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Der dunkle Kreuzzug

Der dunkle Kreuzzug

Titel: Der dunkle Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Hunt
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esGa’u wahr. Mya’ar hielt seine Flügel unverändert im Mantel der Wachsamkeit, während er langsam einen gepflegten Weg entlangging, der über das Gelände führte. Die Party war ein Stück weit von ihm
entfernt, und ihre Geräuschkulisse vernahm er nur noch im Hintergrund. Seit vielen Zyklen war er nicht auf einen solchen Diener aufmerksam geworden. Es musste mindestens zehn Standardjahre her sein – ein flüchtiger Eindruck bei der Geburtstagsprozession für den Imperator im Jahr 2411 oder 2412. Das war lange her. Die Hüter leisteten gute Arbeit, die esHara’y vom Imperator fernzuhalten, aber sie selbst hielten sich von den Dienern fern. Mya’ar dagegen war sich der Anwesenheit eines Dieners von esGa’u stets deutlich bewusst, weshalb er sich an diesem Abend auch nicht täuschte. Es war ein mächtiger Diener, der sich ganz in der Nähe aufhielt, irgendwo nahe dem Pali … ein Stück weit von seiner jetzigen Position entfernt …
    Er musste plötzlich an einen Ort in großer Höhe denken, von dem aus man eine Art Klippe überblickte. War es eine Arkologie in Kaneohe oder Kailua? Nein, das wäre nicht innerhalb des Pali …
    Wieder nahm er diese Klippe wahr, und irgendwo tief in seinem Kopf hörte Mya’ar ein fernes Echo einer Sprache: nicht die Hochsprache und auch kein Standard, aber die Sprache der Einheimischen, jedoch in einem rauen, schroffen Dialekt, nicht so sanft und melodisch, wie man sie heutzutage hörte. Als die Worte gesprochen wurden, konnte er naZora’i hsi fühlen, wie es zurückkehrte nach … dorthin, wohin sich ihr hsi begab, wenn sie den Äußeren Frieden überwanden. Die naZora’i sprangen von einer Klippe … oder vielleicht wurden sie auch gestoßen.
    »In esLis Namen«, sagte er plötzlich, als ihm klar wurde, woher diese Empfindung kommen musste. Vor mehr als sechshundert Jahren zwang der große König der Inseln, hi’i Kamehameha I., seine Feinde, vom Nuuanu Pali zu springen, dem Pali Lookout … der sich fast genau unter dem Pali Tower befand, dem Hauptquartier des Ordens der Hüter.
    Mya’ar griff in seinen Ärmel und zog seinen Computer hervor. »Kontakt mit Simon Boyd aufnehmen«, sagte er zu dem Gerät, dann ging er so schnell, wie es seine Würde zuließ, zurück zur Party.

    Ohne eigenes Zutun fand sich Nic auf einmal mitten in Commander St. Giles’ Büro wieder. Vor seinen Augen tauchte ein Abbild von ihm auf und kam von der Wand her auf ihn zu. Dann kamen ihm ein zweites und ein drittes Abbild von rechts entgegen. Er wirbelte herum und sah ein halbes Dutzend mehr, und alle strebten sie auf ihn zu. Sie alle waren eindeutig er, aber in den unterschiedlichsten Varianten: groß und klein, alt und jung, in den verschiedensten Hautfarben … alle so angelegt, dass sie zu dem Ort passten, an dem sie zum Einsatz kamen.
    Als ein Abbild ihn erreicht hatte, streckte es eine Hand aus, um ihn zu berühren – am Handgelenk, an der Schulter, seitlich an seinem Kopf. Dann verschwand es …
    … und hinterließ ein vollständiges Bild: den aktuellen Status der Nic-KI im System New Chicago, im Harrison-System, auf der Halpern-Sternbasis, im Churchill-System …
    Berater, Admin-Systeme, Verkehrsüberwachungsroboter, Spione …
    In einem Punkt hatte Stone die Wahrheit gesagt: Während seine Speicherroutinen Mühe hatten, mit dem Ansturm von unzähligen Terabytes an Daten zurechtzukommen, manifestierte sich diese Anstrengung tatsächlich als Schmerz – Schmerz von einer Art, wie sie für die Nic-KI unvorstellbar war, während Niccolò Machiavelli ihn sehr gut kannte …
     
    November 1512 … Als wäre er nicht schon genug gestraft: das Verbot, Florenz zu verlassen, ein Jahr lang vom Betreten des Palazzo Vecchio ausgeschlossen, eine Geldstrafe von tausend Florin, der Widerruf seiner Ernennung zum Sekretär der Republik … und nun hatte der Otto di Guardia auf der Grundlage eines fadenscheinigen Beweises erklärt, er sei an einer Revolution beteiligt, deren Ziel es sei, ausgerechnet jene rechtmäßige Regierung zu stürzen, der er so lange Zeit treu gedient hatte!
    In einer verdreckten Zelle, in der es von Ungeziefer wimmelte und ein grässlicher Gestank herrschte, hatte man ihm die Hände
auf den Rücken gebunden und ihn dann mit einem Seilzug in die Höhe gezogen, um ihn dann loszulassen, wobei der Sturz dicht vor dem Boden gestoppt wurde. Diese schändliche Foltermethode, das strappado , war insgesamt sechsmal angewandt worden, doch Niccolò hatte kein Geständnis abgelegt. Als er

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