Der dunkle Kreuzzug
zerstörten.
Als Belagerung konnte man nicht bezeichnen, was sich dort abspielte. Angreifer und Verteidiger waren in ständiger Bewegung, wobei die imperialen Schiffe gezwungen waren, auf ihre gegenseitige Deckung zu verzichten, da sie in der Gruppe noch leichtere Ziele abgaben. Nach dem Angriff auf die Aldebaran wurde der Transporter Barbados mit der gleichen Taktik beinahe vernichtet. Zwar konnte der Angreifer in letzter Sekunde zerstört werden, bevor er den Transporter mittschiffs rammte, doch die Explosion richtete so schwere Schäden an, dass ein Großteil der Jäger nicht mehr starten konnte.
Die Vuhl starben zu Tausenden und rissen Menschen und Zor zu Hunderten mit sich in den Tod.
Als die Schlacht bereits vier Stunden tobte, regte sich Ch’en’ya plötzlich. Dr. Akassa war sofort an ihrem Bett, der Prophet folgte dicht hinter ihm. Ihre Lider flatterten einige Male, dann schlug sie die Augen auf und sah sich um. Sie packte das linke Handgelenk des Propheten mit solcher Heftigkeit, dass es ihm Schmerzen bereitete.
»Was ist geschehen?«, flüsterte sie, da ihre Kehle wie ausgetrocknet war.
»Wir sind bei UPENDRA«, antwortete der Prophet. »Garrett hat uns verraten.«
»Ich weiß«, sagte sie. Ihre Augen waren auf den Propheten gerichtet. »Wir können nicht … unser Zugang zu Phase zwei ist blockiert worden.«
»Und was ist mit Phase eins?«
»Ich … weiß nicht, ob sie wirkungsvoll sein kann«, sagte sie. Akassa reichte ihr eine Plastikflasche, Ch’en’ya trank einen Schluck, dann begann sie zu husten. Wieder schaute sie den Propheten an und hielt weiter seine Hand umklammert. »Wir müssen es versuchen. Sie … dürfen die Macht von enGa’e’Li nicht vergessen.«
»Was ist Ihnen zugestoßen?«
»Garrett«, sagte sie. »Er hat …«
»Ja, er ist jetzt unser Feind.« Behutsam löste sich der Prophet aus ihrem Griff, der allmählich schwächer wurde. Er wandte sich von ihr ab und sagte in den Raum: »Kom an Flaggschiff, Befehl an die Flotte geben: Synchronisieren bei Punkt null-eins. Admiral«, ergänzte er noch, »wir sind bereit, alles zu geben, was wir haben. Prophet Ende.«
Letztlich kämpften sie bis zum Tod. Es wäre so oder so dazu gekommen, also taten die dem Untergang geweihten Gegner das, was jeder gute Soldat tat: Sie rissen so viele ihrer Feinde mit ins Verderben, wie sie nur konnten. Nach den Angriffen auf die Aldebaran, Lycias und Barbados musste Admiral Anderson hilflos mit
ansehen, wie die Scylla und vier weitere Gefechtsschiffe vernichtet wurden, indem der Feind sich in deren unmittelbarer Nähe selbst zerstörte. Nicht mal hundert Crewmitglieder entkamen in den Rettungskapseln, der Rest wurde von der Materie-Antimaterie-Reaktion ausgelöscht.
Ein Dutzend Schiffe mehr trug so schwere Schäden davon, dass deren Einsatz bei VALENCIA oder WARREN nicht infrage kam. Dennoch war das Ziel erreicht worden. Sie hatten nach bestem Wissen alle Vuhl in diesem System getötet, ganze Städte auf dem bewohnten Planeten waren dem Erdboden gleichgemacht, jedes Schiff, jede Anlage auf dem Boden oder im All hatte man zerstört.
Was den Flammenden Stern anging, so hatte der seinen Beitrag geleistet, aber das änderte nur wenig an den Angriffen der Schwarmschiffe. Als der Prophet zurück auf die Emperor Ian kam, kochte er vor Wut – vermutlich hatte das mit Owen Garrett zu tun, der während des Sprungs nach UPENDRA die Epaminondas verlassen und vielleicht Ch’en’yas Ohnmacht zu verantworten hatte. Auch wenn Admiral Anderson sich selbst gegenüber eingestehen musste, dass er nicht verstehen konnte, wie das eine oder das andere möglich sein sollte.
Als alles vorüber war, zog sich Admiral Anderson in seinen Bereitschaftsraum zurück und gab den Befehl, nicht gestört zu werden. Er versuchte, das Geschehene zu verarbeiten: die verlorenen Schiffe, die Zerstörungen, den Tod so vieler seiner Leute. Und dazu die unklare Situation, die den Flammenden Stern davon abgehalten hatte, »Phase zwei« in Angriff zu nehmen, was immer das auch bedeuten mochte.
Während er in seinem Raum langsam auf und ab ging, wurde ihm klar, dass es mal eine Zeit gegeben hatte, in der ein Feldzug auf Dingen beruhte, die man leicht verstehen konnte: Geschütze und Taktiken, militärische Angelegenheiten eben. Doch der Flammende Stern hatte die Gleichung geändert. Der Prophet an sich hatte die Gleichung geändert.
Er war nicht bloß ein Zivilist. Er hatte als Marine gedient, und eine Weile hatte er dem
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