Der dunkle Kreuzzug
bewohnbaren Planeten im UPENDRA-System umkreisten, konnten sie einen genaueren Blick auf die Zerstörungen werfen.
Die schlechte Laune des Propheten war absehbar gewesen, und sie hing regelrecht in der Luft, als Anderson die Lounge betrat. Unter ihnen befand sich die Nachtseite des Planeten, und selbst aus dem Orbit konnte man die Brände sehen, die dort wüteten. Der Prophet stand vor dieser Szene und stützte sich auf dem Geländer ab.
Als Anderson neben ihn trat, sagte er zunächst kein Wort. Schließlich fragte er: »Wie konnte das passieren?«
»Was?«
»Die Zor. Die hinterhältigen, ehrlosen Zor. Hier sind wir …« Der Prophet machte eine ausholende Geste, die die ganze Szene umfassen sollte; die Barbados oder das, was noch von ihr übrig war, konnte man eben noch hinter dem Planeten verschwinden sehen. »Hier sind wir, Admiral, und wissen nicht mehr weiter. Wir haben das Ungeziefer in die Ecke getrieben, und dann lassen uns die Zor im Stich, wenn wir so dicht vor dem Sieg stehen. Glauben Sie, wir können den Krieg ohne sie gewinnen?«
»Das glaube ich schon«, antwortete Anderson. »Es dauert vielleicht
etwas länger, aber ich glaube, wir können trotzdem gewinnen. Wir sind dem Gegner zahlenmäßig überlegen. Dennoch kann es sein, dass wir einen höheren Preis als erwartet zahlen müssen.«
»Davon bin ich nicht überzeugt!« Der Prophet sah wieder zu dem Planeten, dessen Städte in der Dunkelheit brannten. »Ich frage mich, ob das ein gezielter Schachzug war.«
»Ein Schachzug?«
»Um Ihnen den Sieg zu entreißen, Admiral. Um Ihnen die rechtmäßige Ehre zu verweigern.«
Etwas an diesen Worten klang in Erich Andersons Ohren hohl und schal. Wenn er in der Vergangenheit solche Dinge zu hören bekam, dann erinnerte ihn das an seine berühmten Vorfahren – und, wenn er ehrlich zu sich selbst war, auch an Barbara MacEwans berühmte Vorfahren -, und es hatte ihn angespornt, seinen rechtmäßigen Platz in dieser Ahnenreihe zu bekommen.
Was war jetzt anders geworden?
»Ich glaube nicht, dass se Ur’e’e in irgendeine Intrige verstrickt ist. Und ich glaube auch nicht, dass das für den Hohen Lord gilt.«
»Sie war von Anfang an gegen diesen Feldzug.«
»Ich glaube nicht …«
»Von Anfang an!«, wiederholte der Prophet deutlich wütender. »Sie bezeichnete KEYSTONE und den Riss als Ur’ta leHssa , als das Tal der Verlorenen Seelen. Erkennen Sie die Symbolik?«
»Ich weiß, wie dies in der Zor-Kosmologie beschrieben wird.«
»Ja. Als ein L’le , in dem das Volk gefangen ist, ohne zu wissen, dass es dort gefangen ist. Die Verzweiflung liegt schwer auf seinen Schwingen, und es ist dazu verdammt, nicht aufblicken zu können, um den Peiniger zu sehen. Glauben Sie, dass wir dort sind, Admiral? Glauben Sie, das ist aus uns geworden?«
Anderson antwortete nicht sofort. Es war seltsam, aber er hatte schon seit Langem nicht mehr darüber nachgedacht, wie das Hohe Nest das wahrnahm, was sie taten. Es passte, zumindest dem Anschein nach, gut zur Kriegermentalität der Zor: Zerstöre den Feind ohne Reue und bedingungslos.
Ur’e’e HeYen hatte es als ein e’ChaReU’un bezeichnet, als ein rituelles Blutvergießen. Aber in den Augen des Volks war daraus etwas anderes geworden. Die Zor waren zu dem Schluss gekommen, dass der Prophet esGa’u diente, und daraufhin waren sie nach Hause zurückgekehrt.
»Ich weiß nicht, was aus uns geworden ist.«
»Sie wissen nicht …« Die Wut des Propheten steigerte sich noch. »Sie wissen es nicht? Das ist der bedeutendste Augenblick in der Menschheitsgeschichte, und Sie wissen es nicht? Werden Sie etwa ängstlich, Admiral?«
»Ich muss mir derartige Unterstellungen nicht anhören, Sir, und schon gar nicht nach dieser Schlacht.« Der Admiral trat vor, bis er nur noch gut einen Meter vom Propheten entfernt war. Der strahlte zwar nach wie vor Wut aus, aber Anderson ebenso. »Zu viele meiner Männer sind da draußen gestorben. Aber wir haben die Schlacht gewonnen, oder nicht? Wir haben die Mission erfüllt!« Er betonte das »meiner«, um zu unterstreichen, dass er vom militärischen Personal sprach, nicht von den »zivilen Spezialisten« – auch wenn die ebenfalls einige aus ihren Reihen verloren hatten.
Der Prophet erwiderte nichts.
»Ich bin nicht ängstlich geworden«, sagte Anderson schließlich. »Ich habe fast dreißig Jahre auf diese Gelegenheit gewartet, und ich bin hier, um mein Kommando nach bestem Können auszuüben. Wenn Sie das nicht glauben, sollten
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