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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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mit dem Blut des Jungen.
    Er wurde mit einem scharfkantigen Stein erschlagen, etwa so groß wie eine kräftige Männerfaust. Sie fanden ihn am Ufer neben einem rot-schwarzen Fleck auf dem Boden. Sie wussten, dass es die Mordwaffe war, weil das Blut des Jungen daran klebte und weil er in Größe und Form genau zu dem Loch in seinem Schädel passte. Jemand hatte ihm den Hinterkopf damit eingeschlagen, so heftig, dass Knochensplitter tief ins Gehirn eingedrungen waren. Meine Stiefmutter behauptete, das sei ich gewesen. Sie schilderte das alles im Zeugenstand. Der Mann, den sie um drei Uhr morgens gesehen habe, hätte ein rotes Hemd und eine schwarze Mütze getragen.
    Genau wie ich.
    Er sei gegangen wie ich. Er habe ausgesehen wie ich.
    Sie habe nicht die Polizei gerufen, behauptete sie, weil ihr nicht klar gewesen sei, dass es sich bei der dunklen Flüssigkeit an meinen Händen und meinem Hemd um Blut gehandelt habe. Dass ein Verbrechen geschehen war, habe sie erst begriffen, als mein Vater den Toten halb im Wasser liegend gefunden habe. So, wie sie es erzählte, hatte sie sich alles erst später zusammengereimt.
    Die Geschworenen berieten vier Tage lang, und dann fiel der Hammer, und ich konnte gehen. Kein Motiv. Das war am Ende maßgeblich für ihre Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft zog eine Riesenshow ab, aber ihre ganze Beweisführung basierte ausschließlich auf der Aussage meiner Stiefmutter. Es war eine dunkle Nacht gewesen. Wen immer sie gesehen hatte, sie hatte ihn nur von Weitem gesehen. Und ich hatte nicht den geringsten Grund, mir Gray Wilsons Tod zu wünschen.
    Wir hatten einander kaum gekannt.
    Ich räumte die Küche auf, duschte und legte einen Zettel für Robin auf den Küchentisch; ich schrieb meine Handynummer auf und bat sie, mich anzurufen, wenn sie vom Dienst käme.
    Es war kurz nach zwei, als ich endlich auf den Kiesweg zur Farm meines Vaters einbog. Ich kannte jeden Zollbreit, und trotzdem fühlte ich mich wie ein Eindringling, als wüsste das Land selbst, dass ich meinen Anspruch darauf verwirkt hatte. Die Felder glitzerten noch vom Regen, und die Gräben neben der Zufahrt waren voller Schlamm. Ich fuhr an Weiden voller Rinder vorbei, durch ein altes Wäldchen und dann hinaus in die Sojafelder. Die Straße folgte einem Zaun bis zum Gipfel einer Anhöhe, und dahinter erblickte ich hundertzwanzig Hektar Sojabohnenfelder, die sich vor mir ausdehnten. Wanderarbeiter schufteten dort in der glühenden Sonne. Ich sah keinen Aufseher und keinen Farmlaster. Das bedeutete, dass für die Arbeiter auch kein Wasser da war.
    Mein Vater besaß etwas mehr als fünfhundertsiebzig Hektar, einen der größten Landwirtschaftsbetriebe, die es im mittleren North Carolina noch gab. Seine Grenzen hatten sich seit dem Erwerb im Jahr 1788 nicht verändert. Ich fuhr durch Sojabohnenfelder und welliges Weideland, überquerte angeschwollene Bäche und kam an den Stallungen vorbei, ehe ich die letzte Anhöhe hinter mich brachte und das Haus vor mir sah. Einst war es überraschend klein gewesen, ein verwittertes altes Bauernhaus; aber das Haus meiner Kindheit, an das ich mich erinnerte, war längst nicht mehr da. Als mein Vater wieder heiratete, brachte seine neue Frau andere Vorstellungen mit in die Ehe, und das Haus breitete sich über die Landschaft aus. Doch die Vorderveranda war unberührt geblieben, das wusste ich. Zwei Jahrhunderte lang hatten die Chases auf dieser Veranda gestanden und auf den Fluss geschaut, und ich wusste, mein Vater würde nie zulassen, dass sie abgerissen oder ersetzt wurde. »Für jeden gibt es eine Grenze«, hatte er einmal zu mir gesagt. »Und diese Veranda ist meine.«
    Ein Pick-up stand in der Zufahrt. Ich parkte daneben und sah die feucht beschlagenen Wasserkühler auf der Ladefläche. Ich zog den Zündschlüssel ab und stieg aus, und mein altes Leben gerann um mich herum in Millionen von Einzelheiten. Eine gemächliche, warme Kindheit und das Lächeln meiner Mutter. Die Dinge, die mein Vater mir gern beibrachte. Die Schwielen, die an meinen Händen wuchsen. Lange Tage in der Sonne. Und dann, wie sich alles änderte: der Selbstmord meiner Mutter und die schwarzen Monate, die nach und nach grau wurden, während ich mich durch die Nachwehen des Schocks kämpfte. Die zweite Heirat meines Vaters, neue Geschwister, neue Herausforderungen. Dann Grace im Fluss. Erwachsen werden. Robin. All unsere Pläne plötzlich in tausend Scherben.
    Ich betrat die Veranda, schaute auf den Fluss hinaus und

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