Der Duft des Bösen
etwas Lahmes ein – »zu den Dingen, die sie tun. Sag, was du willst.« Plötzlich machte ihn die Redefreiheit in dem leeren Treppenhaus nervös, und er warf einen Blick über die Schulter. »Die Kommunisten hatten doch ihr Gutes.«
Da Will zu den Kommunisten nichts zu sagen wusste, blieb er stumm. Mit dem Schlüssel des Vermieters sperrten sie die erste Wohnung auf.
»Hier riecht’s, als wäre seit einem halben Jahr nicht mehr gelüftet worden«, meinte Keith. »Mach die Fenster auf, ja?« Als Zeinab eintrudelte, waren Crippen und sein Untergebener Zulueta bereits da. Mit Handschuhen saß der Detective Sergeant an Inez’ Schreibtisch und musterte Kreuz und Kette eingehend durch ein Vergrößerungsglas.
»Was ist denn hier los?«, fragte Zeinab, während sie ihre Stilettos auszog.
»Das habe ich gefunden.« Inez deutete auf den Schreibtisch.
»Ist es das Gewisse?« Zeinab schaute Zulueta über die Schulter. Ihre Wange streifte fast seine Haare und gönnte ihm einen Schwall Eau de Toilette, Jo Malone’s Tuberose.
»Sieht so aus«, sagte Zulueta.
»Schon beim Anblick bekommt man am ganzen Leib Gänsehaut. Mein – äh, einer meiner Freunde vermutet, dass man sie mit dieser Kette erwürgt hat. Stimmt das?«
Keiner der Beamten gab eine Antwort. Nur Zulueta wirkte schockiert, entweder wegen einer derart verheerenden Indiskretion oder weil dies der Wahrheit ziemlich nahe kam.
»Nun, Mrs. Ferry.« Vielleicht hatte Crippen das Gefühl, er hätte die Kontrolle über diesen kleinen Kreis verloren, die ihm eigentlich von Rechts wegen zustünde. Er betonte seine Autorität. »Wir werden eine Durchsuchung dieser Räumlichkeiten vornehmen müssen. Sollten Sie Einwände haben, kann ich mir problemlos einen Durchsuchungsbefehl besorgen.«
Inez stand auf. Sie hatte genug. Niemand hatte es ihr gedankt, dass sie die Polizei über das Kreuz informiert hatte. Man hatte ihr lediglich Vorwürfe gemacht, weil sie sie nicht bereits gestern Abend um neun Uhr verständigt hatte. Ihrer Meinung nach war sie seit der Ankunft der beiden Beamten zumindest wie eine Helfershelferin des Rottweilers behandelt worden, und nun war sie wütend. »Ich habe keinerlei Einwände«, sagte sie kühl. »Ich weiß nicht, was Sie zu der Annahme bewegt, ich würde Sie behindern. Nichts läge mir ferner.« Zwischen deren Benehmen und der höflichen Art, wie Forsyth hilfreiche Zeugen behandelt hatte, lag ein himmelweiter Unterschied. »Wenn das so weitergeht, werde ich mich beschweren.«
»Und ich unterschreibe auch«, sagte die stets loyale Zeinab. »Die behandeln Sie, als ob Sie eine Verbrecherin wären.«
»Tut mir Leid, falls ich Sie verärgert habe«, meinte Crippen, womit er die Sache nur noch schlimmer machte. »Zulueta, rufen Sie mal auf dem Revier an, und sehen Sie zu, ob Sie Osnabrook und Jones für die Durchsuchung herholen können. Nun, Mrs. Ferry, wenn Sie sich jetzt ein wenig beruhigt haben: Wer kommt in Ihren Laden? Ich meine, wer könnte dieses Halsband, diesen Anhänger oder was das sonst ist, hier abgelegt haben?«
»Hunderte«, sagte Inez.
»Mindestens zwanzig Leute am Tag.« Zeinab warf Crippen einen wütenden Blick aus ihren kohlrabenschwarzen Augen zu. »An manchen Tagen sogar mehr.«
»Sie haben doch nicht zwanzig Käufer täglich?« Sein ungläubiger Tonfall war eine weitere Beleidigung. »Kaufen die denn alle etwas?«
»Die Hälfte schon«, sagte Zeinab, auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach.
»Dann wären da Ihre Mieter. Einige habe ich schon hier drinnen gesehen.« Bei ihm klang es, als würde Inez ein Bordell führen. Schwungvoll öffnete sich die Ladentür, und Morton Phibling marschierte herein. »Ist das auch ein Mieter oder ein Kunde?«
»Das ist mein Verlobter.« In weiser Voraussicht hatte sich Zeinab an diesem Morgen für den richtigen Verlobungsring entschieden und ließ ihn nun vor Crippens Gesicht aufblitzen. »Mr. Phibling.«
Obwohl Morton dank seines hellen Alpakamantels, seiner Rohseidenkrawatte und der Rolex nach gängiger Ansicht relativ viel Ähnlichkeit mit einem Gangsterboss hatte, war Crippen von seinem Reichtum ausstrahlenden Habitus ziemlich beeindruckt. »Ich bezweifle, Sir, ob wir Ihre Hilfe bei unserer Untersuchung benötigen werden.«
Morton beachtete ihn gar nicht. »Was ist dir am Samstag zugestoßen, meine Rose zu Saron, meine Lilie im Tal?«
»Frag mal«, sagte Zeinab. »Mein Paps wollte mich nicht weg lassen. Du weißt, wie er ist. Er hat mich in mein Zimmer
Weitere Kostenlose Bücher