Der Duft von Hibiskus
Augustes Badewanne war, Augustes Hausmädchen, Augustes Zimmer, Augustes Kaffeegeschirr.
Und Augustes Ehemann.
Emma weinte eine ganze Nacht lang.
Im Morgengrauen fasste sie die Entscheidung, es nie mehr dazu kommen zu lassen. An das schlechte Gewissen, wenn sie Ludwig geküsst hatte, war sie mittlerweile gewöhnt. Die furchtbare Reue jedoch, die sie auf dem Heimweg nach diesem ersten Mal überfallen hatte, war ein anderes Kaliber gewesen. An sie konnte man sich nicht gewöhnen, da war Emma sich sicher. Nein, es durfte nie wieder passieren.
Sie verbot sich, an ihr Erlebnis in der Badewanne zu denken. Tagsüber klappte das ganz gut, sie stürzte sich in die Arbeit mit ihrem Vater, und wenn das nichts mehr nützte, übte sie wie besessen Klavier. Nachts aber wurde es schwierig. Nachts kamen die Träume, und in ihnen erlebte Emma wieder und wieder Ludwigs Hand zwischen ihren Beinen. Wenn sie dann erwachte und die Erregung abgeflaut war, fragte sie sich mutlos, wie lange sie wohl noch standhaft bleiben würde.
Ludwig machte es ihr nicht leichter. Einmal brachte er ihr Blumen mit, ein anderes Mal Naschwerk, dann wieder einen Band mit Gedichten. Die Klavierstunden waren nun begleitet von seinen ununterbrochenen Zärtlichkeiten, er raunte ihr Liebesworte ins Ohr, während sie ihm vorspielte, und küsste sie auf den Hals. Immer wieder lud er sie ein, ihn noch einmal zu besuchen, doch sie schüttelte jedes Mal den Kopf.
Mit der Zeit verlegte er sich auf scherzhafte Drohungen: Er müsse sich eine Kugel in den Kopf jagen, wenn sie ihn nicht erhöre, oder Auguste werde ihn aus Eifersucht umbringen, weil seine Verzweiflung wegen Emma ihr nicht verborgen bleiben könne.
Wenn Ludwig mit seinen Überzeugungsversuchen allzu sehr über die Stränge schlug, überkam auch Emma bisweilen der Übermut. Dann neckte sie ihn, ließ seine Berührungen zu und genoss sie auch. Trotzdem blieb sie in ihrer Entscheidung, »es« nicht mehr zuzulassen, hart. Wenn es ihr gar zu schwer fiel, Ludwigs Wunsch abzuweisen, rief sie sich seine ungebremste Wildheit neben der Haustür in Erinnerung. Sie verspürte wenig Verlangen, diese Wildheit noch einmal zu erleben, und wenn sie die Lust nicht ohne den Schmerz haben konnte und das Ganze sowieso unrecht war – nun, dann würde sie eben verzichten. Seine Küsse, Umarmungen und Liebesworte würden ihr genügen müssen.
»Es ist Sünde, Ludwig«, sagte sie an einem Tag im August, als er besonders eindringlich um ihren Besuch bat. Es war heiß, und Emma trug ein weit ausgeschnittenes Sommerkleid, was ihn zu erregen schien. Sie saß am Klavier und versuchte vergeblich, sich auf ihr Spiel zu konzentrieren. Ludwig stand hinter ihr, und sie starrte auf die Tasten und ihre stolpernden Finger und wünschte inbrünstig, dass er ihre Skrupel endlich verstehen möge. Und dass er sie trotz ihrer beharrlichen Weigerung weiterhin liebte.
Ludwig strich ihr mit den Händen über den Hals und ließ sie dann ihr Dekolleté hinuntergleiten.
Er beugte sich von hinten über sie, umfasste ihre Brüste mit beiden Händen und flüsterte in ihr Ohr: »Sünde? Bisher hast du dir reichlich wenig Gedanken über die Sündhaftigkeit unserer Liebe gemacht. In der Badewanne hast du auch nicht gerade gewirkt, als plagten dich Gewissensbisse.«
Sie wurde rot und griff nach seinen Händen, um sie von ihren Brüsten zu nehmen. Doch er hielt sie fest. Er stöhnte, als er Emmas eigene Finger auf ihre Brüste legte und seine Hände schwer und warm darüber. »Ich muss dich noch einmal spüren«, flüsterte er. »Es macht mich verrückt, dir so nahe zu sein und doch nie nah genug.«
Seine Hand zwischen ihren Beinen, Lust, Hitze … nein!!!
Ruckartig stand sie auf. »Es geht nicht, Ludwig! Ich liebe dich, aber wir dürfen das nicht. Die Küsse sind schon schlimm genug.«
»Schlimm findest du sie?« Er schob sie mit seinem Körper zum Klavier und presste sich an sie. »Ich nicht, Liebchen. Ich nicht.«
Er küsste sie und begann, sich an ihr zu reiben wie damals in seinem Haus, kurz bevor er sie auf dem Boden genommen hatte.
»Bist du von allen guten Geistern verlassen?«, zischte sie und stieß ihn von sich. Rasch umrundete sie das Klavier, um Abstand zwischen ihn und sich zu bringen.
»Jeden Moment könnte meine Mutter hereinkommen!«
»Sie kommt nie herein, wenn ich dich …«, er grinste, »… unterrichte. Das weißt du so gut wie ich. Sonst dürften wir uns ja auch nicht küssen, oder?«
Sie schluckte. »Nein. Doch. Ich meine
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