sich, wie Rupert reagieren und ob er taktvoll das Thema wechseln wird.
»Ich vermute«, meint er nachdenklich, »er konnte seinen Freunden gegenüber nur schwer zugeben, dass sein Vater, so klang es jedenfalls, kein gefährliches und mondänes Leben mehr führte, sondern einfach eine Pension betrieb. Sie können sich doch vorstellen, wie er sein Leben ›vorher‹ beschrieben hat: Diamantenminen, Goldminen. Für Jungen dieses Alters ist Status alles, nicht wahr? Allerdings ziemlich traurig für Pa und Mo.«
»Ja, so war es«, meint Dossie zustimmend. Sie ist dankbar für Ruperts Verständnis. »Wir haben das natürlich alle empfunden. Es war, als hielte er uns eine Armeslänge auf Abstand und verurteile uns, und er hat sich für uns geschämt … Er ist ein selbstgefälliger Mistkerl«, erklärt sie plötzlich und ziemlich trotzig.
Rupert beginnt zu lachen. »Da mögen Sie recht haben. Aber was stellt er denn gerade jetzt an, was so besonders ärgerlich ist?«
Sie zieht eine Grimasse. »Er findet, Pa und Mo sollten wegziehen. Sich verkleinern, solange sie noch jung genug sind, um damit zurechtzukommen.«
»Und was dann? Was hat das mit ihm zu tun?«
Dossie zuckt die Schultern und zögert. Sie hat das Gefühl, es an Loyalität mangeln zu lassen, indem sie ihm von diesen Familienangelegenheiten erzählt, und sie fragt sich, ob er vielleicht das Gefühl hat, sie versuche, ihn in eine engere Beziehung zu drängen, indem sie ihm persönliche Dinge aus ihrem Leben offenbart.
»Adam würde sich sicherer fühlen, wenn das Court noch vor Mos und Pas Tod verkauft würde. Er hat schreckliche Angst davor, ich könnte sonst immer noch da sein und irgendein Bleiberecht haben. Sie wissen schon, so wie man einen Hausbesetzer nach zwanzig, dreißig Jahren nicht mehr vor die Tür setzen kann. Ihm wäre lieber, wenn Mo und Pa ein viel kleineres Haus kaufen und das Geld irgendwo anlegen würden.«
»Und was würde dann aus Ihnen?«
Das ist die Frage, vor der sie sich gefürchtet hat. Sie hat Angst, er könne denken, dass sie versucht, seine Lebensverhältnisse auszukundschaften oder abzuklopfen, ob sie eine gemeinsame Zukunft haben könnten.
»Ach, ich könnte immer zu Clem ziehen, während ich das regele«, erklärt sie beiläufig. »Das ist kein Problem. Nein, das Problem ist, dass Pa und Mo das Court nicht verlassen wollen. Pa ist dort groß geworden; sie beide lieben das Haus, und es ist seit Generationen im Familienbesitz. Wenn wir im Ausland waren, sind wir in den Ferien ins Court zurückgekehrt, und Clem ist nach dem Tod meines Mannes ebenfalls dort aufgewachsen. Das habe ich Ihnen ja schon erzählt. Es ist unser aller Zuhause. Ich möchte, dass sie dort wohnen bleiben, doch Adam traut meinen Beweggründen nicht, und er verunsichert Pa und Mo und jagt ihnen Angst ein. Als er dieses Wochenende zu Besuch war, hat er sie ins Kreuzverhör genommen, sie über ihre Testamente ausgefragt und sie sehr unglücklich gemacht.«
»Das ist
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