Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
Vom Netzwerk:
verschossen.«
    Ich erzählte ihr, wie ich Miriam an Gray Wilsons Grab gefunden hatte. Dass sie es jeden Monat mit frischen Blumen besuchte und dass sie behauptet hatte, sie hätten heiraten wollen. Das Gleiche, was sie auch über Danny gesagt hatte. Das konnte kein Zufall sein.
    »Er war gut aussehend und beliebt. Hatte all das, was sie nicht hatte. Wahrscheinlich hat sie Monate gebraucht, um ihren ganzen Mut zusammenzunehmen und ihm zu sagen, was sie empfand, und die ganze Zeit hat sie sich in ihrer Fantasie seine Reaktion ausgemalt. Hat es im Geiste durchgespielt. Und auf der Party war es dann so weit.« Ich zuckte die Achseln. »Ich nehme an, sie hat versucht, ihn zu verführen, und das ist schiefgegangen. Er hat irgendwas Geringschätziges gesagt. Vielleicht gelacht. Vermutlich hat sie ihm mit dem Stein den Schädel eingeschlagen, als er weggehen wollte.«
    »Warum glaubst du das?«
    »Weil das Gleiche mit Danny passiert ist. Mehr oder weniger.«
    »Ich brauche mehr als das.«
    »Frag mich in drei Stunden noch mal.«
    »Das meinst du ernst?«
    »Im Moment ist es nur eine Theorie.«
    Sie betrachtete die Postkarte. Sie war ein Beweisstück in einen Fall, bei dem es womöglich um ein Kapitalverbrechen ging. Robin konnte ihren Job verlieren und riskierte ein Strafverfahren. Sie nahm die Karte. »Wenn darauf Fingerabdrücke sind, könnte Dolf freikommen. Hast du daran gedacht?«
    »Er wird so oder so freikommen.«
    »Würdest du darauf wetten?«
    »Ich weiß, was begründete Zweifel sind. Du weißt es auch. Miriam hat in einem Eifersuchtsanfall wegen Danny zwei Leute niedergeschossen. Sie hat die Pistole aus seinem Truck benutzt, und sie hat ihm dreißigtausend Dollar gegeben, weil sie dachte, er werde sie heiraten.« Ich schüttelte den Kopf. »Der Fall wird nie vor Gericht kommen.«
    »Sagst du mir wenigstens, was du vorhast?«
    »Du hast eine Entscheidung getroffen. Ich habe eine Entscheidung getroffen. Jetzt wird es Zeit, dass mein Vater es auch tut.«
    »Geht es um Vergebung?«
    »Vergebung?«, fragte ich. »Ich weiß nicht mal, was dieses Wort bedeutet.«
    Robin stand auf, und ich griff nach ihrer Hand. »Ich kann hier nicht bleiben«, sagte ich. »Nicht nach all dem. Nicht mit dem, was ich weiß. Wenn der Staub sich gelegt hat, gehe ich nach New York zurück. Und diesmal möchte ich, dass du mitkommst.«
    Sie beugte sich herab, küsste mich und ließ zwei Finger auf meiner Wange, als sie sich wieder aufrichtete. »Was immer du tust«, sagte sie, »vermassele es nicht.«
    Ihre Augen waren groß und dunkel, aber das war keine Antwort, und das wussten wir beide.

DREIUNDREISSIG
    I ch rief George Tallman zu Hause an. Das Telefon klingelte neunmal, und er ließ den Hörer fallen, als er abgenommen hatte. »George?«, fragte ich.
    »Adam?« Seine Stimme klang belegt. »Moment.« Er legte den Hörer hin. Ich hörte, wie er hart auf Holz landete. Es dauerte fast eine Minute, bevor George wieder da war. »Entschuldige«, sagte er. »Ich verkrafte das alles nicht besonders gut.«
    »Willst du drüber reden?«
    Er wusste das meiste schon, und er hörte sich an, als habe er einen ausgewachsenen Schock. Er sprach immer wieder im Präsens von Miriam, und dann entschuldigte er sich verlegen. Es dauerte ein paar Minuten, bis ich endgültig begriff, dass er betrunken war. Betrunken und verwirrt. Er wollte nichts sagen, was Miriams Andenken beschmutzen könnte. Als er das sagte, fing er an zu weinen.
    Ihr Andenken.
    »Weißt du, wie lange ich sie schon liebe?«, fragte er.
    »Nein.«
    Er erzählte es mir stockend und stammelnd. Seit Jahren. Schon auf der Highschool, aber sie habe nie etwas mit ihm zu tun haben wollen. »Darum war es etwas so Besonderes«, erklärte er. »Ich habe gewartet. Ich wusste, dass es richtig war. Ich bin ihr treu geblieben. Und irgendwann wusste sie es auch. Als ob es so sein sollte.«
    Ich wartete ein Dutzend Herzschläge lang. »Darf ich dich was fragen?«
    »Okay.« Er schniefte laut.
    »Als Miriam und Janice aus Colorado zurückkamen, haben sie in Charlotte übernachtet und sind am nächsten Tag noch dageblieben.«
    »Zum Shoppen.«
    »Aber Miriam ging es nicht gut.« Es war eine Vermutung. Ich wollte eine Bestätigung. »Sie war... woher weißt du das?«
    »Du bist mit Janice einkaufen gegangen, und ihr habt Miriam im Hotel gelassen.«
    Argwohn schlich sich in seine Stimme. »Warum fragst du danach ?«
    »Nur noch eine Frage, George.«
    »Was?« Immer noch zweifelnd. »In welchem Hotel haben sie

Weitere Kostenlose Bücher