Der dunkle Ritter (German Edition)
Entsetzen über die unvorhergesehenen Ereignisse des Morgens hatte Emmalyn nicht mehr an den Tribut gedacht, der aus Fallonmours Truhen aufgebracht worden war und nach London geschickt werden sollte. Alle Adelsgeschlechter Englands waren aufgefordert worden, großzügig dazu beizutragen, das Lösegeld zusammenzubringen, das auf König Richards Kopf ausgesetzt worden war, obwohl es nur wenig Hoffnung gab, die außerordentlich hohe Summe zusammenzubekommen. Man sagte, dass König Richards Kerkermeister, der deutsche Kaiser, ein Lösegeld verlangt habe, das fast zweimal so hoch war wie alle Reichtümer Englands zusammengenommen. Emmalyn war bemüht gewesen, ihren Teil zu leisten, als die Bitte um Geld eingetroffen war, aber jetzt empfand sie einen Stich des Bedauerns darüber, die mögliche Freilassung des Königs unterstützt zu haben. Seine Rückkehr würde ihr Unglück nur beschleunigen.
Offensichtlich gingen die Gedanken der Amme in eine ähnliche Richtung. »Wenn der König in den vergangenen Monaten auf dem Kontinent in Gefangenschaft gewesen ist, Mylady, dann wird vielleicht keiner dieser Befehle umgesetzt werden. Richards Lösegeld wird vielleicht nie zusammengebracht, und selbst wenn es gelingt – wer kann schon sagen, ob er von seinen Häschern tatsächlich freigelassen wird. Vielleicht kehrt er ebenso gut niemals mehr nach England zurück.«
»Bete darum, dass er zurückkommt, Bertie«, entgegnete Emmalyn. »Denn wenn Richard nicht wiederkommt, dann wird England es mit seinem durchtriebenen Bruder zu tun bekommen, und Prinz John wird sicherlich weitaus schlimmere Pläne für mich und Fallonmour haben, falls er zum König gekrönt wird.«
»Ihr könntet Euch an die Kirchenobrigkeit wenden«, schlug Bertie vor. »Als Nonne dort Zuflucht suchen – viele Witwen haben das getan. Die Kirche wird Euch beschützen, Mylady.«
»Und was wird aus Fallonmour, wenn ich gehe?« Mochte es auch eine Versuchung sein zu glauben, sie könnte dem Elend einer neuen Ehe entgehen, so schüttelte Emmalyn dennoch den Kopf. »Ich kann nicht fortgehen, Bertie. Hier ist jetzt mein Zuhause. Ich will es nicht aus Angst verlassen.«
»Und wenn Ihr Eure Schwester um Hilfe bittet? Ich bin sicher, dass Lady Josette und ihr Mann für Euch tun würden, was in ihren Kräften steht.«
»Sie würden es versuchen, das weiß ich. Aber nicht einmal Josette und Stephan haben Freunde, die hochgestellt genug sind, um den Befehl des Königs zu durchkreuzen. Würde ich sie in dieser Angelegenheit um Hilfe bitten, würde das nur noch größere Probleme schaffen. Sowohl für sie als auch für Fallonmour. Es ist ganz allein meine Sache, Bertie. Ich muss allein damit fertig werden.«
Die Amme sah sie ernst an. »Ich schätze, dass Hugh de Wardeaux über die Absicht des Königs nicht allzu erfreut sein wird. Wie oft hat er sich in diesen letzten drei Jahren an den Hof gewandt und durch seine Verbindung zu Prinz John versucht, seinen Anspruch auf Fallonmour geltend zu machen!«
»Zahllose Male«, gab Emmalyn zu. »Und ich erwarte nicht, dass er sich damit zufriedengeben wird, die Rückkehr König Richards abzuwarten, bevor er noch weitere Versuche unternimmt. Vielleicht sogar mit Gewalt.«
»Oh, das ist so ungerecht!«, lamentierte Bertie. »Ihr habt Euch die Finger wundgearbeitet, um dafür zu sorgen, dass Fallonmour gedeiht, habt Euch um das Land und die Menschen mehr gekümmert, als Euer Mann es je getan hat. Fallonmour sollte Euch gehören, Mylady. Ihr verdient es, hierzubleiben.«
Emmalyns Herz erwärmte sich bei den Worten ihrer alten Amme. »Voller Stolz empfinde ich das ähnlich, Bertie. Aber glaubst du, den König wird es auch nur im Geringsten interessieren, was wir denken? Denkst du, seinen Wachhund wird es kümmern, was ich hier geschaffen habe? Für diese Männer ist Fallonmour doch nur eine Siegestrophäe. Etwas, das es zu gewinnen oder einzuhandeln gilt zu eines anderen Mannes Nutzen.«
Genau das, was sie auch in mir sehen, dachte Emmalyn bitter.
»Gäbe es doch jemanden, an den Ihr Euch um Hilfe wenden könntet«, sagte Bertie. »Jemand mit Einfluss, der Euch anhören wird und all das schätzt, was Ihr für Fallonmour getan habt.«
Emmalyn lächelte und legte sanft die Hand auf den Arm der Amme. »Kennst du jemanden, der mir helfen würde, mir, die ich nur eine Frau bin? Und dazu noch gegen einen von des Königs geschätzten Vasallen? Das ist bestenfalls Fantasterei.«
Obwohl Emmalyn in den letzten Jahren von Witwen gehört
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