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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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zufälligerweise Lernschwierigkeiten hat. Er kann lesen, aber nur mit Mühe. Ich bezweifle, ob er je einen Blick in die Zeitung wirft. Dass er nie Nachrichten anschaut, kann ich Ihnen bestätigen.«
    »Ja, also, wie gesagt, ein bisschen gaga. Ist wohl dieser andere Typ inzwischen zurück, dieser Quick?«
    »Kann ich nicht sagen.«
    »Jones, wir werden mal bei ihm klingeln. Und wenn er nicht daheim ist, warten wir so lange im Wagen.«
    Als Inez wieder oben war, brachte sie Wills Tasse und Untertasse zurück und spülte sie zusammen mit dem Rest ab. Es war sechs Uhr, und Will sah sich auf Kanal Fünf eine Quizshow an. Anscheinend hatte ihn der Polizeibesuch weder aufgeregt noch bei ihm das leiseste Unbehagen hinterlassen. Inez hörte Jeremy Quicks Schritte auf dem Weg nach oben und dann die Türglocke. Als sie wieder hinunterging, kamen Crippen und Jones gerade hinauf.
    »Diese vielen Treppen wären mein Tod«, sagte Crippen.
    Jeremy Quick machte auf sie den Eindruck eines netten, ordentlichen und durch und durch normalen Bürgers. Hier gab es keine Lernschwierigkeiten. Hier verweigerte niemand bewusst eine Auskunft, um sich in träge Untätigkeit zu flüchten und nicht um Dinge zu scheren, die das ganze Land elektrisierten. Seltsamerweise gewann er Crippens Respekt, weil er ihnen keine Erfrischung anbot. In Crippens Augen war jedes Bemühen, sich der Polizei gegenüber gastfreundlich zu zeigen, ein Versuch, um sich einzuschmeicheln, ein Signal, dass man ängstlich bemüht war, etwas zu verbergen. Und dann, zum Beispiel, dieser Unsinn, dass er mit einer Ausnahme nie in den Laden gegangen war. Dieser Typ, dieser Cobbett, stand offensichtlich mit Inez Ferry auf vertrautem Fuß. Konnte man ihm vernünftigerweise glauben, dass er nur einmal dort gewesen war? Ein einziges Mal, und genau zum entscheidenden Zeitpunkt? Wenige Tage bevor man das Kreuz fand und unmittelbar nachdem Gaynor Rays Leiche aufgetaucht war und bekannt wurde, was aus ihrer Handtasche fehlte?
    Quick hingegen äußerte sich völlig offen über seine freundschaftliche Beziehung zu dieser Ferry. Er schaue jeden Morgen auf dem Weg zur U-Bahn vorbei, und sie mache ihm Tee. Wahrscheinlich hatte sie ein Auge auf ihn geworfen. Würden ja die meisten Frauen tun, dachte Crippen, bei einem so großen, gut gebauten und gekleideten Kerl wie dem. Er fand es alles andere als unsympathisch, als Quick mit einem Blick auf seine Armbanduhr sagte: »Wenn Ihnen das, was ich Ihnen sagen konnte, weiterhilft … Ich hätte noch einiges zu tun …« Auch dessen kurzes »Auf Wiedersehen. Machen Sie beim Hinausgehen bitte die Tür zu«, störte ihn nicht. Hier gab es kein Anbiedern, hier wollte sich keiner aus Schuldgefühlen heraus gut mit den Behörden stellen.
    »Vielleicht möchten wir noch mal mit Ihnen sprechen, Sir«, sagte er. Das war Routine. Er bezweifelte, dass es dazu käme.
     
    Als sie gegangen waren, beobachtete Jeremy sie vom Fenster aus, bis er ihren Wagen um die Ecke im Norfolk Square verschwinden sah. Er verfügte über einen feinen Geruchssinn. Wie hatte er manchmal im Scherz gesagt? Er gleiche mehr dem eines Hundes als dem eines Menschen. Voll Ekel schnupperte er den Zitrusduft »mit einem Hauch von aromatischen Kräutern«, den Jones hinterlassen hatte. Ein bekanntes Herrenparfüm, dachte er, billig und widerlich. Mit einem kleinen Glas Wodka mit Tonic in den Händen – es hieß, Wodka besäße weder Geruch noch Geschmack, doch er wusste es besser – spazierte er auf seinen Dachgarten hinaus. Da man die Uhren bereits vorgestellt hatte, würde es bis Sonnenuntergang noch eine Stunde dauern. Die wohl tuende Wärme einer goldenen Nachmittagssonne brachte seine Tulpen in den grün bemalten Kübeln und die gelben Jonquilla-Narzissen zum Blühen. Zum ersten Mal seit dem Kauf trug eines der Lorbeerbäumchen goldene Blüten. Auf dem Tisch stand ein blau-weißer Keramiktopf mit rosa, gelben und lila Freesien, wunderschöne Blumen mit einem köstlichen Duft. Tief atmete er ein und schloss die Augen. Ein, zwei Augenblicke später öffnete er unter dem Tisch eine Schublade, trank einen kleinen Schluck und holte zwischen Kugelschreibern, Bleistiften, Computerdisketten, Tesafilmrollen und einem kleinen Taschenrechner einen schwarz-goldenen Schlüsselring mit einem Scotchterrier-Anhänger aus Onyx, ein silbernes Feuerzeug, in das mit roten Steinen die Initialen NN eingelassen waren, und ein Paar Silberkreolen mit winzigen Brillanten heraus.

9
    Erste Pläne für die

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