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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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Tod
     
    Ein dunkles Bündel trieb auf dem
Katzenbach. Es war ein später Vormittag Anfang Juli, sonnig und bereits heiß. Der
schmale Wasserlauf mäanderte zwischen Buschwerk und Seegras. Er führte nicht viel
Wasser mit sich, in letzter Zeit hatte es wenig geregnet. Valerie Gut ging dem Bach
entlang, Seppli, ihr kleiner grauer Pudelmischling, rannte voraus. Valerie kniff
die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Was war das? Eine tote Katze? Aber da
war doch etwas darum herumgewickelt. Ein großer Teddybär? Der Hund, der nie eine
Gelegenheit ausließ, sich ins Nass zu stürzen, pflügte schon durchs Wasser, dem
Gegenstand hinterher. Valerie rief ihn zurück. Was würde er ihr wieder Unappetitliches
anschleppen? Er hörte nicht auf sie. Valerie seufzte. Es musste etwas Totes sein,
etwas, was interessant roch; und an ihr wäre es dann, es ihm aus dem Maul zu zerren.
Sie schüttelte sich. Nun hatte er es erreicht. Sie fluchte. Er packte das Ding,
machte kehrt und schwamm zurück, auf Valerie zu. Ich mache Hackfleisch aus dir,
schwor sich Valerie erbittert. Ich gebe dich zurück ins Heim, ich setze dich an
einer Autobahnraststätte aus. Ich habe dich nicht mehr lieb. Der Hund kletterte
ans Ufer, unbeeindruckt von Valeries Verärgerung, legte ihr das Ding zu Füßen und
schüttelte sich ausgiebig das Wasser aus dem Fell.
    Aber das
nahm Valerie schon nicht mehr wahr. Sie starrte auf das Bündel. Einen Augenblick
setzte ihr Herzschlag aus. Entsetzen stieg in ihr auf. Sie kämpfte Panik nieder,
den Drang, einfach wegzurennen und zu vergessen, was sie gesehen hatte. Sie zitterte.
Zwang sich, sich niederzubeugen. Was da vor ihr im Gras lag, konnte es einfach nicht
geben. Alles in ihr sträubte sich dagegen aufzunehmen, was sie sah. Seppli näherte
sich schnuppernd. »Weg!«, schrie sie ihn an. Tränen stiegen in ihr hoch. Sie sah
sich um. Sie war ganz allein. Niemand da, den sie hätte zu Hilfe rufen können. »Ganz
ruhig, Valerie«, sagte sie sich. »Du musst dich jetzt zusammenreißen.« Sie zwang
sich, den kleinen Körper anzuschauen. Vor ihr lag ein totes Baby. Sehr klein, wenige
Monate alt. Ein Menschenbaby. Es ist ein Menschenbaby, dachte Valerie. Obwohl ein
menschliches Baby einfach nicht so aussehen durfte. Es war, bis auf das Windelpaket,
unbekleidet. Und es war über und über behaart. Das ganze Körperchen, Ärmchen, Beinchen,
Bauch, das Gesichtchen waren bedeckt von dichten, dunklen Haaren. Es hat ein Fell,
dachte Valerie verzweifelt, was ist das für ein Wesen? Was ist das nur für ein Wesen?
Valerie überwand sich, die Hand auf seine Brust zu legen. Kein Herzschlag. Ich muss
etwas tun, dachte Valerie. Die Polizei rufen. Aber was soll ich sagen? Ich werde
es nicht erklären können. Sie wählte Beat Streiffs Nummer, ihr Freund arbeitete
bei der Kriminalpolizei Zürich. Aber es meldete sich nur die Combox. Dann tippte
sie die 117 ein, die Notrufnummer der Polizei. »Ich habe am Katzenbach einen toten
Säugling gefunden«, sagte sie. »Es soll bitte jemand kommen.« Sie nahm den Hund
an die Leine, setzte sich zwei Meter von der kleinen Leiche entfernt auf eine Bank,
die Arme um die angewinkelten Beine geschlungen, und wartete. Langsam formte sich
in ihrem Inneren ein Satz: Wie ist das Baby in den Bach – sie hielt inne – gefallen?
Ist es geworfen worden? Sie fror.
     
    Nadine Attinger wachte auf vom Weinen
des Babys. Sie blieb reglos liegen. Die durchdringende Stimme des hungrigen Säuglings
löste in ihr eine Welle von Schuldgefühlen und Abwehr aus, die sie lähmte. Sie wagte
einen Blick auf die Uhr. Schon halb neun. Ich muss aufstehen, dachte sie, ich muss
einfach. Das Schreien wurde lauter. Nadine zwang sich aus dem Bett. Sie warf sich
den Morgenmantel über, wusch sich im Bad rasch den Schlaf aus den Augen und ging
ins eine Kinderzimmer. Lotte, die Vierjährige, war schon angezogen. Sie saß am Tisch
und zeichnete. Gefrühstückt hatte sie, wie fast jeden Morgen, mit dem Vater, der
auch Luzia gewickelt und gefüttert hatte, bevor er zur Arbeit ging. Lotte sah der
Mutter mit einem schüchternen Lächeln entgegen. »Mama, ich glaube, Luzia hat in
die Windeln gemacht.« Nadine nickte. Sie ging ins Nebenzimmer zum Babybettchen und
hob den Säugling heraus. Einen Augenblick lang fühlte sie sich verzweifelt überfordert
von der Entscheidung, ob sie die Kleine zuerst wickeln oder zuerst füttern sollte.
Ihr Herz klopfte heftig vor Angst.
    »Mama, ich
möchte heute nicht in die Spielgruppe.«
    »Doch,

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