Der Duft des Sussita
Party vorbei war, ging ich hinaus vor den Club und wollte mit meiner Harley-Davidson nach Hause fahren. Da habe ich etwas gehört, ich wusste nicht, was das war, aber etwas habe ich gehört, also lauschte ich. Ja, sagte Kuti, die Stimme kam zweifellos vom Luftschacht, jemand schrie und rief, er sei dort stecken geblieben.
Ich habe sofort die Feuerwehr angerufen, sagte Kuti. Sie kamen schnell, und nach einer Weile, nachdem sie einen Teil des Luftschachts weggeschnitten hatten, konnte man ihn sehen, der Mann war tatsächlich im Luftschacht stecken geblieben, seine Kleider waren zerrissen, er war nackt, und es dauerte noch eine Weile, bis die Feuerwehrmänner ihn völlig befreit hatten.
Auch die Feuerwehr schien so etwas noch nie gesehen zu haben, sagte Kuti, alle lachten, als der Kerl befreit war. Schmutzig und nackt stand er vor uns, sagte Kuti, schon drängelten sich dort die Leute vom Fernsehen und die Journalisten um uns herum.
Der Kerl war nicht nur schmutzig und nackt, er stand auch unter Schock, sagte Kuti, er stand da wie eine Statue und sagte nichts. Plötzlich rannte er weg von uns, vermutlich schämte er sich, das behauptete jedenfalls ein Journalist, sagte Kuti zu mir am Telefon. Eine Menge Leute sind vor meinem Club zusammengekommen. Ausschließlich Medienleute, als die Feuerwehr schon längst weg war.
Alle wollten mit mir sprechen, sagte Kuti, ich war ja der, der den Kerl entdeckt hatte. Ich musste die ganze Geschichte erzählen, und seitdem erzähle ich die Geschichte immer wieder, sie laden mich zum Fernsehen und zu Radiosendern ein, sie schreiben über diese Geschichte in Zeitungen und im Internet. Ich wurde von einem Tag auf den anderen zum Medienereignis, sagte Kuti, und ich hasse die Medien, ich verachte die Dummheit, und die Medien zeigen nur sie, nur die Dummheit kann man in den Medien sehen und hören und lesen und empfinden, aber die Werbung für den Club war gut, alle kennen jetzt den Breakfast Club, auch Leute, die ihn vorher nicht kannten, kennen ihn jetzt, und seitdem stehen noch mehr Leute Schlange und wollen herein, noch mehr Leute kennen meinen Namen, sie singen meinen Namen und wollen mich kennenlernen. Kuti, so rufen sie alle, lieber Bobby, sagte mir Kuti am Telefon, so dumm sind die Menschen, unendlich dumm.
VIENNA CALLING
Im Jahre 1998, am Tag, an dem die österreichische Poplegende Falco starb, erreichte ich Wien. Ich stieg mit meinem Koffer aus dem Zug. Es war ein schöner, aber sehr kalter Tag. Frierend machte ich mich mit meinem Koffer auf den Weg zum Hotel Renaissance , in dem ich mit meinem Vetter verabredet war. Mein Vetter George, ein erfolgreicher Musikproduzent, früher tatsächlich Falcos Produzent, hatte mich zu einer Party eingeladen.
Ich kam einige Stunden zu früh zum Hotel Renaissance , denn obwohl ich mir ausgemalt hatte, zunächst einen Spaziergang durch Wien zu machen, ließen mir Koffer und Kälte keine andere Wahl, als diesen Plan für diesmal aufzugeben, ich mache jetzt auf gar keinen Fall einen Spaziergang durch Wien, sagte ich mir und trottete mit meinem großen Koffer direkt zum Hotel. Ich atmete die frische Luft von Wien, die Luft der ehemaligen Monarchie, seufzte leicht, weil der Koffer so schwer war, und betrachtete die neben mir laufenden Wiener Frauen und Männer, ich freute mich, hier zu sein, langsam ging ich mit meinem massiven Koffer weiter, der mit jedem Schritt an Gewicht zulegte. Mit meinem Koffer war es nicht die angenehmste Art, Wien zu durchqueren, der Koffer stand mir im Wege, mir und meinem Wunsch, Wien zu genießen.
Ich verfluchte Wien und meinen Koffer, ich schwitzte und biss die Zähne zusammen, kämpfte mich durch, ab und zu bat ich einen Wiener oder eine Wienerin um Auskunft, wo sich das Hotel Renaissance befinde, auf Englisch, und ich hasste mich, weil ich ein Tourist war, und Touristen habe ich immer verachtet, Hotel Renaissance , sagte ich, niemand kannte es, also musste ich weiterfragen, weiterlaufen, was ich tat, bis eine ältere Dame mir den Weg zu erklären versuchte, pantomimisch, weil ich damals kaum Deutsch konnte und die alte Dame kein Englisch, nach links und rechts, sagte die alte Wienerin und wies mir mit den Händen den Weg.
Danke, sagte ich auf Deutsch und ging, wohin die alte Dame mich geschickt hatte, ich ging nach links und rechts, danach geradeaus, danach nochmal links und nochmal rechts, ich ging, wie die alte Dame mir bedeutet hatte, ich folgte ihren Hinweisen, war mir aber nach einer Weile nicht mehr
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