Der dunkle Schirm
recht. Verarscht er uns, Bob?«
»Wir werden’s ja feststellen, wenn wir heimkom-
men«? sagte Arctor. »Wenn ein Zettel an der Tür hängt und sie nicht abgeschlossen ist, dann wissen wir, daß er uns nicht verarscht.«,
»Sie würden den Zettel vielleicht abmachen und die
Tür abschließen, nachdem sie alles Brauchbare geklaut und den Rest der Einrichtung zertrümmert haben«, sagte Luckman. »Das ist also kein zuverlässiges Kriterium.
Wir werden’s nie genau wissen können. Jedenfalls nicht mit letzter Sicherheit. Wieder einmal diese Grauzone.«
»Natürlich scherze ich nur!« sagte Barris mit Nach-
druck. »Nur ein Psychopath würde so etwas tun – die Vordertür seines Hauses unverschlossen zu lassen und einen Zettel an der Tür zu hinterlassen.«
Arctor wandte sich zu ihm um. »Was hast du auf den
Zettel geschrieben, Jim?«
»An wen ist der Zettel gerichtet?« stimmte Luckman
ein. »Ich wußte nicht mal, daß du überhaupt schreiben kannst.«
Herablassend sagte Barris: »Ich habe draufgeschrie-
ben: ›Donna, komm ruhig rein; die Tür ist offen. Wir –‹«
Barris hielt inne »Die Nachricht ist für Donna«, schloß er, jetzt weniger selbstbewußt.
»Er hat’s tatsächlich gemacht«, sagte Luckman. »Er
hat’s echt gemacht. Alles, was er uns erzählt hat.«
»Auf diese Weise«, sagte Barris glatt, »werden wir herausfinden, wer hinter der ganzen Sache steckt, Bob. Und 156
das ist von vorrangiger Wichtigkeit.«
»Außer, sie klauen«, sagte Arctor. Er dachte fieberhaft darüber nach, ob diese neue Entwicklung wirklich ein ernsthaftes Problem darstelle. Warum mußte dieser
Kindskopf Barris auch jede mögliche und unmögliche
Gelegenheit dazu benutzen, um sein verdrehtes elektronisches Genie unter Beweis zu stellen? Ach, zum Teufel, beruhigte er sich schließlich selbst, sie werden die Mikros schon innerhalb der ersten zehn Minuten finden und dann die Kabel zum Recorder zurückverfolgen. Sie werden genau wissen, was in einer solchen Situation zu tun ist. Sie werden das Band löschen, es zurückspulen, die ganze Konstruktion so lassen, wie sie war, die Tür nicht abschließen und auch den Zettel daran hängen lassen.
Vielleicht wird die offene Tür ihnen ihren Job sogar erleichtern. Scheiß-Barris, dachte er. Immer voller grandio-ser, genialer Pläne, die das Universum aus den Angeln heben sollen! Möglicherweise hat er sogar vergessen, den Recorder überhaupt in die Steckdose einzustöpseln. Moment mal … wenn er feststellt, daß der Recorder nicht eingestöpselt ist …
Schlagartig begriff Arctor, daß Barris gerade das als Beweis dafür werten würde, daß in ihrer Abwesenheit tatsächlich jemand ins Haus eingedrungen war. Und von diesem Augenblick an würde er keine Ruhe mehr geben und ihnen allen tagelang damit in den Ohren liegen, daß jemand hereingekommen sein müsse, der seine Vorrichtung entdeckt und schlauerweise den Stecker herausgezogen habe. Und darum, dachte Arctor, kann ich eigentlich nur hoffen, daß sie den Recorder einstöpseln, wenn 157
sie feststellen, daß er gar nicht eingestöpselt war, und außerdem noch sicherstellen, daß das Gerät betriebsbereit ist. Noch besser wäre es natürlich, wenn sie Barris’ Ü-
berwachungsanlage mit der gleichen Sorgfalt durchtesten würden wie die, die sie selber einbauen; sie sollten absolut sicher sein, daß Barris’ System perfekt funktioniert, bevor sie das Band dann bis Null zurückspulen und dabei alle etwaigen Aufzeichnungen löschen, damit nur eine Tafel zurückbleibt, auf der nichts steht – eine Tafel, auf der aber mit absoluter Sicherheit etwas stehen würde, wenn jemand (zum Beispiel eben das Verwanzungsteam) das Haus betreten hätte. In jedem anderen Fall würde Barris unweigerlich zu dem Schluß kommen, daß etwas nicht in Ordnung war. Und nichts und niemand würde
ihn wieder davon abbringen können.
Während des restlichen Heimwegs setzte Arctor die
theoretische Analyse seiner derzeitigen Situation fort, indem er ein zweites Beispiel heranzog, das in Fachkrei-sen eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte. Während seines Polizeitrainings auf der Akademie war dieses Beispiel oft von seinen Instruktoren herangezogen worden; sie hatten es Arctor regelrecht in seinen eigenen Ge-dächtnisspeicher eingehämmert. Oder hatte er doch vielleicht nur mal etwas darüber in der Zeitung gelesen?
Item. Eine der effektivsten Formen industrieller oder militärischer Sabotage besteht darin, die Sabotageakte auf
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