Der Duft des Sussita
fein.
Appetite for Destruction stand auf der Kassette. Die Gruppe kannten wir nicht. Wir hörten die Kassette und waren überzeugt. Damals hatten wir wenig Geld für solch teure ausländische Kassetten, aber diesmal machten wir eine Ausnahme und kauften sie.
Und nach einer Weile geschah es. Alle hörten diese Musik. Es war eine Katastrophe. Wir waren die Ersten, die uns diese Platte in Form einer Kassette in Israel besorgt hatten, aber es ließ sich nicht verhindern. Diese Musik explodierte. Der Untergrund wurde Mainstream. Kurz danach hatten viele lange Haare und behaupteten, etwas von Musik zu verstehen. Mein Bruder Gabriel war fassungslos. Und enttäuscht. Und nicht nur er. Ich auch. Naturgemäß auch Kuti. Unsere Welt war nach dieser Wende nicht mehr dieselbe. Wir waren nicht mehr allein. Trotzdem waren wir allein, in gewisser Weise noch mehr allein als früher. Auf einmal waren wir desillusioniert. Den Neunzigern glaubten wir nicht mehr. Wir wurden skeptisch. Kuti und ich mehr. Mein Bruder Gabriel weniger. Unsere Zeit war vorbei, obwohl sie eigentlich doch erst angefangen hatte.
Kuti und ich gründeten eine Band namens Transylvania. Kuti spielte Bass und ich Gitarre. Es war keine gute Musik, was wir da spielten, weil wir eben nicht spielen konnten, aber wir wollten sowieso nur Rockstars sein und nicht unbedingt gute Musiker, also machten wir weiter.
Von 1996 bis 1997 waren wir in London. Wir spielten dort einige Konzerte. Wir nannten uns Nutcase. Dann wurden wir aus England vertrieben, weil Kuti dort illegal arbeitete. Eine Weile versuchten wir noch in Israel zu überleben. Es gelang uns aber nicht. Das war das Ende unserer Musikkarriere. Wir wurden keine Rockstars. Alles war vergeblich und sinnlos. Wir waren müde und gaben den Kampf um Erfolg auf.
Eines stand im Jahre 1997 fest: Kuti und ich werden nie Rockstars sein. Diese Erkenntnis zu verdauen und zu verarbeiten dauerte lange. Jahrzehnte dauerte es. Mehrere Jahrzehnte dauerte es. Und es dauert noch. Bis zum heutigen Tag.
Wir werden nie Rockstars sein. Weder Kuti noch ich. Unsere Träume sind nicht in Erfüllung gegangen.
Vielleicht ist es ja gut so. Es war nicht unser Schicksal.
Heute ist Kuti der Besitzer des Breakfast Clubs. Er ist also eine Art Rockstar, eine Art Promi, dessen Nähe viele suchen. Vielleicht weil Kuti so antisozial ist, suchen die Massen seine Nähe. In dieser Welt ist ja alles verkehrt. Hier stimmen Kuti und ich überein. Die Welt ist verkehrt.
Kuti ist heute ein reicher Mann, er ist Multimillionär mit vielen Tätowierungen. Ein äußerst tätowierter Millionär.
Der Weg zu seinem aktuellen Status als Millionär war nicht einfach. Jahrelang war er Drogenhändler. Er handelte aber nie mit starken Drogen. Nur mit sogenannten leichten Drogen, Marihuana und Haschisch. Vielleicht war er erfolgreich in diesem Geschäft, weil er selbst nie kiffte. Jedenfalls kämpfte er sich Stufe um Stufe nach oben. Heute ist er eine Institution.
In seinem Club sind leichte Drogen nicht willkommen. Nur starke. Nicht alle starken. Nur Kokain. Er ist aber kein Händler. Er konsumiert nur. Und nicht nur er. Die ganze Stadt konsumiert. Wer es sich leisten kann, konsumiert es. Man fühlt sich wie ein König dabei. Wer will schon kein König sein? Auch wenn es eine Illusion ist, wollen alle Könige sein, man muss es sich nur leisten können.
Er kann es. Kuti kann es. Er ist es. Er ist die ganze Zeit König. Er ist der König von Tel Aviv. Tel Aviv ist sein Herrschaftsgebiet. Er ist der König des Nachtlebens. Er hat die Kraft, er hat die Macht.
Der Club ist überhaupt nicht groß. Nur exklusiv. Naturgemäß gibt es eine strenge Gesichtskontrolle, und zwanzig zwei Meter große Bodyguards sorgen für Ruhe.
Jede Nacht müssen viele, wegen der hohen Nachfrage, draußen bleiben. Alle in Tel Aviv wollen in meinen Club, sagte mir Kuti einmal, aber wir haben nur relativ wenig Platz, und wir wollen auch nicht jeden haben, natürlich nicht jeden, auf gar keinen Fall kommen hier alle rein, im Gegenteil, Angebot und Nachfrage, deswegen haben wir die strengste Gesichtskontrolle in Tel Aviv. Jeder Club, der etwas auf sich hält, braucht eine Einlasskontrolle, aber eine Gesichtskontrolle wie bei uns, sagte Kuti, habe ich noch nirgendwo gesehen, nicht in London, nicht in New York und nicht in Berlin.
Man wartet in der Schlange und hofft, irgendwann reinzukommen, sagte Kuti, so stehen jede Nacht Hunderte Menschen Schlange, voller Hoffnung, reinzukommen, und das ist
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