Der dunkle Fluss
hilft, dein Geheimnis zu bewahren.«
»So war es nicht.«
»Hör auf —«
»Das Land war für Grace. Sie sollte es erben! Sie hatte es verdient. Nichts von all dem war ihre Schuld. Und was Dolf anging -er war einsam. Er wollte sie.«
»Blödsinn.«
»Es ist die Wahrheit. Seine Frau hat ihn vor vielen Jahren verlassen. Er sieht seine eigene Tochter niemals. Grace hat ihm gutgetan.«
»Obwohl alles eine Lüge war.«
»Die Welt war dunkel für ihn, Junge. Sie war es für uns alle, als deine Mutter tot war. Das Kind war wie die aufgehende Sonne.«
»Weiß Grace das alles?«
»Noch nicht.«
»Wo ist Janice?«
»Sie weiß es schon, Junge. Ich habe es ihr gesagt. Es gibt keinen Grund, sie da hineinzuziehen.«
»Ich will sie sehen.«
»Du willst mich verletzen. Das verstehe ich.«
»Es geht nicht um dich. Damit sind wir fertig. Es geht um etwas ganz anderes.«
»Was meinst du damit?«
»Hol Janice her. Dann reden wir.« Ein neuer Schmerz erfasste ihn. »Ich habe gestern ihre Tochter erschossen. Sie steht unter Beruhigungsmitteln, und selbst wenn das nicht so wäre, bezweifle ich, dass sie bereit wäre, mit einem von uns zu sprechen. Es geht ihr sehr schlecht.«
»Aber ich brauche sie hier.«
»Warum denn, um Himmels willen? Auch sie hat keine Schuld.«
Sein Leiden ließ mich unberührt. »Sag ihr, ich möchte über Florida reden.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Tu es einfach.«
VIERUNDDREISSIG
G rantham erschien eine Stunde später, und ich machte meine Aussage. Er löcherte mich nach Einzelheiten über die Schießerei; ich sagte, mein Vater habe keine andere Wahl gehabt. Ich wollte dem alten Mann keinen Gefallen tun. Es war einfach die Wahrheit.
Grace oder Miriam.
Eine harte, brutale Entscheidung.
Er versuchte auch, noch weiter über Zebulon Faiths Tod reden und wollte wissen, warum ich eine Schrotflinte im Kofferraum gehabt hatte. Aber dieser Fall hatte sich in einem anderen County ereignet. Er war nicht zuständig. Ich sagte ihm, er solle mich in Ruhe lassen, und ihm blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Ich war nicht Dannys Mörder. Und ich hatte auch Zebulon Faith nicht erschossen. Das wusste er jetzt.
Als er gegangen war, stand ich kurz davor, doch noch auf den Knopf der Morphiumpumpe zu drücken, bevor ich tat, was ich tun musste. Fast wäre ich eingeknickt, doch dann rief Robin an, und ihre Stimme half mir. »Es dauert jetzt mehr als drei Stunden«, sagte sie.
»Geduld«, sagte ich, aber ich brauchte meine ganze Willenskraft, um selbst welche aufzubringen.
Sie kamen zwei Stunden später.
Mein Vater.
Meine Stiefmutter.
Sie sah noch schlechter aus als er, wenn das möglich war. Ihre Augenlider hingen herab, und sie griff mit der Hand in die Luft, als sehe sie dort etwas zum Festhalten, das wir anderen nicht sahen. Ihr Lippenstift war verschmiert, ihr Haar in Unordnung, als habe er sie geradewegs aus dem Bett hierhergezerrt. Doch als sie sich hinsetzte und mich anschaute, erkannte ich die Angst in ihrem Blick, und da wusste ich, dass ich recht hatte.
»Mach die Tür zu«, befahl ich meinem Vater. Er tat es und setzte sich ebenfalls. Ich sah Janice an. Ich wollte wütend sein, und in einem Teil meines Herzens war ich es auch. Aber meine überwältigende Regung war Melancholie.
Sie war in erster Linie eine Mutter, und sie hatte ihre Gründe.
»Reden wir über die Nacht, in der Gray Wilson umgebracht wurde.« Janice wollte aufstehen, ließ sich jedoch wieder zurückfallen. »Ich verstehe nicht ...«
»Miriam war mit seinem Blut beschmiert. Sie trug es ins Haus, nachdem sie ihn erschlagen hatte. Darum hast du behauptet, ich sei es gewesen. Darum hast du gegen mich ausgesagt. Um Miriam zu schützen.«
»Was?« Ihre Augen weiteten sich, und ihre Finger krallten sich in den Stoff ihres Rocks.
»Wenn du gesagt hättest, es sei jemand anders gewesen, und wenn die Cops Blutspuren im Haus gefunden hätten, dann wäre deine Geschichte zusammengebrochen. Es durfte kein Fremder sein. Es musste jemand sein, der Zugang zum Haus hatte. Vor allem ins obere Stockwerk. Und Jamie oder mein Vater durften es nicht sein. Nur ich kam in Frage. Ich war der Einzige, der dir nicht nahstand.«
Mein Vater rührte sich, aber ich hob die Hand, bevor er etwas sagen konnte. »Ich habe immer gedacht, du glaubst es wirklich. Ich habe gedacht, du hast jemanden gesehen, den du in aller Aufrichtigkeit mit mir verwechselt hast.« Ich schwieg kurz. »Doch so war es nicht. Du musstest gegen mich aussagen. Für
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