Der dunkle Schirm
und lächer-lichen Pseudo-Schalldämpfer darauf dabei hat und
Luckman wie gewöhnlich eingeschlafen ist, dann kann er mir ein Hohlmantelgeschoß durch die Rückseite meines Schädels jagen, und ich werde so tot sein wie Bobby Kennedy, der an einer Kugel vom gleichen Kaliber gestorben ist. So ein kleines Kaliber, und doch so tödlich …
Und das kann nicht nur heute passieren, sondern an
jedem beliebigen Tag. Und in jeder beliebigen Nacht.
Aber ich habe wenigstens noch einen Trumpf im Är-
mel. Denn wenn ich die Speichertrommeln im Haus ü-
berprüfe, werde ich bald ziemlich genau wissen, was alle, die in diesem Haus leben, tun und wann sie es tun und möglicherweise sogar, warum sie es tun – mich selbst eingeschlossen. Ich werde die Person, die zugleich ich selbst bin, dabei beobachten können, dachte er, wie sie mitten in der Nacht aufsteht, um zu pinkeln. Ich werde, alle Zimmer täglich vierundzwanzig Stunden lang überwachen … obwohl es dabei natürlich zwangsläufig im-
mer eine zeitliche Verzögerung gibt. Es wird mir nicht viel nützen, wenn die Holo-Kameras aufnehmen, wie ich jeden Kontakt zur Realität verliere, weil mir jemand eine gehirnzerstörende Droge in den Kaffee getan hat, die die Hell’s Angels aus einem geheimen Militärdepot geklaut haben; ein anderer Beamter, der die Speichertrommeln durchgeht, wird zuschauen müssen, wie ich tobe oder mich in Agonie auf dem Boden winde, und er wird nicht 153
einmal wissen, wo und was ich in Zukunft sein werde. Er wird nur wissen, daß mich jetzt jemand erwischt hat –
eine reichlich verspätete Erkenntnis, die eben nicht einmal mehr mir selbst vergönnt sein wird, sondern nur diesem anderen Beamten.
Luckman sagte: »Ich frage mich, was daheim im Haus
vor sich gegangen sein mag, während wir den ganzen
Tag über weg waren. Weißt du, Bob, dieser Vorfall beweist doch, daß jemand hinter dir her ist und dich fertigmachen will, so richtig auf die üble Tour. Ich hoffe nur, daß das Haus noch da ist, wenn wir zurückkommen. «
»Oh, verdammt«, sagte Arctor. »Daran habe ich ja
noch gar nicht gedacht. Und wir haben nicht mal ein Cephskop auftreiben können.« Er achtete sorgfältig darauf, daß seine Stimme dumpf und resigniert klang.
Überraschend fröhlich sagte Barris: »Ich an eurer Stelle würde mir da nicht zu viele Sorgen machen.«
Wütend sagte Luckman: »Ach nein? Herr im Himmel,
die können bei uns eingebrochen sein und alles gestohlen haben, was wir besitzen. Jedenfalls alles, was Bob ge-hört. Und vielleicht haben sie sogar die Tiere umgebracht oder totgetrampelt. Oder –«
»Ich habe für alle, die in unserer Abwesenheit das
Haus betreten haben, eine kleine Überraschung zurückgelassen«, sagte Barris. »Ich bin erst heute morgen damit fertig geworden … hab’ pausenlos gearbeitet, bis ich den richtigen Dreh raushatte. Eine hübsche kleine elektronische Überraschung.«
Arctor verbarg mühsam seine Betroffenheit und sagte scharf: »Was für eine elektronische Überraschung? Das 154
ist immer noch mein Haus, Jim, und du kannst nicht einfach anfangen, irgendwelche Manipulationen –«
Reg dich doch nicht künstlich auf«, sagte Barris. »Wie unsere deutschen Freunde zu sagen pflegen: leise* Was übrigens bedeutet: immer schön cool bleiben.«
»Was zum Teufel hast du denn gemacht,«
»Wenn während unserer Abwesenheit die Vordertür
geöffnet wird«, sagte Barris, »schaltet sich automatisch mein Cassettenrecorder ein. Er steht unter der Couch, und ich habe ihn mit einer Cassette von zwei Stunden Spieldauer bestückt. Sodann habe ich an drei verschiedenen Stellen drei Sony-Mikrophone plaziert und sie –«
»Du hättest mir das sagen sollen«, sagte Arctor.
»Was ist, wenn sie durch die Fenster kommen?« sagte Luckman. »Oder durch die Hintertür?«
»Um die Wahrscheinlichkeit dafür zu erhöhen, daß sie durch die Vordertür ins Haus eindringen und nicht auf anderen, weniger gebräuchlichen Wegen« fuhr Barris
fort, »habe ich in weiser Voraussicht einfach die Vordertür unverschlossen gelassen.«
Nach einem Moment der Verblüffung begann Luck-
man zu kichern.
»Mal angenommen, Sie wissen nicht, daß die Tür un-
verschlossen ist?« sagte Arctor.
»Ich habe einen Zettel drangemacht«, sagte Barris.
»Hör mal, du willst mich wohl verarschen?«
»Ja«, sagte Barris prompt.
* Anm. d. Übersetz.: Deutsch im Original
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»Verarschst du uns nun oder nicht?« sagte Luckman.
»Bei dir weiß ich das nie so
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