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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Entsorgung dieser kleinen Gegenstände hatte er wieder verworfen. Zuerst hatte Jeremy überlegt, er würde sich ihrer genauso entledigen, wie er es mit dem Silberkreuz und der Schmuckuhr gemacht hatte, indem er sie zwischen dem Krimskrams eines Antiquitätenladens versteckte. Solche Läden gab es in der Church Street und auch in Westbourne Grove zuhauf. Das hätte ihm keine Mühe bereitet. Leider fehlte ihm ein triftiger Grund, diese zu betreten. Und wenn er als möglicher Käufer aufgetreten wäre, hätte sich vielleicht das Personal oder der Besitzer wieder an ihn erinnert, besonders wenn man kurz danach Feuerzeug und Schlüsselring gefunden hätte. Mit den Ohrringen war es bislang noch eine andere Sache. Eigentlich mehr im Scherz hatte er daran gedacht, jeden in unmittelbarer Nähe des Fundorts der Mädchen zu hinterlegen. Doch auch diese Idee barg Probleme. Boston Place, der Todesort von Caroline Dansk, war zum Beispiel für die Öffentlichkeit ziemlich gut einsehbar, sogar nach Anbruch der Dunkelheit. Die lange Häuserzeile auf der einen Straßenseite und die überhohe Ziegelmauer auf der anderen, wo es weder Bäume noch sonst einen Sichtschutz gab, machten eine Rückkehr dorthin äußerst gefährlich.
    Das Feuerzeug, das er Nicole Nimms entwendet hatte, war der zweite Gegenstand, den er sich angeeignet hatte, und das aus einem einfachen Grund: Er wollte sich eine Zigarette anzünden. Heutzutage rauchte Jeremy nur noch selten, so etwas passte nicht zu seinem zweiten Ich, zu jenem anderen Ebenbild, das er damals gerade erschaffen wollte. Hier zog er es vor, sich in fast allen Aspekten als ziemlich enthaltsamer Mensch zu präsentieren. Obwohl er schon wochenlang nicht geraucht hatte, hatte ihn in jener Nacht ein überwältigendes Bedürfnis überfallen. Nicole war sein erstes Opfer seit einem Jahr gewesen, das Opfer, von dem er geglaubt hatte, dass es vielleicht nie so weit käme. Und so hatte er in ihrer Handtasche die Zigaretten und das silberne Feuerzeug mit den Initialen NN gefunden, das zum Vorreiter für weitere kleine Diebstähle wurde. Generell hegte Jeremy aus Prinzip eine Abscheu vor Diebstahl. Insgeheim hielt er es für das typisch britische Laster, das inzwischen das ganze Land beherrschte. Draußen auf der Star Street konnte man nichts stehen lassen, ohne dass es sich einer schnappte, sobald man ihm den Rücken zudrehte. Ein abstoßendes Bagatellverbrechen. Dass er den Mädchen einen hübschen kleinen Gegenstand entwendete, war etwas ganz anderes. Das hatte fast schon etwas Poetisches an sich. Sein Zeichen war das, sein Stempel, an dem man ihn erkannte.
    Nach Nicole hatte er diese zweite Identität angenommen und beschlossen, ganz in der Nähe jenes Viertels seine Zelte aufzuschlagen, wo er sie umgebracht hatte. Vom ersten Moment an hatte er gespürt, dass er nicht der Mann war, der tötete, dieser Würger, dieser Rottweiler. Das war ein anderer mit einem anderen Leben und anderem Namen. Er – das war Alexander Gibbons, der Durchschnittsmensch, der normale Mann. Dieser Killer, den er nicht unter Kontrolle hatte, war etwas ganz anderes. Der sollte Jeremy Quick heißen und nicht in einer Remise in Kensington wohnen, sondern in Paddington, in einer Dachwohnung über einem Laden.
    Wenn er wieder töten würde, dann unter diesem Namen. Er, Alexander Gibbons, der Sohn seiner Mutter, Computerexperte und erfolgreicher Selfmademan, wäre unschuldig und sauber und hätte nichts damit zu tun. Dieser Mann hoffte auch, sein Alter Ego würde nicht noch einmal töten, sein Mordtrieb, was immer ihn auch ausgelöst haben mochte, wäre nach zwei Toten befriedigt und würde jetzt in Frieden ruhen. Jeremy Quick, der in seinen Händen jene Gegenstände hielt, die er nicht zwei, sondern gleich drei seiner fünf Mordopfer abgenommen hatte, wusste, dass ihn nichts aufhalten konnte. Dieses Wissen war nicht mit inneren Qualen gepaart. Er akzeptierte es als etwas, das er unausweichlich tun musste, während er dieser Andere war, der an diesem anderen Ort lebte.
    Jeremy Quick zeigte sich auf eine Weise arrogant, wie es Alexander Gibbons niemals war. Und dessen war er sich auch bewusst, und er war stolz auf seinen Stolz. Die Art, wie er anderer Leute Gedanken las, hatte etwas Meisterhaftes an sich, so wie er beispielsweise erkannt hatte, wie sehr Inez eine derart absurde Sache wie das Alter von Belinda Gildons Mutter beschäftigt hatte. Kaum war ihm herausgerutscht, sie sei achtundachtzig, oder besser gesagt, als er anschließend

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