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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Nach einer kurzen Pause sagte er: »Einmal bin ich gewalttätig geworden.« Er stand da, den Koffer noch in der Hand; der Manager bedeutete ihm jetzt, ihn abzusetzen. »Ich habe die Gewaltregel gebrochen.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe ein Kissen geworfen.«
    »Okay, Bruce. Komm mit, ich zeige dir, wo du schlafen wirst. Wir haben hier kein Hauptgebäude – je sechs Personen teilen sich eine kleine Hütte. Sie schlafen und kochen und wohnen da, wenn sie nicht gerade arbeiten. Hier gibt es keine Spiele, nur Arbeit. Keine weiteren Spiele mehr für dich, Bruce.«
    Ihm schien das zu gefallen; er lächelte.
    »Magst du Berge?« Der Manager deutete nach rechts. »Schau mal da. Berge. Kein Schnee, aber Berge. Santa Rosa liegt links. Auf den Hängen dort wachsen schöne große Trauben. Wir bauen keine Trauben an. Verschiedene andere landwirtschaftliche Produkte, aber keine Trauben.«
    »Ich mag Berge.«
    »Das ist gut. Wir werden dir einen Hut besorgen, Bruce. Ohne Hut kannst du mit deinem kahl geschorenen Kopf nicht draußen auf den Feldern arbeiten. Geh nicht hinaus, bis wir einen Hut für dich haben. Klar?«
    »Ich werde nicht zur Arbeit gehen, bis ich einen Hut habe.«
    »Die Luft ist gut hier, nicht wahr?«
    »Ich mag Luft.«
    »Yeah.« Der Manager bedeutete ihm mit einer Handbewegung, den Koffer wieder aufzunehmen und ihm zu folgen. Er fühlte sich offenbar irgendwie gehemmt, als er ihn so ansah; er wusste nicht, was er sagen sollte. Wenn solche Leute hier ankamen, ging es ihm immer so. »Wir alle mögen die Luft, Bruce. Wirklich. Das haben wir alle gemeinsam.« Er dachte: Wenigstens das.
    »Werde ich meine Freunde wiedersehen?«
    »Du meinst, die von dort, wo du bisher gewesen bist? In unserer Einrichtung in Santa Ana?«
    »Mike und Laura und George und Eddie und Donna und…«
    »Die Leute aus den Wohnheimen kommen nicht hinaus auf die Farmen. Die Farmen sind geschlossene Einrichtungen. Aber vielleicht kannst du sie ein- oder zweimal im Jahr besuchen. Und manchmal finden Zusammenkünfte statt, zu Weihnachten und auch zu…«
    Er war stehen geblieben.
    »Die nächste«, fuhr der Manager fort und gab ihm zugleich einen Wink, wieder weiterzugehen, »ist zu Thanksgiving. Da schicken wir die Arbeiter für zwei Tage in die Zentren zurück, aus denen sie ursprünglich kamen. Dann geht’s wieder hierher, bis Weihnachten. Also wirst du deine Freunde wiedersehen, wenn sie nicht inzwischen in andere Zentren überstellt wurden. In drei Monaten. Aber du sollst doch keine Zweierbeziehungen aufbauen – hat man dir das denn nicht erklärt? Du sollst nur ein Teil der Familie sein.«
    »Ja, ich weiß. Wir mussten das auswendig lernen, als Teil des Glaubensbekenntnisses des Neuen Pfades.« Er sah sich um. »Kann ich einen Schluck Wasser haben?«
    »Wir zeigen dir später, wo hier die Wasserquellen sind. Du hast eine in deiner Hütte, aber es gibt auch eine für die ganze Familie.« Der Manager führte ihn zu einer der Hütten, die aus Fertigteilen zusammengebaut waren. »Die Farmen sind geschlossene Einrichtungen, weil wir mit Neuzüchtungen und Hybriden experimentieren und vermeiden wollen, dass diese Pflanzen von Insekten befallen werden. Jeder, der hier hereinkommt – auch Angehörige des Mitarbeiterstabes –, könnte Schädlinge einschleppen, die sich in seinen Kleidern, an seinen Schuhen oder in seinen Haaren festgesetzt haben.« Er suchte wahllos eine Hütte aus. »Hier, 4-G. Das ist deine. Kannst du sie dir merken?«
    »Sie sehen alle gleich aus.«
    »Du kannst ja irgendeinen Gegenstand an die Tür nageln, damit du sie wiedererkennst. Etwas, das du leicht im Gedächtnis behalten kannst. Am besten was Farbiges.« Der Manager stieß die Tür auf und ein Schwall heißer, abgestandener Luft quoll ihnen entgegen. »Ich glaube, wir werden dich zuerst bei den Artischocken einsetzen«, sagte er dann. »Du wirst Handschuhe tragen müssen – die haben Dornen.«
    »Artischocken.«
    »Zum Teufel, wir haben hier auch Pilze. Experimentelle Pilzkulturen, natürlich versiegelt – jeder, der Zuchtpilze anbaut, muss sie versiegeln –, damit keine krankheitserregenden Sporen hereingeweht werden und die Beete verseuchen. Pilzsporen werden nämlich durch den Wind verbreitet. Das ist ein Risiko für alle Pilzzüchter.«
    »Pilze«, sagte er und betrat die dunkle, heiße Hütte. Der Manager beobachtete ihn dabei ganz genau.
    »Ja, Bruce.«
    »Ja, Bruce.«
    »Bruce. Wach auf.«
    Er stand in dem schalen Dunkel der Hütte, den Koffer

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