Der dunkle Kreuzzug
»Ich habe das von Ch’en’ya gehört. Wie ist ihr Status?«
»Unklar. Aber die Synchronisation muss gestoppt werden.«
»Da nähern sich mindestens zwei Schwarm-Schiffe meiner Position, Sir. Das ist kein guter Zeitpunkt, um die Taktik zu wechseln.«
»Ch’en’yas Leben ist womöglich in Gefahr. Ich weiß nicht, was mit ihr passiert ist, aber ich werde kein Risiko eingehen. Sagen Sie allen Fühlenden, sie sollen die Synchronisation bei Punkt eins abbrechen und auf weitere Befehle warten.«
Sekundenlang kam von Anderson keine Antwort, während er auf sein Pilotendisplay schaute, das nicht im Holo dargestellt wurde.
»Da stehen mehr Leben auf dem Spiel als nur das von Ch’en’ya«, meinte er schließlich. »Ich muss diese Risiken ausgleichen.«
»Tun Sie, was Sie wollen, aber brechen Sie die Synchronisation ab, Admiral.« Sein Tonfall war kalt und distanziert. Es war ein Befehl, keine Bitte.
Anderson hielt dem Blick des Propheten stand, solange er konnte, dann aber sah er weg. »An alle Schiffe, alle Fühlenden. Synchronisation bei Punkt eins abbrechen und auf weitere Befehle warten.« Anschließend wandte er sich wieder dem Propheten zu. »Das ist eine gottverdammt gefährliche Sache, die Sie da anordnen«, sagte er. »Ich hoffe, Sie irren sich nicht. Übertragung Ende.«
Das Bild des Admirals verschwand, bevor der Prophet etwas erwidern konnte. Er ballte die Fäuste, ohne zu wissen, was er mit ihnen tun sollte.
»Was haben Sie Ch’en’ya angetan, Stone?«, rief er in den Raum,
war sich jedoch nicht sicher, ob er wirklich eine Antwort hören wollte. »Was hat Ihr Komplott mich gekostet?«
Es entwickelte sich sehr schnell ein äußerst blutiger Kampf. Fühlende aus beiden Lagern – Spezialisten und Mitglieder des Flammenden Sterns – waren von dem Moment an im Einsatz, als die Verstärkertechnik der Vuhl in Reichweite kam. Allen Taktiken der letzten eineinhalb Jahre zum Trotz war es doch das, wofür man sie ausgebildet hatte. Imperiale und Zor-Einheiten kämpften gegen die mentalen Attacken der Vuhl und schirmten die Crews vor der Domination ab.
Die Vuhl waren in eine Ecke gedrängt. So wie bei TSUSHIMA war das Ziel klar und deutlich formuliert: Alle Vuhl sollten ausgelöscht werden, und mit ihnen jede Spur davon, dass sie überhaupt existiert hatten. Im UPENDRA-System waren Dutzende feindliche Schiffe versammelt, von denen es zwar nur wenige mit der Feuerkraft eines imperialen Raumschiffs aufnehmen konnten – aber sie hatten auch etwas ganz anderes vor.
Das erste Opfer war die Aldebaran , ein Schiff der siebten Generation aus der Argonne-Klasse. Ihr Kontingent traf auf die vorderen Vuhl-Schiffe, die ihre maximale Leistung längst erreicht hatten, aber keine Anstalten machten, ihre Fahrt zu verlangsamen. Stattdessen näherten sie sich einfach weiter dem imperialen Geschwader. Auf den ersten Blick war das völlig widersinnig, denn bei so hoher Geschwindigkeit würden sie nur im Vorbeiflug auf ihre Gegner feuern können und sich dann hinter den imperialen Schiffen befinden, sodass sie das Innere System gar nicht mehr würden verteidigen können.
Wie sich dann aber herausstellte, war das keineswegs ihre Absicht. Während die Aldebaran und ihre Schwesterschiffe unglaubliche Mengen Energie auf die Schilde der Vuhl-Schiffe lenkten, hielten die einfach weiter auf sie zu. Die recht niedrige Geschwindigkeit der Aldebaran machte es unmöglich, noch rechtzeitig auszuweichen.
Der nachfolgende Kontakt der vollkommen überladenen Abwehrfelder des Vuhl-Schiffs mit denen der Aldebaran löste eine Explosion aus, die über ein Dutzend Jäger der Lycias verschluckte. Die Lycias ihrerseits wurde vierzig Sekunden später von einem anderen Schiff getroffen und ging in Flammen auf.
An Bord der Flight Over Shar’tu beobachtete der Prophet das Geschehen, während Ch’en’ya noch immer reglos dalag und sich irgendwo in ihren Träumen verloren hatte.
An Bord der Emperor Ian beobachtete Admiral Anderson das Geschehen, während er seine Schiffe anders verteilte, um dieser neuen, verzweifelten Taktik der Vuhl gewachsen zu sein.
Im UPENDRA-System wimmelte es von Schiffen aller Typen und Größen. Die Flotte bahnte sich ihren Weg in das Schwerkraftfeld, kreuzte dabei aber immer wieder die Flugbahn von feindlichen Raumschiffen, die Geschossen gleich in den Pulk rasten, um Andersons Flotte so weit wie möglich zu dezimieren, indem sie auf Kollisionskurs gingen oder sich in unmittelbarer Nähe selbst
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