Der dunkle Ritter (German Edition)
hatte, die ihre Lehen für sich hatten behalten können, waren diese Beispiele dünn gesät. Keines dieser Lehen war vom Wohlstand und der Größe Fallonmours gewesen. Kein Mann würde sie für fähig halten, einen solch beträchtlichen Besitz zu verwalten; sie hatte das leicht bei Sir Cabal sehen können, als er so rasch vorausgesetzt hatte, dass Arlo für Fallonmours Fortschritt verantwortlich sein müsse.
Nur eine andere Frau würde die Arbeit und die Fürsorge wertschätzen, die Emmalyn in Fallonmour hineingesteckt hatte. Nur eine andere Frau würde ihre missliche Lage verstehen. Und es würde des Interesses einer Frau mit großer Macht bedürfen, um Emmalyn auch nur einen Funken Hoffnung zu geben, dass es einen Ausweg aus diesem Dilemma geben könnte.
Idealerweise musste es eine Frau sein, die erwiesenermaßen Einfluss auf den König hatte …
»Bertie«, sagte Emmalyn, der ein Gedanke gekommen war. »Vielleicht gibt es doch etwas, das wir tun können. Hat die Truhe mit dem Lösegeld für den König Fallonmour schon verlassen?«
»Nein, Mylady. Heute Morgen war der Hausmeier noch dabei, die Steuern einzuziehen. Habt Ihr vor, Fallonmours Anteil am Lösegeld zurückzuhalten?«
Emmalyn schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Genau genommen werde ich den Fahrer drängen, sofort nach London aufzubrechen. Aber zuerst muss ich einen Brief an Königin Eleanor aufsetzen.«
»Natürlich«, sagte die alte Amme leise, deren Gesicht jetzt strahlte. »Die Königin hat Euch immer geschätzt, Mylady.«
»Ich denke, die Mutter des Königs soll entscheiden, ob ich es verdiene, Fallonmour zu führen«, sagte Emmalyn, deren Hoffnungen bei diesem Gedanken neu erwachten. »Und wenn wir Glück haben, können wir Sir Cabal in zwei Wochen wieder los sein.«
Cabal verließ die Große Halle und spürte den Kopfschmerz, der in seinen Schläfen zu pochen begann. Sein Gespräch mit dem Seneschall hatte sich als eine Übung in Sachen Verärgerung erwiesen. Von der Tatsache einmal abgesehen, dass Cabal den Mann nicht mochte, musste er sich fragen, wie es Arlo gelungen war, Fallonmour so erfolgreich zu verwalten, wenn er doch kaum seine Unterlagen in Ordnung halten konnte. Jede Frage Cabals hatte zu einem hastigen Nachschlagen in Wirtschaftsbüchern und Dokumenten geführt, auf der Suche nach einer akzeptablen Antwort – die zumeist nicht gefunden wurde. Als Cabal seine Mahlzeit beendet hatte, wollte er nur noch dem selbstzufriedenen Geschwätz des Seneschalls entkommen und sehnte sich mehr denn je danach, sich in einem heißen, belebenden Bad zu entspannen.
Er blieb vor der geschlossenen Tür des an die Halle grenzenden Herrenzimmers stehen, als er aus dem Zimmer gedämpfte Stimmen hörte. Zwei Frauen redeten miteinander, und ihr leises, verstohlenes Gespräch klang ganz nach einer Verschwörung. Cabal hörte, wie auf der anderen Seite der Tür sein Name wütend ausgesprochen wurde, und wusste, dass es die Lady selbst gewesen war. Sie zu beherrschen würde sicherlich eine Herausforderung sein, aber eine Herausforderung, auf die sich einzulassen er eigentümlicherweise sehr gerne bereit war.
Cabal griff nach dem eisernen Türriegel und betrat das Herrenzimmer, ohne sich erst damit aufzuhalten anzuklopfen. In der Mitte des Raumes standen zwei Frauen, die mit erschrockenen, schuldbewussten Mienen zu ihm herumfuhren. Lady Emmalyn war die Erste, die ihre Empörung kundtat.
»Habt Ihr keinen Respekt vor dem Wunsch nach Zurückgezogenheit, Sir, dass Ihr unangekündigt in dieses Zimmer stürmt?«
»Wenn ich mich recht erinnere, Madam, wurde in diesem Zimmer ein Bad für mich zubereitet. Das ich jetzt nehmen werde.«
Sie durchbohrte ihn mit einem eisigen Blick, der mit unverhohlenem Abscheu über sein auf der Reise gelittenes Äußeres glitt. »Dann wollen wir Euch auf keinen Fall davon abhalten. Ich werde eines der Mädchen schicken, Euch behilflich zu sein.«
Geeint in ihrer offensichtlichen Abneigung gegen ihn, wollten die Lady und ihre rundliche Begleiterin an ihm vorbeigehen. Cabal verstand ihre Empörung, aber er würde ihnen keine Gelegenheit geben, gegen ihn zu konspirieren, während er nackt in einer Badewanne saß. »Genau genommen, Mylady, ziehe ich es vor, dass Ihr stattdessen bleibt. Es gibt einige Dinge, die ich mit Euch besprechen will.«
Die ältere Frau keuchte entsetzt auf, aber Lady Emmalyn blieb ruhig. Sie warf ihm einen rebellischen Blick zu. »Sicherlich können diese Angelegenheiten warten, bis Ihr Euer Bad
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