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Der Duke, der mich verführte

Der Duke, der mich verführte

Titel: Der Duke, der mich verführte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah Marvelle
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schluckte und nickte verhalten. Sie hatte ja recht. Er musste sich seiner Obsession stellen. Und er musste es tun, ohne Justine dabei zu hintergehen oder Leute dafür zu bezahlen, dass sie ihm das Leben leichter machten. Aber was, wenn er sich ihres Vertrauens als nicht würdig erwies? Was dann? Würde sie ihn dann verlassen?
    Justine sah ihm direkt in die Augen. „Vor einiger Zeit, als ich noch recht jung war und kaum begriffen habe, was er damit meinte, hat mein Vater mir erklärt, dass jeder, der es mit einer Sache übertreibt, nur beabsichtigt, etwas anderes auszugleichen, das ihm im Leben fehlt. Was ist es, das in deinem Leben fehlt, Bradford? Kannst du mir das sagen? Weißt du es überhaupt?“
    Radcliff konnte ihren forschenden Blick nicht länger aushalten und schaute beiseite. Wenn sie ihn so betrachtete, war ihm, als beraubte sie ihn auch noch des letzten Restes Vernunft. Natürlich wusste er die Antwort auf ihre Frage. Er wusste sie nur zu gut.
    Der Druck, der auf ihm gelastet hatte, als er mit vierzehn den Titel geerbt hatte, hatte ihn nach Mitteln und Wegen suchen lassen, der Last der Verantwortung zu entkommen. Und die körperlichen Freuden, so hatte er bald festgestellt, waren der schnellste, einfachste und sicherste Weg, sich Erleichterung zu verschaffen.
    Doch mit der Zeit hatte er dessen immer mehr bedurft. Jung, wie er war, hatte er damals keine Notwendigkeit gesehen, seine Begierden zu zügeln. Ein ausschweifendes Leben zu führen, wurde durchaus von der Gesellschaft gebilligt – zumal nun, da er ein Duke war. Nur stellte er irgendwann fest, dass die Freuden schal wurden. Je mehr Zerstreuungen er suchte, desto weniger Vergnügen bereiteten sie ihm. Und bei all den Frauen, die seinen Weg gekreuzt hatten, hatte er sich doch stets einsam und allein gefühlt. Manchmal war es ihm fast so vorgekommen, als würde nicht er sich ihrer, sondern sie sich seiner bedienen.
    Justine seufzte. „Ich fürchte, uns bleibt nur eine Möglichkeit, die Sache in die richtigen Bahnen zu lenken.“
    Sie griff an ihm vorbei und nahm etwas vom Schreibtisch: ihre Benimmfibel. Sie hielt ihm das Buch erst unter die Nase, drückte es ihm dann in die Hand.
    „Dann muss die Hure eben lernen, eine respektable Dame zu werden“, sagte sie und klopfte mit Nachdruck auf den roten Einband. „Lies es und überlege, ob nicht auch du ein wenig weibliche Etikette in dein Leben bringen kannst.“
    Sie trat ein paar Schritte zurück. „Ich möchte nur, dass du das Richtige tust. Dass du Miss Thurlow gestattest, bis zur Geburt ihres Kindes bei uns zu bleiben. Danach muss eine andere, bessere Lösung gefunden werden, und ich vertraue darauf, dass du dich darum kümmerst. Solltest du Miss Thurlow hier Zuflucht gewähren, gehe ich zudem davon aus, dass du dich weder mir noch ihr gegenüber unangemessen verhältst. Wenn doch, werde ich das erstbeste Schiff zurück nach Kapstadt besteigen – das schwöre ich dir. Und du wirst mich nie wiedersehen. Oder glaubst du vielleicht, ich hätte jemals in London bleiben wollen? Ich habe nie hierhergehört, zu all den englischen Snobs mit ihren verqueren Erwartungen. Ich bin nur gekommen, weil es der Wunsch meiner Eltern war, dass ich heirate. Was ich getan habe.“
    Damit verbeugte sie sich so tief, dass ihre kastanienbraunen Locken fast den Boden berührten, drehte sich um und schritt zur Tür. Sie stieß sie weit auf und verschwand – den Korridor hinab, dem langsam verklingenden Klackern ihrer Absätze nach zu urteilen, doch Radcliff kam es fast vor, als verschwände sie aus seinem Leben.
    Er sah auf das kleine, doch gewichtige rote Buch in seiner Hand. Einerseits hätte er es am liebsten quer durchs Zimmer gepfeffert, so sehr brachte ihr unsinniger Vorschlag ihn auf. Andererseits wusste er, dass Justine Wort halten würde. Wenn er sich nicht zumindest ein wenig Mühe gab, würde sie ihn nicht nur bis ans Ende ihrer Tage hassen – nein, sie würde ihren Worten Taten folgen lassen, das erstbeste Schiff ans Kap nehmen und ihn für immer aus ihrem Leben streichen.
    Und das, zumindest dessen war er sich sicher, wollte er nicht. Er wollte lernen, ein besserer Mensch zu werden. Er wollte das Beste aus sich machen. Er wollte ihr ein Mann sein, auf den sie stolz sein konnte. Bislang hatte es ihm stets an einer moralischen Instanz gemangelt. Es war höchste Zeit, dass jemand ihm den Weg wies, ehe es zu spät war.
    Radcliff umfasste das Buch so fest, bis die Kanten in seine Handfläche schnitten, dann

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