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Der dunkle Kreuzzug

Der dunkle Kreuzzug

Titel: Der dunkle Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Hunt
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anderen Art. Es war so, als hätte er geträumt oder als sei er in Gedanken gewesen.
    Wo war er? Florenz? Rom? New Chicago? Oberon? Oahu? Im ersten Moment wusste er es nicht. Er streckte eine Hand aus und sah, wie sich ihm eine exakt gleich aussehende Hand näherte: ein Spiegel. Er hob den Kopf und sah sein eigenes Abbild, das auf einem Knie kauerte und ihn betrachtete.
    Er weitete sein Wahrnehmungsnetz aus – und wurde von einem überwältigenden Gefühl bestürmt: hunderte, tausende, Millionen von Spiegelbildern, die sich alle so wie er bewegten und die ihn alle ansahen. Verblüfft beendete er seine Bemühungen und fiel
nach hinten auf seine Hände, während er versuchte, so viel wie möglich von dem Bild vor seinen Augen auszublenden.
    »Vorsichtig«, ertönte Stones Stimme von überall und nirgends zugleich. »Langsam. Sie sind dafür noch nicht bereit.«
    »Wo bin ich?«
    »Null, null, null. Am Ursprung. Sie sind von sich selbst umgeben, aber es wird ein paar Momente dauern, bevor Sie das verstehen.«
    »Welchen Zweck hat diese Übung?«
    »Assimilation.« Dann, nach einer kurzen Pause: »Wer sind Sie?«
    »Niccolò Mach…«
    »Nein, ganz sicher nicht. Sie sind weit weniger als das, aber auch weit mehr als das. Sie sind eine Künstliche Intelligenz, die auf Niccolò Machiavelli basiert, außerdem in Ansätzen auf Antonio St. Giles sowie auf Ichiro Kanev. Das Wichtigste bei allem ist aber, was Sie sind, nämlich … ein denkendes Wesen.«
    Fragmente von Codierungen wurden im Spiegel ihm gegenüber in Hellblau hervorgehoben, was sich auch im Spiegel hinter ihm abbildete. Weitere Fragmente tauchten auf dem Boden und an der Decke auf und wiederholten sich bis in die Unendlichkeit.
    Vor den Augen des restlos faszinierten Nic verschmolzen die instruierenden Symbole miteinander und veränderten sich, bis sie fließend und dynamisch wurden. Andere Gedanken und Assoziationen kamen ihm in den Sinn, woraufhin sich einige Symbole erneut zu ändern begannen.
    »Das ist es«, sagte Stone. »Wenn Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf Professor Kanev richten könnten …«
    Nic empfing ein Bild von Ichiro Kanev, der immer noch im Pali Tower in Commander St. Giles’ Büro in einer Ecke stand. Das HoloDisplay vor ihm war mit Symbolen übersät und erstreckte sich in alle Richtungen, weiter als er sehen konnte.
    »Sie sind alle hier«, erklärte Stone. »Die Erfahrungen jeder untergeordneten Kopie wurden von Professor Kanev aufgezeichnet. Ich glaube, er ist jetzt bereit, sie auf Sie zu übertragen, oder?«

    Kanev nickte.
    »Es geht los.«
     
    Am Ende fand sich ein Traum. Er hatte denen davon erzählt, die bei ihm am Sterbebett ausharrten. Die Biografen stritten sich anschließend jahrhundertelang, ob er das Ganze wohl nur erfunden hatte. Aber immerhin war Niccolò Machiavelli ihnen wichtig genug, dass sie sich seinetwegen stritten und ihn nicht in Vergessenheit geraten ließen.
    In diesem Traum gab es eine Gruppe zerlumpter Bettler, ärmlich gekleidet und schrecklich anzusehen. Er war zu ihnen gegangen und hatte sie gefragt, wer sie seien. Sie erwiderten: »Wir sind die Frommen und die Gesegneten, und wir sind auf dem Weg in den Himmel.«
    Er ging weiter und traf auf eine Gruppe angesehener Philosophen: Plato, Plutarch und Tacitus – weitere Mitglieder aus dem Club »der im fünfundzwanzigsten Jahrhundert Ignorierten«. Wieder fragte er, wer sie seien und wohin sie gingen.
    »Wir sind die Verdammten der Hölle«, hatten sie geantwortet.
    Rückblickend – so hatte er seinen Freunden gesagt – glaubte er, in der Hölle viel glücklicher zu sein. Dort konnte er mit wichtigen Männern über die Politik reden, anstatt sich bei den Gesegneten und den Frommen im Himmel zu langweilen, bis ihm die Tränen kamen. Die Gottesfürchtigen waren zu der Zeit und noch Generationen später außer sich vor Entsetzen.
    Doch was war letztlich einer Apotheose würdiger: ein brillanter, erhabener Denker, dessen Schriften und Gedanken halfen, ganze Republiken zu inspirieren, oder ein lumpig gekleideter Bettler, der keinen Beitrag zur menschlichen Gesellschaft geleistet hatte, erfüllt von der Hoffnung auf gesegnete Unsterblichkeit?
    Ja, er hatte diesen Traum wirklich gehabt. Natürlich kannte er sich bei Cicero gut genug aus, um ihn für sein Publikum – und für seine Nachkommenschaft – auszuschmücken.
    Man konnte ihm nicht verübeln, dass er es versucht hatte.

    Er schlug erneut die Augen auf und fand sich Stone gegenüber. Sie waren im Büro

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